Angst ums Geld Wer schützt Europas Sparer?

Zypern bedient sich auf Druck der Euro-Gruppe bei seinen Sparern. Eine Sondersteuer wird abgebucht, Konten werden gesperrt. Wie reagieren Zyperns Bürger? Wie können deutsche Sparer ihr Erspartes retten? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

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Viele Zyprioten standen in den vergangenen Tagen fassungslos vor den Geldautomaten Quelle: dpa

Wie ist die Lage in Zypern nach dem Beschluss der Euro-Finanzminister?

Entsetzen, Wut und lange Schlangen vor den Geldautomaten – das sind die Reaktionen auf Zypern auf das Rettungspaket der Eurogruppe. Grund ist die Zwangsabgabe auf alle Bankguthaben. Bei Bankeinlagen unter 100.000 Euro wird eine Abgabe von 6,75 Prozent fällig, bei höheren Beträgen sind es 9,9 Prozent. So sollen geschätzt 5,8 Milliarden Euro zusammenkommen. Kleinsparer mit Guthaben bis zu 20 000 Euro sollen von der geplanten Zwangsabgabe ausgenommen werden. Hunderte Zyprer versuchten am Samstagmorgen, unmittelbar nach dem Beschluss der Euro-Finanzminister, ihr Geld (zum Teil) abzuheben. Doch viel spuckten die Automaten nicht aus. Und: Die Sondersteuer war bereits abgebucht. Überweisungen und Online-Banking sind seit Samstag ebenfalls nicht möglich.

Die Bürger sind entsetzt. „Wir arbeiten, legen etwas zurück, und jetzt nehmen sie unser Geld. Das ist ungerecht, sehr ungerecht“, empörte sich eine Frau im staatlichen zyprischen Fernsehen RIK. Einer Umfrage zufolge sind 71 Prozent der Zyprer gegen die Abgabe und fordern, dass das Parlament diese ablehne.

So funktioniert die Zypern-Steuer

Die Abgeordneten kommen am Dienstagabend zusammen, um über den Beschluss abzustimmen. Zunächst war das Votum für Montag geplant. Doch offenbar befürchtete die Regierung um Präsident Nikos Anastasiades, keine Mehrheit für das Hilfspaket zu bekommen. Denn die Opposition will geschlossen gegen die Zwangsabgabe stimmen. Anastasiades will den Beschluss nun offenbar überarbeiten und Kleinsparer schonen. Die Banken sollen nun bis Donnerstag geschlossen bleiben.

Durch die geplante Ausnahme von Kleinsparern könnten etwa 300 Millionen Euro fehlen, um die nötigen 5,8 Milliarden Euro einzusammeln, die zusammen mit den zehn Milliarden Euro der Geldgeber Zypern retten sollen. Wie es aus Kreisen des Ministeriums hieß, sollen die fehlenden Gelder „aus anderen Quellen“ kommen. Welche diese sind, blieb unklar, meldete die Nachrichtenagentur dpa am Montagabend.

Was passiert, wenn das Parlament nicht zustimmt?

Dann gibt es keine Hilfskredite aus dem Rettungsschirm ESM. Das jedenfalls hat die Euro-Gruppe deutlich gemacht. Zypern aber braucht dringend frisches Geld, um seine Banken zu stützen. Ohne die Milliarden der Euro-Gruppe würden die Banken wohl noch Ende März kollabieren und den Staat mit in die Pleite stürzen.

„Ein Zusammenbruch der Banken hätte unbeschreibliches Elend zur Folge”, sagte Anastasiades in einer Fernsehansprache und sprach vom schlimmsten Augenblick seit dem türkischen Einmarsch, der 1974 zur Teilung der Insel führte. Afxentis Afxentiou, von 1982 bis 2002 Notenbankchef Zyperns, sagte im Interview mit dem Sender CYBC, ein Scheitern bei der Abstimmung werde „ins Chaos“ führen. Dann werde Zypern Libyen.

Wie sind die Reaktionen auf die Rettungs-Pläne in der Euro-Zone?

In Südeuropa, aber auch in Deutschland, wird das Hilfspaket kritisiert. Vielfach wird moniert, dass vor allem Kleinanleger belastet werden - und das (auch) russisches Schwarzgeld gerettet wird. "Zypern Geld zu geben, wäre der größte Fehler, den die Europäer machen könnten. Wir sollten die zypriotischen Banken – das Hilfspaket soll ja vor allem der Stützung der maroden Institute dienen – keinen einzigen Cent geben", sagte etwa der Wirtschaftswissenschaftler Lorenz Jarass schon vor wenigen Wochen im Gespräch mit WirtschaftsWoche Online. "Lasst sie Pleite gehen!". Die Hilfsgelder sollten besser für die Linderung der Folgen einer Zypern-Pleite verwendet werden.

„Dies ist ein riskantes Manöver mit ungewissem Ausgang“, sagt auch der Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn, im Gespräch mit Handelsblatt Online. Einerseits sei es fair und für die Mehrheitsfindung in den nationalen Parlamenten richtig, die von der Euro-Gruppe beschlossene Zwangsabgabe für sämtliche Kunden zyprischer Banken zu erheben. „Andererseits kann dies die Einleger in allen Krisenländern verschrecken und zum Räumen ihrer Konten veranlassen.“ Das würde nach Einschätzung Horns eine Bankenkrise auslösen, die nur durch „massive Interventionen“ der Europäischen Zentralbank (EZB) zu beenden wäre.

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