Erfahrungsbericht Wie die Autokamera randalierende Jugendliche überführt

Sonja Reineke fährt seit einem Jahr mit einer Dashcam in ihrem Auto. Die 42-Jährige bezeichnet sie als Vorsichtsmaßnahme, um Drängler und Diebe abzuschrecken und Beweise bei Unfällen zu sichern. Sie beschreibt, wie ihr Freund mit der Kamera junge Vandalen überführen konnte, die sein Auto mit Essensresten versaut hatten.

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Sonja Reineke, 42, sieht die Kamera als Schutzmaßnahme gegen Verkehrsrowdys. Quelle: Privatfoto

"Mein Freund und ich haben jeder eine Dashcam in unserem Auto. Wir haben sie für 100 Euro vor einem Jahr gekauft, weil wir insgesamt 15 Schäden an unserem parkenden Auto hatten, die von der Polizei nicht aufgeklärt werden konnten. Die Kamera klebt unter dem Frontspiegel an der Windschutzscheibe und ist kleiner als ein Navi. In dem Modell meines Freundes ist sogar ein Bewegungsmelder eingebaut. Immer wenn er das Auto auf einem verlassenen Parkplatz stehenlässt, schaltet er ihn ein und dann filmt die Dashcam automatisch, wenn jemand in ihr Sichtfeld kommt. Dank der Technik konnte die Polizei Jugendliche überführen, die sein Auto auf einem Pendlerparkplatz versaut haben.

Eines Abends kam er nach der Arbeit zu seinem Auto zurück und musste feststellen, dass es von oben bis unten mit Essensresten von McDonald’s versaut war. Zum Glück hatte die Kamera gefilmt, was passiert war: Das Video zeigt, wie eine Gruppe Jugendlicher das Auto nach dem Essen mit Fastfood-Abfällen beschmutzt – süß-saure Soße und Salatdressings werden auf der Motorhaube verteilt. Am Ende spuckt ein junger Mann noch auf die Windschutzscheibe. Weil die Gruppe mit ihrem Auto vorne an unserem Auto vorbeifuhr, konnte man das Nummernschild beim Ankommen und beim Wegfahren gut erkennen.

Der Straßenverkehr wird immer aggressiver

Wir haben das Video dann auf DVD gebrannt und mitsamt der Speicherkarte der Kamera an die Polizei übergeben. Außerdem haben wir eine Anzeige wegen Sachbeschädigung gestellt. Die Polizei konnte den Halter ermittelt und hat die Jugendlichen – einer von ihnen ist der Sohn des Halters – auf die Wache geladen. Die waren plötzlich ganz kleinlaut. Weil sie sich geweigert haben, das Auto zu reinigen, hat die Anzeige immer noch Bestand, das Verfahren läuft.

Nicht nur wegen dieses Vorfalls bin ich froh, dass wir eine Kamera im Auto haben. Für mich ist sie eine Vorsichtsmaßnahme im Straßenverkehr. Denn das Fahrverhalten der anderen wird in meinen Augen immer aggressiver. Wenn zum Beispiel jemand dicht auffährt und die Dashcam in meinem Auto sieht, hält er den Sicherheitsabstand ganz schnell wieder ein. Manchmal drehe ich bei besonders aufdringlichen Dränglern die Kamera um, sodass sie nach hinten filmt. Wenn die das hinter mir mitkriegen, hauen die ganz schnell wieder ab. In dem Fall ist die Dashcam eine erzieherische Maßnahme.

Wichtig ist mir auch, dass ich bei einem Unfall, an dem ich keine Schuld habe, immer den Videobeweis habe. So bin ich nicht mehr abhängig von fremden Zeugen, die ja gerne mal weiterfahren. Oder was ist, wenn ich alleine unterwegs bin und im anderen Unfallauto sitzen mehrere Leute? Dann kann ich mich auf die Kamera verlassen.

Ich kann nicht verstehen, warum Datenschützer die kleine Kamera verbieten wollen. Mein Freund und ich würden niemals die gedrehten Bilder veröffentlichen. Wozu auch? Das ist doch langweilig, sich so eine Autofahrt anzuschauen. Außerdem überschreibt die Dashcam zu Beginn jeder Autofahrt automatisch das älteste Video auf der Speicherkarte, so bleibt kein Fahrtvideo lange verfügbar. Nur bei einem Fall wie mit den randalierenden Jugendlichen laden wir uns das Material auf unseren Computer, um die Polizei einzuschalten.

Ich will der Polizei nur helfen

Es ist auch nicht so, dass ich unserer Polizei bei der Verfolgung eines Unfalls nicht vertraue. In manchen Fällen ist es für sie aber schwierig, den Schuldigen zu ermitteln. Zum Beispiel ist vor Jahren mal ein Auto vor mir rückwärts in meine Front reingefahren. Und hat danach behauptet, ich wäre schuld und hätte einen Auffahrunfall verursacht. Nur mit Glück konnte die Polizei den Betrug nachvollziehen – eine Kamera wäre in dem Fall einfacher und schneller gewesen."

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