Mobilität Lohnt sich Ihr Auto?

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Pendler aus Leidenschaft

Der Pendler Kosten: 10.800 Euro pro Jahr*Strecke pro Jahr: 50 000 km Julian Medvedec, 27, arbeitet als Industriemeister bei einem Automobilzulieferer. Er pendelt mit seinem Citroën C5 knapp 100 Kilometer pro Strecke von Sindelfingen nach Rottweil. Als Autofan stört ihn die Pendelei nicht. Teuer ist sie: Für Diesel zahlt er 4800 Euro im Jahr, Kfz-Steuer und Versicherung kosten 2400 Euro, Wertverlust, Wartung und Reparaturen 3600 Euro. *jährliche Gesamtausgaben für Mobilität der drei Beispielfälle (je nach Person für Auto, Carsharing, Bus, Bahn und Fahrrad) Quelle: Deniz Saylan für WirtschaftsWoche

Die ständige Sichtbarkeit der Kosten bei Carsharing und Mietwagen könnte jedoch ein psychologischer Grund sein, der viele dazu bringt, weiter ein Auto zu halten. Verhaltensökonomen sprechen vom Flatrate-Effekt: Menschen ziehen es vor, für ein Angebot eine Pauschale zu zahlen, selbst wenn die sich für sie nicht rechnet. Danach können sie sich bei jeder Nutzung aber freuen, schließlich haben sie schon bezahlt. Ohne Pauschale müssten sie jedes Mal aufs Neue zahlen und sich darüber ärgern. Fitnessstudios verdienen so viel Geld an Nutzern, die nicht jedes Mal Eintritt bezahlen, sondern nur einmal die Flatrate. Wenn der Trainingseifer des Kunden wie üblich erlahmt, wird der Jahresbeitrag für die Studios ein blendendes Geschäft.

Für Pendler, die weitere Strecken zur Arbeit fahren und nicht den Zug nehmen können, stellt sich die Frage nach dem eigenen Auto nicht: Sie sind darauf angewiesen, es lohnt sich für sie auch – solange ein Umzug keine Option ist. Julian Medvedec, Ende 20, gehört dazu. Als er vor vier Jahren mit seiner Partnerin zusammenziehen wollte, gab es ein Problem: Zwischen ihren Arbeitsplätzen lagen fast 100 Kilometer. Medvedec wollte seinen Job als Abteilungsleiter bei einem Automobilzulieferer in Rottweil nicht aufgeben, als Wohnort kam das ländlich gelegene Rottweil für beide aber nicht infrage.

Keine leichte Entscheidung

Also zog er zu seiner Partnerin nach Sindelfingen, südwestlich von Stuttgart. Nun pendelt Medvedec mit einem Citroën C5 jeden Tag zur Arbeit – etwa 50 Minuten von Tür zu Tür, "meist staufrei". Bereut hat Medvedec die Entscheidung nie. "Ich fahre gern Auto", sagt er, "sonst würde man das nicht durchhalten."

Auf der täglichen Tour ist er zum Viel-Telefonierer geworden, er kennt jedes Funkloch auf der Strecke zwischen Wohn- und Arbeitsort. Nur an das frühe Aufstehen konnte er sich immer noch nicht so richtig gewöhnen. Morgens muss er um Viertel nach fünf aus dem Haus. Auf die Bahn ist er noch nie ausgewichen. "Mit der ersten Zugverbindung wäre ich um neun Uhr in Rottweil, da ist in der Produktion der halbe Tag schon gelaufen."

Auch am Wochenende, für Besuche bei Freunden, nimmt Medvedec am liebsten das Auto. Im Jahr kommen so bei ihm alles in allem 50 000 Kilometer zusammen. Allein Diesel, Kraftfahrzeugsteuer und Versicherung kosten ihn 600 Euro im Monat. Für Wartung und Reparaturen kommen im Schnitt noch mal 100 Euro monatlich obendrauf.

Für Autofan Medvedec geht es nur darum, welches Auto sich für ihn am meisten lohnt. Seinen drei Jahre alten Citroën hat er vor einem Vierteljahr gekauft. Komfortabel sollte der neue Wagen sein, aber eben doch besser gebraucht: "Ein Neuwagen ist bei meiner Fahrleistung zu teuer, der wäre nach ein paar Jahren fast nichts mehr wert", sagt er. Zu alt durfte das Auto aber auch nicht sein, damit er nicht ständig für Reparaturen zahlen müsse.

Die Entscheidung, welches Auto man kauft, ist manchmal kaum leichter als die, ob man überhaupt eines braucht.

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