T-Mobile-Manager Timotheus Höttges Die Allzweckwaffe

T-Mobile-Manager Timotheus Höttges erhält eine Schlüsselrolle bei der Deutschen Telekom. Wer ist der Neue hinter Konzernchef René Obermann?

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Es schien fast so, als hätte René Obermann seinen Duzfreund vergessen. Als Anfang September der Vorstand der Deutschen Telekom eine neue Führungsstruktur erhielt und wichtige Schlüsselpositionen neu besetzt wurden, ging einer überraschend leer aus: Timotheus Höttges. Der Manager bei der Mobilfunktochter T-Mobile „fiel durch den Rost“, wie sich ein Kollege erinnert, weil sein damaliger Chef Obermann die Rolle des obersten Vertriebskoordinators übernahm – und damit den eigenen Aufstieg an die Konzernspitze vorbereitete. Heute, nicht einmal drei Monate später, ist Obermann Chef des Magentariesen. Und Höttges, sein damals übergangener engster Vertrauter, steht vor dem größten Sprung seiner Managerkarriere. Wenn Obermann in den nächsten Tagen wie geplant alle Top-Positionen im Telekom-Vorstand mit geneigten Leuten aus der Führungsriege von T-Mobile besetzen wird, dürfte Höttges die zentrale Rolle zufallen. Offen ist nur noch, welches Etikett Obermann dem künftigen ersten Mann unter ihm anheftet. Wahrscheinlich ist, dass Obermann Höttges nach dem Ausscheiden von Festnetzchef Walter Raizner gleich zum Vertriebs- und Privatkundenvorstand mit Zuständigkeit für T-Com und T-Mobile oder gar zum Leiter des operativen Geschäfts, dem Chief Operating Officer (COO), macht. Dann hätte er die Herkulesaufgabe, die Grabenkämpfe zwischen der schwächelnden Festnetzsparte (T-Com) und der prosperierenden Mobilfunksparte (T-Mobile) zu beenden und beide Bereiche zu einer starken Privatkundensparte zu verschmelzen. Wer ist der 44-Jährige, der bisher allenfalls Insidern auffiel und nun an Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick vorbei zur neuen Nummer zwei im Telekom-Konzern aufsteigt? „Höttges ist der ideale Stellvertreter“, meint ein T-Mobile-Manager. „Der quatscht nicht und ist immer loyal.“ Doch das ist zu wenig. Nur die graue Maus im Hintergrund zu spielen, das würde Höttges nicht gerecht. In Wirklichkeit dürften sich Obermann und seine künftige rechte Hand ergänzen wie zwei Puzzlesteine. Was schon bei T-Mobile hervorragend klappte, soll sich nun im Konzernvorstand fortsetzen. Obermann, der Impulsive und Extrovertierte, präsentiert sich als der Ideengeber, der schneller als Vorgänger Kai-Uwe Ricke wichtige strategische Entscheidungen trifft und sie Investoren und Öffentlichkeit verkauft. Höttges, der stets älter wirkt, als er ist, gibt den Kärrner im Hintergrund, der Widerstände überwindet und Projekte zu Ende führt. „Höttges ist Obermanns Allzweckwaffe“, heißt es bei T-Mobile. „Die beiden verstehen sich blind und pflegen ein extrem enges Vertrauensverhältnis.“ Kosten kappen, Service verbessern, Vertrieb stärken – bei T-Mobile hat Höttges bewiesen, dass er Kundenzufriedenheit und Profitabilität verbessern kann. Jetzt soll er die Probleme im gesamten Konzern angehen und der T-Aktie zum Höhenflug verhelfen. Denn Obermann muss schnell den Kundenschwund der Festnetzsparte T-Com stoppen und die Personalkosten drücken – sonst ist der Vertrauensvorschuss schnell verbraucht. Höttges gehört zu den wenigen Top-Managern der Deutschen Telekom, die von außen kamen und sich im Konzern durchsetzen konnten. Erst vor sechs Jahren, im September 2000, war der Betriebswirt vom Mischkonzern Viag in die Telekom-Zentrale gewechselt, wo er als Geschäftsführer Finanzen bei T-Mobile Deutschland begann. Doch auf diesem Posten blieb er nur zwei Jahre. Als Obermann im Jahre 2002 erste Aufgaben im Konzernvorstand und die Leitung der Mobilfunksparte übernahm, bekam Höttges den prestigeträchtigen Job des Deutschland-Chefs von T-Mobile.

Seitdem gelten die beiden als ideales Gespann. Höttges, den Freunde Tim nennen, stellt die eigene Profilierung zurück und überlässt alle öffentlichen Auftritte und Interviews seinem Chef. Im kleinen Kreis kokettiert er sogar damit, dass er sowieso lieber unter Ausschluss der Öffentlichkeit arbeite. Doch das glaubt ihm niemand. Höttges legt keinen Wert auf absolutistische Attitüde. Ihn regt nicht auf, wenn Obermann in seinen Bereich hineinregiert. Mitarbeiter berichten, dass Obermann die Chefs der Bereiche gern überspringt und an Mitarbeiter direkt Anweisungen per E-Mail erteilt. Andere Vorstände schäumten deswegen – für Höttges war das nie ein Problem. Höttges bekam so schnell den Ruf eines Feuerwehrmanns, der löscht, wo ihn Obermann hinschickt. Als Westeuropa-Chef von T-Mobile International war er zuletzt für das Mobilfunkgeschäft in Deutschland, Holland, Österreich und der Tschechischen Republik zuständig und zeichnete dort auch für den Vertrieb und den Kundenservice verantwortlich. Wenn T-Mobile-Kunden heute einen besseren Service bekommen als die Kunden der Festnetzsparte T-Com – dann geht das auf Höttges’ Konto. Dabei gilt Höttges gar nicht als Service- und Vertriebsprofi. Kollegen aus seiner Anfangszeit beim Münchner Mischkonzern Viag wundern sich, dass er sich in den vergangenen Jahren vorrangig mit solchen Themen beschäftigte. „Das ist eigentlich nicht seine Welt“, sagt ein ehemaliger Viag-Vorstand. „Er versteht sich eher als guter Controller und war als einer von zwei Bereichsleitern an fast allen Zukäufen von Viag beteiligt. Das macht ihm richtig Spaß.“ Übernahmen oder Fusionen einfädeln – das beherrscht Höttges von der ersten Kontaktaufnahme bis zum Vertragsabschluss perfekt. Er gehörte etwa zum Projektteam, das den Zusammenschluss zwischen Viag und Veba (heute E.On) vorbereitete. Das Auswahlverfahren, wen E.On als Führungskraft übernehmen sollte, hatte er glänzend bestanden. „E.On hatte ihm den roten Teppich ausgerollt“, meint ein ehemaliger Viag-Vorstand. Umso überraschter waren seine Kollegen, als Höttges den Ruf von T-Mobile erhörte und dort den Posten des Geschäftsführers Finanzen annahm. Sein Meisterstück machte Höttges, als T-Mobile das erste Sparprogramm „Save for growth“ ankündigte. Obermann verlangte, eine Milliarde Euro zu sparen, indem die Subventionen für Handys gestrichen, mehrere Hundert Arbeitsplätze abgebaut und das Sortiment an Geräten verkleinert werden sollten. Dem widersetzten sich die Verantwortlichen in den schnell wachsenden T-Mobile-Tochtergesellschaften in Südosteuropa, weil sie nicht einsahen, weshalb auch sie auf die Bremse treten sollten. Doch Höttges drückte das Programm durch. Obermanns Ruf als „Bulldozer“ war gerettet. Seitdem sind die beiden auch in ihrer Freizeit unzertrennlich. Obermann und Höttges wohnen direkt nebeneinander im Bonner Vorort Bad Godesberg. Schon morgens früh klopft der eine beim anderen an, um zu einer gemeinsamen Jogging-Runde am Rheinufer aufzubrechen. Die beiden gehören auch zu den Initiatoren der Bürgerstiftung Rheinviertel, die im Juni 2005 gegründet wurde. „Die freigebigen Promis von nebenan“, titelte der „Rheinische Merkur“ erst kürzlich. Die Stiftung sammelte schon 2,4 Millionen Euro, die der Gemeinde sowie den sozialen und karitativen Einrichtungen der Stadtteile Plittersdorf, Hochkreuz, Villenviertel und Rüngsdorf zugutekommen. Obermann und Höttges sind Mitglied im Kuratorium. Obermanns Ehefrau Christiane engagiert sich im Vorstand. „Helfen macht besonders dann Spaß, wenn man konkret weiß, wie Hilfe ankommt und was sie bewirkt“, schreibt Höttges auf der Stiftungs-Web-Seite. Dass der Samariter einmal in Obermanns Fußstapfen treten könnte, traut ihm bei der Telekom niemand so recht zu. Höttges, beschreiben ihn Weggefährten, sei immer auch ein klein bisschen ängstlich und brauche einen starken Frontmann: „Wenn ihn jemand laut anfährt, dann zuckt er richtig zusammen.“

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