Lukrativstes Fußball-Imperium Die Erfolgsstrategie von Geldmeister FC Bayern

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Bayern-Präsident Uli Hoeneß (Mitte) Quelle: AP

Der Mann aus Ulm hatte schon als Spieler eine gute Nase fürs Geschäft: Nach dem WM-Titelgewinn 1974 brachte er für Aldi ein WM-Buch heraus. Jedem Band lagen Autogramme von Hoeneß und Paul Breitner bei. Das Werk verkaufte sich in wenigen Monaten 300.000 Mal.

Ideen für die Bayern-Vermarktung holte sich Hoeneß jenseits des Atlantiks. In den US-Profiligen schaute er sich vieles ab, etwa beim Football-Team der 49ers in San Francisco. Hoeneß studierte die Medienlandschaft, schaute bei Fernsehsendern hinter die Kulissen.

Gleichzeitig suchten immer mehr Unternehmen die Nähe zum Fußball. Das war ein langsamer Prozess, schließlich war der Kick lange Zeit alles andere als chic. Er galt als Malocher- und Unterschichtensport, nicht selten kam es rund ums Stadion zu Schlägereien. Das änderte sich in den Neunzigerjahren, als immer mehr Vereine zum Ärger vieler Fans die Stehplätze zugunsten teurerer Sitzplätze reduzierten, um auch Familien und Frauen anzulocken. "Uli Hoeneß hat es als Vorreiter geschafft, auch die Upper Class für den Fußball zu gewinnen", sagt der Düsseldorfer Kommunikationsberater Frank Wilmes. "Mit dem FC Bayern hat er ein über alle Klassen hinweg vermarktbares Produkt geschaffen." Die anderen Vereine hinkten Trendsetter Hoeneß und seinen Einfällen die meiste Zeit hinterher.

Rummenigge macht sich Sorgen um TV-Markt

Fußball wurde als Inhalt auch fürs Fernsehen attraktiver. Von den Privatsendern teuer bezahlte Bundesliga-Sendungen wie "Anpfiff" (RTL) und "ran" (Sat.1) machten immer mehr Kicker zu Stars. Allerdings flossen die TV-Gelder in Deutschland nicht halb so üppig wie etwa in England und Italien, wo vor allem das Bezahlfernsehen den Clubs Millionen in die Kassen spülte.

Die Bundesliga – wo alle Fernseheinnahmen in einen Topf kommen und nach einem festen Schlüssel auf die Vereine verteilt werden – muss bis heute mit wesentlich weniger TV-Geld auskommen und perfektionierte daher die Vermarktung. Lieber wären Exmanager Hoeneß die schnell verdienten Medien-Taler: "Um einen Euro wie beim Fernsehen zu verdienen, muss ich im Merchandising erst einmal vier bis fünf Euro einnehmen", sagt der Bayern-Macher und denkt dabei vor allem an die Personalkosten.

Besserung aus Sicht der Vereine, also höhere Einnahmen aus dem Verkauf der Fernsehrechte als zuletzt 412 Millionen Euro für Erste und Zweite Liga, ist aber kaum in Sicht – im Gegenteil: Bezahlsender Sky macht seinem Ruf als Milliardengrab alle Ehre; gerade erst hat Besitzer und Medientycoon Rupert Murdoch eine erneute Kapitalspritze in Höhe von 340 Millionen Euro angekündigt.

Ob das reicht, ist angesichts stagnierender Kundenzahlen, starker Konkurrenz im TV-Markt und gleichzeitig hoher Kosten kaum zu erwarten. "Ich mache mir große Sorgen", sagt Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, der an der AG-Spitze unter anderem für neue Medien, Öffentlichkeits- und Lobby-Arbeit zuständig ist. Liga und Bezahlsender sei es in 20 Jahren nicht gelungen, "Pay-TV in Deutschland wirklich zu etablieren".

Bayern setzt auf komplette Eigenvermarktung

In der Branche ist es ein offenes Geheimnis, dass die Liga für den Fall vorsorgt, dass Sky der Himmel auf den Kopf fällt. Längst besitzt der Dachverband Deutsche Fußball Liga (DFL) mit dem Kölner Unternehmen Sportcast eine eigene Produktionstochter, die für Rechtenehmer wie Sky, Telekom, ARD und ZDF die Bilder aller Liga-Partien produziert.

Vor einem Jahr bereits beantragte die DFL in Hessen die Zulassung für einen eigenen TV-Kanal, der gegen Bezahlung alte Fußball-Matches aus einem 40.000 Stunden umfassenden Archiv zeigen soll. Insider wittern dahinter längst mehr als nur einen "History Channel" – der Kanal könnte die Grundlage sein für einen eigenen Bezahlsender der Liga.

Grafik: Fanclub- und Vereinsmitglieder von Bayern München

Sollte der Wirklichkeit werden, wird sich indes an der zentralen Vermarktung und Verteilung der TV-Einnahmen nichts ändern. Branchenkenner gehen davon aus, dass es bei der Mischung aus zentraler TV-Vermarktung und dezentralem Verkauf aller übrigen Rechte wie Sponsoring bleibt, wo Marktkräfte frei wirken.

Hier behalten die Bayern ihre Trümpfe lieber selbst in der Hand – von Anfang an ein entscheidender Schachzug von Hoeneß: Trikot- und Bandenwerbung etwa verkaufen die Münchner auf eigene Rechnung, sie investierten in eine eigene Verkaufsmannschaft. Die Bayern profitieren dabei heute noch von Hoeneß’ jahrelanger Kärrnerarbeit, die ihnen einen gewaltigen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz verschaffte.

Auf komplette Eigenvermarktung nach Vorbild der Münchner setzen aktuell nur 5 der 18 Erstligisten. Die Mehrzahl der Bundesligavereine beauftragt Vermarktungsagenturen wie Infront, Sport-five, IMG oder Ufa Sports. Borussia Dortmund etwa wird vom Trikot bis zum Ticketing vom Vermarkter Sportfive verkauft. Beim 1. FC Köln besorgt das IMG.

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