Klaus-Michael Kühne Hanseatische Knochenmühle

Der Milliardär Klaus-Michael Kühne streitet mit TUI um Hapag-Lloyd. Wer ist der Mann, der sich durch den Einstieg bei Deutschlands größter Reederei die Finger verbrannt hat?

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Klaus-Michael Kuehne, Quelle: AP

Tiefgrüne Stofftapeten, wuchtige Ölgemälde, verhangene Fenster. Dazu Broccolisuppe mit geräucherten Entenbruststreifen, eine pochierte Orkney-Lachstranche an Basilikumschaumsauce auf Lauchgemüse mit Dillkartoffeln, als Nachtisch hausgemachte Friandises. Alles für 90 Schweizer Franken, vor Verzehr bar zu bezahlen am Treppenaufgang. 

Irgendwann musste Klaus-Michael Kühne sich das antun. Zwei Stunden „Referat & Lunch“ mitten in der Woche vor 100 meist zweitrangigen Geschäftsleuten – das war er dem Business Club Zürich einfach schuldig. Wer seit Jahrzehnten als Deutscher hier Milliarden scheffelt, muss den örtlichen Unternehmern, Managern und Bankern auch persönlich die Reverenz erweisen. 

Kühne: Einer der ausgefallensten Charaktere der deutschen Wirtschaft

Hochaufgeschossen steht er da, das graue Haar wie betoniert, der Scheitel wie mit dem Skalpell gezogen. Stirn, Kinn und Wangen wirken wie zu Eisplatten erstarrt, aus denen die Worte splittern. 1890 Gründung der internationalen Spedition Kühne & Nagel durch Großvater August Kühne und Kompagnon Friedrich Nagel, Mitte der Siebziger Expansion in den Nahen und Mittleren Osten, bis zuletzt hochprofitabel. Und die Schweiz – ach ja, ein „freiheitliches und unternehmensfreundliches“ Land. Vielen Dank, Applaus. 

Nicht dass der berühmte Gast der regelmäßigen Tafelrunde im 282 Jahre alten Züricher Zunfthaus zur Saffran ein schlechter Redner oder Vertreter in eigener Sache wäre. „Das hat er sich im Laufe der Zeit angeeignet“, sagt ein langjähriger Weggefährte. 

Nein, Klaus-Michael Kühne, 72, mit rund 56 Prozent Mehrheitsaktionär von Kühne & Nagel, fällt mit seiner sperrigen Art selbst bei den Schweizern aus dem Rahmen, weil er auch sonst ganz anders ist als die meisten seiner Zunft. Hinter der steifen Fassade des erfolgreichen Unternehmers und Börsenlieblings, verbirgt sich einer der wohl ausgefallensten Charaktere der deutschen Wirtschaft. 

Introvertiert und kontaktscheu

So fundamental Kühnes Unternehmen, die weltgrößte See- und die viertgrößte Luftfahrtspedition, auf die Offenheit und Kontaktfreudigkeit seiner Mitarbeiter angewiesen ist, so verbissen kapselt er sich selbst und sein Innerstes ab. „Der Mann ist hochgradig introvertiert, geradezu kontaktscheu“, schildern ihn ehemalige Mitarbeiter. Obwohl zur Ikone der deutschen Logistikbranche aufgestiegen, regiert Kühne als Chef des Verwaltungsrats noch immer wie ein Kleinunternehmer, der sich als Inkarnation seiner Firma wähnt. „Kühnes Welt ist Kühne & Nagel“, sagt ein früherer Topmanager, „er kennt nur Kühne & Nagel und denkt nur an Kühne & Nagel.“ 

Vielleicht muss jemand das tun, der so viele Lichtgestalten der deutschen Wirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg unternehmerisch überlebt hat wie Kühne: vom Radio- und TV-Pionier Max Grundig, den fernöstliche Konkurrenten matt setzten, über den Computerbauer Heinz Nixdorf, der an Selbstüberschätzung scheiterte, bis zum Bauunternehmer Ignaz Walter, dem Großmannssucht zum Verhängnis wurde. 

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