Die Woche im Netz

Myboshi - der Häkel-Hype aus dem Internet

Vor vier Jahren starteten zwei junge Männer aus Hof die Internetseite Myboshi.net, auf der sich jeder seine eigene Häkelmütze konfigurieren kann. Mittlerweile bedient das Unternehmen die gesamte Wertschöpfungskette.

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Die Myboshi-Jungs Thomas Jaenisch und Felix Rohland häkeln auch noch selbst. Die Großaufträge erledigen ältere Damen, die sich zu ihrer Rente was dazuverdienen wollen.

Die Geschichte von Thomas Jaenisch und Felix Rohland klingt wie ein echtes Gründermärchen und geht ungefähr so: Aus Langeweile greifen zwei Männer in Japan im Skiurlaub zur Nadel und häkeln Mützen, die sie wenig später an zwei Australier verkaufen. Nach Deutschland zurückgekehrt, häkeln sie für Kumpels, Freunde und Bekannte und verdienen sich ein wenig Geld dazu. Nach ungefähr einem halben Jahr wird es ihnen zu viel. Sie wollen nicht mehr die Nächte durchmachen, um ihre Aufträge abzuarbeiten und fassen den Entschluss, sich zu professionalisieren. Mit myboshi.net (Boshi japanisch für Mütze) stellen die beiden eine Seite ins Internet: Jeder in Deutschland soll sich von nun an eine Wunschmütze zusammenstellen und häkeln lassen können. Unterstützung holen sie sich von älteren Damen aus dem Umkreis von Hof, die sich zu ihrer Rente etwas dazu verdienen wollen und die sie per Anzeige suchen. Das war Anfang 2010.

Nun haben wir Ende 2013 und die beiden jungen Männer und ihre sechs Angestellten verkaufen in diesem Jahr rund 20 Millionen Wollknäuel ihrer eigenen Wolle, die sie gemeinsam mit H&W Comfort-Wolle entwickelt haben. Damit sind nicht nur in kleineren Handarbeitsläden vertreten, sondern beherrschen derzeit auch Handarbeitsabteilungen in großen Kaufhäusern. Wer ein Wollknäuel kauft, bekommt einen Aufnäher dazu, um die Marke, auch wenn man selbst gehäkelt hat, weiter zu tragen. "In 90 Prozent aller Orte, an denen Handarbeitsartikel verkauft werden, gibt es mindestens einen Myboshi-Artikel", sagt Jaenisch.

Rund 40 Handelsvertreter in Deutschland seien mit Myboshi unterwegs. Ihre Bücher mit Häkelmustern für Mützen, Schals und Co. stehen seit Monaten auf der Ratgeberbestseller-Liste des Fachmagazin Börsenblatt und derzeit auf den Plätzen eins, sechs und zehn. In Spielwarenläden gibt es Boxen mit Wolle, Anleitung und Nadeln zu kaufen - zum Selbermachen und -lernen oder Verschenken. Und wenn man sich die Wandlung der Angebotspalette von Strick- und Häkelgarnen in den vergangenen Jahren anschaut, dann ist diese deutlich farbenfroher, sprich: moderner geworden. Es scheint fast so, als ob es den zwei Männern aus Hof gelungen ist, einen Markt umzukrempeln, der zuvor von öden Mustern in biederen Farben beherrscht wurde. Auf der Webseite der alteingesessenenen Wollfirma Schachenmayr lacht einen derzeit die neue Linie "My Mountain" an, die stark myboshi-inspiriert daher kommt.

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