Russische Technik Das Yotaphone drängt auf den Weltmarkt

Ein Smartphone aus Russland? Für seine Pläne wurde Yota Devices anfangs nur belächelt. Jetzt setzten die Russen von Deutschland aus zur Eroberung des Weltmarkts an.

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Das Gelächter war groß in Russland. Vor gut drei Jahren überreichte der Chef des staatlichen Technologiekonzerns Rostec Sergej Tschemesow dem damaligen Präsidenten des Landes Dimitri Medwedew eine rätselhafte Plastikschachtel. Der Prototyp eines Smartphones mit zwei Displays sollte es sein, entwickelt und designed in Russland. Der angebliche iPhone-Killer avancierte im Internet umgehend zu einem Spottobjekt. Von einheimischem High-Tech halten Russen offenbar nicht besonders viel. Bestenfalls wurde das Gerät als Propaganda abgeschrieben. Schließlich sprach Medwedew unermüdlich von der Modernisierung, die Russlands Wirtschaft dringend brauche. Sicherlich werde Yota, die Telekom-Tochter von Rostec, einfach ein chinesisches Handy mit seinem Logo versehen und auf den Markt werfen, sagten Beobachter.

Gut drei Jahre später sitzt der Deutsche Jens Uwe Theumer, Europa-Chef von Yota Devices, in seinem Büro in der Nähe von Erfurt und arbeitet daran, dass die Yotaphones weltweit in die Läden kommen. Vor knapp zwei Wochen startete bereits der Verkauf der Geräte über den Onlineshop des Herstellers. „Wir waren derzeit überrascht von der Anzahl der Vorbestellungen, dass wir mit der Produktion nicht hinterherkommen“, erklärt Theumer. 10.000 Vorbestellungen sollen es gewesen sein, ein Fünftel davon aus Europa. Wie viele Geräte tatsächlich ausgeliefert wurden, verrät das Unternehmen nicht. Allerdings ist klar, dass zum Verkaufsstart wohl eine geringe Stückzahl im vierstelligen Bereich verfügbar war.

Smartphones sollen Exportschlager werden

Trotz aller Vorsicht will das Moskauer Unternehmen das schaffen, woran die meisten russischen Hersteller kläglich scheitern: Seine Produkte sollen sich weltweit verkaufen. Bereits im August hat Yota Devices einen LTE-Router auf den deutschen Markt gebracht. Rund sechs Prozent des Weltmarktes für LTE-fähige Modems und Router beanspruchen die Russen nach eigenen Angaben für sich. Nun soll dies auch mit Smartphones gelingen.

Wichtigstes Kaufargument des Yotaphones ist sein E-Ink Display auf der Rückseite, nach Vorbild eines E-Books. Darauf sollen Nutzer nicht nur lesen, sondern auch wichtige Benachrichtigungen  über Mails oder SMS sehen, ohne das Gerät einzuschalten. „Wir machen keinen Hehl daraus, dass es sich in Sachen Design und Software um ein russisches Produkt handelt“, sagt Theumer. „IT-Spezialisten und Programmierer aus Russland sind weltweit bekannt für ihre gute Qualifikation, sodass wir nicht mit negativen Vorurteilen zu kämpfen haben“. Zusammengebaut wird das neue Handy dagegen von einem Vertragsfertiger in China, während Entwicklerteams von Yota in Russland, Singapur und in Finnland arbeiten. Unabhängige Entwickler sollen schon bald eigene Apps für das hintere Display über den Google Store anbieten.

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