Wenn Kreislandwirt Matthias Mehl an Hightech auf dem Bauernhof denkt, sieht er seinen Mähdrescher. Die Maschine lenkt sich schon heute alleine in parallelen Bahnen über das Feld – viel exakter als ein Mensch das je könnte. Mehl sitzt auf der Maschine, stellt nur noch ein und überwacht.
In ein paar Jahren muss er wahrscheinlich gar nichts mehr tun und kann nebenher seinen Hof organisieren – mit dem Tablet in der Hand. Die Maschine arbeitet dann komplett alleine. Zukunftsmusik, die wohl bald Realität wird.
„Ein Mähdrescher ist eine Fabrik auf Rädern“, sagt Ludger Frerichs, Leiter des Instituts für mobile Maschinen und Nutzfahrzeuge an der Technischen Universität Braunschweig. Damit diese Alleskönner bald vollkommen autonom unterwegs sein können, muss die Technologie einiges leisten. Da muss gemäht, gefördert, separiert, gereinigt und verteilt werden – komplex, aber machbar. Bereits heute.
Autonome Landmaschinen
„Die modernen Lenksysteme brauchen den Mensch im Grunde jetzt schon nicht mehr“, sagt auch Landwirt Mehl. Aktuell arbeiten diese beispielsweise mithilfe von GPS-Signalen. Der Fahrer auf der Maschine kontrolliert nur noch, ob alles stimmt. Nachdem er alles eingestellt hat, fährt sie von alleine.
Einen Schritt weiter gedacht - und Mähdrescher und Co. fahren ganz alleine. „Das ist ähnlich wie der Rasenmäher, der bei uns schon alleine mäht“, sagt Mehl.
Vorteile der Lenksysteme für Landmaschinen
Dank Satelliten-gestützter Systeme orientiert sich das Lenksystem auf Mähdrescher und Co. Dadurch wird das Feld in genaue Bahnen eingeteilt. Das Ergebnis ist sogar deutlich exakter, als das eines erfahrenen Landwirts.
Nutzt ein Landwirt auf seiner Maschine ein Lenksystem, so wird seine effektive Leistung besser. Wie mehrfach in der Praxis schon nachgewiesen kann ein Feld zum Beispiel durch die automatisch gelenkte Parallelführung schneller bearbeitet werden.
Durch die Lenksysteme sollen die Maschinenpotenziale besser genutzt werden können, so nutzt das automatische System eher die volle Schneidbreite eines Dreschers im Gegensatz zum Menschen.
Dadurch, dass das Lenksystem genauer arbeitet – zum Beispiel mithilfe des Parallelsystems – wird die Doppelbearbeitung von gewissen Feldbereichen geringer. Laut Studien liegt sie bei unter einem Prozent. Zum Vergleich: Ohne Lenksystemhilfen wird sie auf fünf bis zehn Prozent geschätzt.
Weil die Fahrer durch die Lenksysteme in ihrer Konzentration weniger gefordert sind, ergibt sich eine Entlastung des Fahrers. Damit steigt automatisch also auch die Arbeitsqualität, denn in der Landwirtschaft ist ein Feldeinsatz von 16 Stunden keine Seltenheit.
Langfristig sehen die Experten tatsächlich sämtliche großen Erntemaschinen in der Hand von autonomen Steuerungen. Während ein Rübenroder das Feld aberntet und ein Transportfahrzeug am Feldrand steht, wird es dazwischen einen sogenannten Überladewagen geben, der autonom arbeitet. „Das wird bis 2025 eine Lösung auf dem Feld sein“, sagt Frerich.
Die Industrie arbeitet gezielt an neuen Technologien: So sollen beim deutschen Landmaschinenkonzern Claas mehr als 150 Mitarbeiter speziell an Lösungen für eine digital vernetzte Landwirtschaft arbeiten. „Landmaschinen werden verstärkt mit intelligenten Technologien ausgerüstet, um untereinander zu kommunizieren und Arbeitsprozesse automatisch abstimmen zu können. Damit verbessert sich die Produktivität und Effizienz im gesamten Produktionsprozess“, so Thomas Böck, bei Claas verantwortlich für Technologie und Systeme.
Man wolle „die Entwicklung mitgestalten“ und konzentriere sich deshalb unter anderem auf die Maschine-zu-Maschine-Kommunikation (M2M). Ein solcher Ansatz: Der Mähdrescher soll mithilfe des LTE-Netzes je nach Füllstand automatisch den Traktor mit Überladewagen bestellen können.
Auch bei der Ernte dürfte es zukünftig noch technischer werden: Ernteroboter sind zwar der Schreck fleißiger Erntehelfer, andererseits aber ein potenzieller Segensbringer für die Landwirtschaft. Eine solche Erfindung soll von Spanien aus die Welt erobern.
Dort haben Ingenieure eine Erdbeer-Erntemaschine erfunden – und damit etwas ganz besonderes, denn kein Obst ist so empfindlich wie die Erdbeere. Sie verzeiht keine Grobheit. Der Agrobot aus dem andalusischen Huelva soll das aber perfekt ausgleichen.
Seine Kameras sollen so geschult sein wie das menschliche Auge, seine „Finger“ so vorsichtig wie die der Erntehelfer. Eine landwirtschaftliche Innovation, vergleichbar mit der Melkmaschine im Kuhstall.
„Wir müssen in der Landwirtschaft den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt nutzen“, sagt Mehl. „Die Technik hilft dabei, effizienter zu arbeiten. Am Ende geht es viel um Kosten und Produktivität.“
Experten sprechen von "Precision Farming", wenn es um Effizienz in der Landwirtschaft geht: Ob beim Benzin, beim Düngen oder Säen – dank moderner Technik können sämtliche Ressourcen genau berechnet werden. Die Verschwendung wird auf ein Minimum reduziert.
GPS-Überwachung, Satelliten-Bilderauswertungen und Vorjahresergebnisse geben dem Landwirt genau die Infos an die Hand, die er braucht, um die perfekten Abläufe zu berechnen. Jene, die am meisten Ertrag bringen und am wenigsten kosten.