USA, Frankreich, Russland, China Wie andere Länder den staatlichen Einfluss handhaben

Die Welt und ihr Umgang mit Unternehmen verändert sich. Jeder Staat hat andere Lehren aus den Krisen und Umbrüchen der Vergangenheit gezogen - ein Blick nach Frankreich, USA, Russland, China und Japan.

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Frankreich: Gefühlte Überlegenheit

Eiffelturm in Paris: Quelle: dpa

In der Krise ist der große Einfluss des französischen Staates auf die Unternehmen noch gewachsen. Präsident Nicolas Sarkozy hat die Situation genutzt, um die französische Denke in weiten Teilen Europas hoffähig zu machen. Leitsatz dieser Strategie sind die Grundsätze, die schon Jean-Baptiste Colbert entwickelte, der Finanzminister des Sonnenkönigs Ludwig XIV: Der Staat ist auch in wirtschaftlichen Fragen der überlegene Stratege.

Sarkozy beließ es deshalb nicht bei einem Konjunkturprogramm, das vor allem der Rüstungs- und der Autoindustrie zugute kam. Monsieur le Président schuf auch einen Staatsfonds mit dem Kürzel FSI. Der beteiligte sich an vielen Unternehmen, die die Regierung als strategisch betrachtet, darunter der Öldienstleister Technip, die IT-Firma CGC Véritas, der Chipkartenhersteller Gemalto sowie Zulieferer aus der Auto- und Luftfahrtbranche, die in Schwierigkeiten geraten waren wie Valéo, Heuliez und Zodiac. Eine wichtige Rolle spielt in Frankreich auch die Staatsbank Caisse des Dépots et Consignations (CDC), die an 250 Unternehmen beteiligt ist, eigene Unternehmen wie den Transportriesen Véolia-Transdev kontrolliert, 50 Prozent der Anteile des Staatsfonds hält und kürzlich mit 1,5 Milliarden Euro bei der staatlichen Post einstieg. Paris hat in der Krise den Einfluss in Unternehmen vergrößert, an denen der Staat beteiligt ist. Bei Renault, Air France-KLM, France Télécom, EDF oder GDF Suez schickt die Regierung jetzt zwei Vertreter in den Verwaltungsrat und redet bei strategischen Entscheidungen mit. Als Gegenleistung für Staatskredite mussten sich Renault und die private PSA-Gruppe (Peugeot Citroën) verpflichten, keine Entlassungen in Frankreich vorzunehmen.

Auch der Einfluss auf die Banken wuchs. Paris beteiligte sich direkt an der Rettung der franko-belgischen Dexia, an der die CDC eine maßgebliche Beteiligung hält. Und die Regierung half aktiv mit, dass sich die BNP Paribas Fortis einverleiben konnte, und (zwangs-)fusionierte die genossenschaftlichen Sparkassen mit den Volksbanken. Sarkozy-Berater François Pérol führt den neuen Finanzriesen.

Durch die Abschottung nationaler Märkte wie Eisenbahn und Energie schützt Paris viele Unternehmen vor ausländischen Angriffen. Gleichzeitig zimmerte der Élysée-Palast schon vor der Krise den Energiekonzern GDF-Suez zusammen und ist dabei, die Nuklearbranche unter Führung des zu 85 Prozent staatlichen Stromkonzerns EDF zu einen.

USA: Schützende Hand

Lange Zeit war das Verhältnis zwischen einer US-Regierung und amerikanischen Unternehmen nicht mehr so mies wie heute. Präsident Barack Obama beschimpfte die Wall-Street-Banker als „Fat Cats“, als Geldsäcke. Er warf Konzernen vor, sie würden ihre Gewinne im Ausland verstecken, Arbeitsplätze exportieren und so zur Arbeitslosigkeit in den USA beitragen. Erstmals seit Jahrzehnten musste der Staat in Unternehmen einsteigen und viele Milliarden Dollar in sie pumpen, vor allem in Banken sowie in den vorübergehend insolventen Automobilriesen General Motors.

Eine Dauerlösung sieht darin in den USA im Gegensatz zu Frankreich kaum jemand. Zu groß ist der politische Widerstand insbesondere durch die wieder erstarkten Republikaner. Die erworbenen Beteiligungen an praktisch allen US-Großbanken konnte das Finanzministerium sogar mit Gewinn bereits wieder abstoßen, zuletzt die Aktien der Citigroup. Beim Versicherungsgiganten AIG laufen die Vorbereitungen für einen Ausstieg. Und bei General Motors konnte die Regierung mit der Börsenwiedereinführung im November einen Zwischenerfolg verbuchen – auch wenn der Staat zunächst größter Anteilseigner bleibt und die jetzt emittierten Aktien unter Einstiegspreis abgegeben wurden. Sogar für die beiden verstaatlichten Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac werden die Rufe nach Privatisierung und/oder Zerschlagung in Washington lauter.

Gleichwohl hat Obama das Verhältnis Staat/Unternehmen neu definiert. Niemand bringt das besser auf den Punkt als der bis Jahresende amtierende Chefberater des Präsidenten, Larry Summers. „Eine starke Regierung, die auf Marktversagen reagiert, die sozial Schwache schützt und für Chancengleichheit sorgt, die potenzielle Missbräuche regelt und die für stabile Bedingungen sorgt, ist unbestreitbar im langfristigen Interesse der Wirtschaft“, sagt der Harvard-Professor. Das ist eine klare Akzentverschiebung gegenüber den neoliberalen Wirtschaftsberatern der Bush-Ära.

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