Arbeitgeberimage Warum niemand bei der Versicherung arbeiten will

Nur zwei Prozent der Uniabsolventen können sich vorstellen, bei einer Versicherung zu arbeiten. Dabei zahlt die Branche überdurchschnittlich gut. Die Assekuranzen haben ein Problem.

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Wer Mathematik studiert, kann damit eine ganze Menge anfangen. Unter anderen könnte er damit Aktuar, also Versicherungsmathematiker, werden und zu einer Versicherung gehen. Gleiches gilt für PR-Kräfte, Wirtschaftswissenschaftler, Berater, Vertriebsmitarbeiter, Geistes- und Naturwissenschaftler. Sie alle könnten einen Job in einer Versicherung annehmen. Nur: Das will keiner.

Die Studie "Deloitte Talent in Insurance Survey 2015" zeigt, dass gerade einmal zwei Prozent der Nachwuchskräfte sich vorstellen können, in der Vorsorgebranche zu arbeiten. Und die, die zu einer Versicherung gehen wollen, wollen nicht kreativ arbeiten und interessieren sich deutlich weniger für die Entwicklung neuer Produkte und Leistungen.

Doch genau das ist in der Versicherungsbranche gefragt: Kreativität und Leidenschaft für Neues. Das Image der Branche sieht dagegen anders aus: langweilige Aufgaben, dröge Zahlenreihen, kurz: Versicherungen sind unsexy - und wenn eine Assekuranz mal in den Medien ist, dann wegen zweifelhafter Reisen in Budapester Therme - Animation inklusive. Zugegeben: Unternehmen aus der Branche bieten ihren Mitarbeitern eine ganze Menge Anreize - vorneweg ein häufig überdurchschnittlich gutes Gehalt und gute Aufstiegschancen.

Incentives, wie die, mit denen die Ergo-Gruppe vor vier Jahren von sich Reden machte, gehören jedoch nicht zum üblichen Angebot.

Stattdessen winken internationale Aufgaben: Die 25 größten europäischen Versicherungen erwirtschaften fast 60 Prozent der Umsätze im Ausland und bieten ihren Mitarbeitern entsprechende Auslandserfahrungen an. Außerdem haben die meisten Firmen mittlerweile Digital- und Kreativ-Labs, in denen interdisziplinäre Teams neue Produkten und Services erarbeiten. Die von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte befragten 211.000 Wirtschaftsstudenten aus 30 Nationen gehen jedoch davon aus, dass es in punkto Auslandserfahrung und Innovation bei Versicherern schlechter aussieht, als in anderen Industrien.

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Auch bei Work-Life-Balance und Jobsicherheit - zwei für Berufseinsteigern sehr wichtigen Faktoren - stehen Assekuranzen sehr gut da: Versicherern schreiben im Schnitt rund fünf Prozent mehr Absolventen eine Kontrolle über die eigene Arbeitszeit sowie eine flexible Zeiteinteilung zu als anderen Unternehmen. Gleichzeitig liegen sie in der Bewertung als sichere Arbeitgeber um fast sechs Prozent über dem Durchschnitt.

"Viele Institute haben für die persönliche Entwicklung und Karriere-Referenzen hervorragende Angebote wie Corporate Universities oder die Qualifizierung in Data Analytics. Sie stellen sich für den kommenden Wettbewerb auf und bieten spannende Aufgaben. Dort können sie ansetzen und die Studenten für sich begeistern", sagt Christian Schareck, Partner Versicherung bei Deloitte.

Doch "begeistern" scheint die Branche noch üben zu müssen. Dafür sollten sich die Unternehmen aber nicht zu viel Zeit nehmen. "Angesichts der aktuellen Entwicklung müssen Versicherungen ihren Weg weiter fortsetzen und ihre Rolle bei der Digitalisierung weiter ausbauen. Dafür brauchen sie kreative Köpfe, die nach spannenden Aufgaben suchen", so Schareck. Wenn die Branche also nicht will, dass sich weiterhin nur die bei ihnen bewerben, die auf einen tristen Bürojob aus sind, sollte sie also besser kommunizieren, dass Versicherungen auch etwas für innovative und kreative Köpfe sind. Die Sache mit dem Gehalt, der Karriere und der Sicherheit zu erwähnen, kann vermutlich auch nicht schaden.

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