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Digitale LandwirtschaftWie Hightech den Bauernhof revolutioniert

Mähdrescher arbeiten autonom, Spinnenroboter erledigen die Saat, der Landwirt sitzt mit dem Tablet auf dem Traktor - digitale Innovationen revolutionieren die Landwirtschaft.Katja Joho 10.02.2015 - 14:11 Uhr

Precision Farming

Sensoren, gespeicherte Daten und der Bordcomputer geben dem Landwirt die Informationen, die er zum Beispiel für das Düngen benötigt. Konkret: Auf dem Feld weiß er genau, wo mehr und wo weniger Düngestreuer benötigt wird – eine Dosierungsanleitung quasi. Durch genaue Datenauswertungen soll auch der perfekte Weg über das Feld und der richtige Moment zur Ernte ermittelt werden können. Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz werden so verbessert.

Foto: Claas

Autonomes Fahren

„Lenksystem“ ist das Zauberwort. Mithilfe von GPS-Daten und etwa Lasern sollen kleine wie große Landwirtschaftsmaschinen in Zukunft alleine auf den Feldern unterwegs sein können. Dank moderner Lenksysteme geht das weitestgehend schon heute – ganz alleine ist aber noch nicht erlaubt.

Foto: Claas

Mechanische Erntehelfer

Die Obsternte übernimmt noch zumeist der Mensch – Rüben, das meiste Gemüse und Getreide überlassen wir schon den Maschinen. Jetzt soll die neuste Technik auch die Frucht pflücken lernen. In Spanien erntet zum Beispiel der Agrobot schon Erdbeeren ganz alleine – der Mensch überwacht nur noch. Mithilfe von Kameras und Bilderabgleich weiß er, welche er pflücken darf und soll dabei genauso sanft und vorsichtig sein, wie die Hände der Erntehelfer.

Foto: Agrobot

Feldroboter

Klein aber fein sind viele Ideen für Feldroboter – etwa zur Suche nach Wildkräutern oder Schädlingen. Oder sogar zum Säen – wie die Erfindung eines US-Unternehmens. Die „Robot Farmer“ sollen sich mit ihren acht Beinen in Gruppen über die Felder bewegen und mithilfe von kleinen Bohrern die Saat ausbringen. Ehrlich gesagt sehr kostspielige Ansätze, aber laut deutscher Experten durchaus denkbar in Zukunft.

Foto: David Dorhout

Drohnen

Wie sieht mein Feld von oben aus? Wie weit ist die Entwicklung? Sind einige Pflanzen schon weiter als andere – vielleicht genau in der Mitte des Feldes? Drohnen könnten dem Landwirt Antworten auf solche Fragen liefern. Seit die Technik auch die breite Masse erreicht hat, machen sich natürlich auch Landwirte Gedanken, ob sich die Technik für sie eignet. Durchaus ein Ansatz, aber die Experten sind zweigespalten. Viele setzen eher auf…

Foto: dpa

Satellitenbilder

… die Technik aus den Sternen! Mithilfe von präzisen Satellitenbildern können Landwirte mittlerweile fast von Tag zu Tag die Entwicklung auf ihren Feldern überwachen und daraus Informationen ziehen. Ähnlich wie durch Drohnen – nur dass sie dafür nicht selber fliegen, sondern lediglich die Daten abrufen müssen. Wahrscheinlich die realistischere Zukunftsperspektive.

Foto: NASA astronauts

Datenmanagement

All diese gewonnen Daten müssen ausgewertet werden – und dass in Zukunft immer häufiger direkt vor Ort – etwa auf dem Traktor. Mithilfe von Computern, Tablets und Monitoren wird das Datenmanagement immer einfacher und für hohe Präzision und Wirtschaftlichkeit auch immer wichtiger. Der Landwirt der Zukunft gehört eben auch zu den Digital Natives.

Foto: Claas

Wenn Kreislandwirt Matthias Mehl an Hightech auf dem Bauernhof denkt, sieht er seinen Mähdrescher. Die Maschine lenkt sich schon heute alleine in parallelen Bahnen über das Feld – viel exakter als ein Mensch das je könnte. Mehl sitzt auf der Maschine, stellt nur noch ein und überwacht.

In ein paar Jahren muss er wahrscheinlich gar nichts mehr tun und kann nebenher seinen Hof organisieren – mit dem Tablet in der Hand. Die Maschine arbeitet dann komplett alleine. Zukunftsmusik, die wohl bald Realität wird.

„Ein Mähdrescher ist eine Fabrik auf Rädern“, sagt Ludger Frerichs, Leiter des Instituts für mobile Maschinen und Nutzfahrzeuge an der Technischen Universität Braunschweig. Damit diese Alleskönner bald vollkommen autonom unterwegs sein können, muss die Technologie einiges leisten. Da muss gemäht, gefördert, separiert, gereinigt und verteilt werden – komplex, aber machbar. Bereits heute.

Autonome Landmaschinen

„Die modernen Lenksysteme brauchen den Mensch im Grunde jetzt schon nicht mehr“, sagt auch Landwirt Mehl. Aktuell arbeiten diese beispielsweise mithilfe von GPS-Signalen. Der Fahrer auf der Maschine kontrolliert nur noch, ob alles stimmt. Nachdem er alles eingestellt hat, fährt sie von alleine.

Einen Schritt weiter gedacht - und Mähdrescher und Co. fahren ganz alleine. „Das ist ähnlich wie der Rasenmäher, der bei uns schon alleine mäht“, sagt Mehl.

Vorteile der Lenksysteme für Landmaschinen
Genauigkeit
Höhere Leistung
Bessere Nutzung
Weniger Doppelbearbeitung
Arbeitsentlastung

Langfristig sehen die Experten tatsächlich sämtliche großen Erntemaschinen in der Hand von autonomen Steuerungen. Während ein Rübenroder das Feld aberntet und ein Transportfahrzeug am Feldrand steht, wird es dazwischen einen sogenannten Überladewagen geben, der autonom arbeitet. „Das wird bis 2025 eine Lösung auf dem Feld sein“, sagt Frerich.

Die Industrie arbeitet gezielt an neuen Technologien: So sollen beim deutschen Landmaschinenkonzern Claas mehr als 150 Mitarbeiter speziell an Lösungen für eine digital vernetzte Landwirtschaft arbeiten. „Landmaschinen werden verstärkt mit intelligenten Technologien ausgerüstet, um untereinander zu kommunizieren und Arbeitsprozesse automatisch abstimmen zu können. Damit verbessert sich die Produktivität und Effizienz im gesamten Produktionsprozess“, so Thomas Böck, bei Claas verantwortlich für Technologie und Systeme.

Man wolle „die Entwicklung mitgestalten“ und konzentriere sich deshalb unter anderem auf die Maschine-zu-Maschine-Kommunikation (M2M). Ein solcher Ansatz: Der Mähdrescher soll mithilfe des LTE-Netzes je nach Füllstand automatisch den Traktor mit Überladewagen bestellen können.

Auch bei der Ernte dürfte es zukünftig noch technischer werden: Ernteroboter sind zwar der Schreck fleißiger Erntehelfer, andererseits aber ein potenzieller Segensbringer für die Landwirtschaft. Eine solche Erfindung soll von Spanien aus die Welt erobern.

Dort haben Ingenieure eine Erdbeer-Erntemaschine erfunden – und damit etwas ganz besonderes, denn kein Obst ist so empfindlich wie die Erdbeere. Sie verzeiht keine Grobheit. Der Agrobot aus dem andalusischen Huelva soll das aber perfekt ausgleichen.

Seine Kameras sollen so geschult sein wie das menschliche Auge, seine „Finger“ so vorsichtig wie die der Erntehelfer. Eine landwirtschaftliche Innovation, vergleichbar mit der Melkmaschine im Kuhstall.

„Wir müssen in der Landwirtschaft den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt nutzen“, sagt Mehl. „Die Technik hilft dabei, effizienter zu arbeiten. Am Ende geht es viel um Kosten und Produktivität.“

Experten sprechen von "Precision Farming", wenn es um Effizienz in der Landwirtschaft geht: Ob beim Benzin, beim Düngen oder Säen – dank moderner Technik können sämtliche Ressourcen genau berechnet werden. Die Verschwendung wird auf ein Minimum reduziert.

GPS-Überwachung, Satelliten-Bilderauswertungen und Vorjahresergebnisse geben dem Landwirt genau die Infos an die Hand, die er braucht, um die perfekten Abläufe zu berechnen. Jene, die am meisten Ertrag bringen und am wenigsten kosten.

Rechtliche Fragen zum Drohnen-Flug
Ist eine Genehmigung für Flüge erforderlich?
Welche gesetzlichen Regelungen gibt es für Flug-Drohnen?
Wer ist für eine Aufstiegsgenehmigung verantwortlich?
In welchen Bereichen darf grundsätzlich nicht geflogen werden?
Welche Einschränkungen bei der Flughöhe und -weite gibt es?
Darf ich bei meinen Drohnenflügen Bilder von Häusern und Gebäuden machen?
Was ist, wenn Nachbarn ein Flugverbot fordern?
Was passiert, wenn meine Drohne abstürzt und Schäden verursacht?

„Dass man immer präziser agieren muss, das habe ich schon früh bei meinem Vater mitbekommen“, sagt Landwirtssohn Frerichs. Dank Precision Farming erreiche der Landwirt seine Erträge leichter. Zudem können Landwirte, die das Precision Farming nutzen, mit einer besseren Qualität und einer geringeren Umweltbelastung rechnen.

Doch Innovationen bringen auch neue Herausforderungen – wer die neue Technik bedienen möchte, muss sich auskennen. Für manche Landwirte mehr als eine kleine Umstellung. „Es ist schon sehr viel Fachwissen gefragt“, bestätigt Landwirt Mehl. „Man muss die Technik bedienen können. Dazu gehört auch eine gewisse Affinität. Wenn man das dann aber beherrscht, dann ist es eine große Entlastung.“ Es sei eben ein riesiger Unterschied, ob man 16 Stunden eine Maschine selber lenke oder nur auf ihr sitze und sie kontrolliere.

Körperlich wird es also leichter, geistig aber anspruchsvoller. „Die Ansprüche an die Ausbildung wird definitiv höher“, so Mehl. „Ein Mitarbeiter auf einem landwirtschaftlichen Betrieb ist nicht zwangsläufig ein IT-Spezialist“, sagt Paetow. Da sieht Frerichs die Ingenieure in der Pflicht: „Die Aufgabe für den Entwickler ist es, diese Maschine so einfach wie möglich zu halten. Wir brauchen Maschinen, mit denen in der Grundausstattung jeder umgehen kann. Die man aber je nach Anspruch entsprechend aufrüstet.“

Die Generationenfrage spielt daher auch in der Landwirtschaft eine große Rolle: „Am besten werden Innovationen eingeführt, wenn im Betrieb eine neue Generation kommt, die die Technik als Erste einsetzt“, so Mehl. Ältere Betriebsleiter würden solche Schritte eher den Nachfolgern überlassen. Dem Siegeszug der Innovationen steht das allerdings keineswegs entgegen, da sind sich die Experten sicher.

Flugobjekte über dem Rübenfeld

Auch Drohnen schweben in der Vorstellung mancher Branchenkenner bald über Rüben- und Getreidefelder – andere halten die Technologie für unnötig. Frerichs erinnert sich an vergleichbare Ideen aus der Vergangenheit: „Es gab auch mal beispielsweise die Idee, ob man nicht Ballons steigen lassen kann, um von oben zu schauen, was auf dem Feld passiert.“ Im Grunde sei das der gleiche Ansatz.

Gestapelte Gewächshäuser

Nahrungsmittel wie Kartoffeln oder Gurken könnten bald in städtischen Hochhäusern wachsen. Das würde Einsparungen an Kosten und Ressourcen wie Benzin und Strom bedeuten, die für den Transport von Lebensmitteln von den Feldern zum Konsumenten verbraucht werden.

Illustration: Javier Martinez Zarracina

Foto: WirtschaftsWoche

Selbst anbauen auf Dachfarmen

Die US-Universität New Jersey führte ein Studie zu in Metropolen angebautem Gemüse durch. Das Ergebnis ist überraschend: Auch großer Stadtverkehr schadet den angebauten Lebensmitteln nicht. Die eigene Ernte sei sogar gesünder als Gemüse vom Land. Vorreiter für Dachfarmen gibt es bereits New York.

Illustration: Javier Martinez Zarracina

Foto: WirtschaftsWoche

Fruchtbarer Ackerboden

In Städten gibt es viel ungenutzte Fläche. Dieser Platz kann neben Hausdächern als Anbaufläche für Nahrung genutzt werden, oder...

Illustration: Javier Martinez Zarracina

Foto: WirtschaftsWoche

Fischen in der Stadt

... für stadteigene Fischfarmen. Auch hier könnten Transportkosten- und Wege eingespart werden.

Illustration: Javier Martinez Zarracina

Foto: WirtschaftsWoche

Hydroponische Gewächshäuser

Da Städte wenig Anbaufläche bieten, kann der Anbau von Lebensmitteln in der Stadt nur mit hydroponischen Gewächshäusern funktionieren. Dort besteht der Nährboden nicht aus herkömmlicher Erde, sonder aus einer recyclebaren, wässrigen Nährlösung, die sich in Töpfen befindet. Diese Töpfe können, wie vom amerikanischen Vorreiter-Unternehmen Valcent praktiziert, in einem Gebäude platzsparend gestapelt werden. Ein Rotationsmechanismus würde jedes Gemüse mit ausreichend Licht versorgen.

Um eine Millionenstadt zu versorgen, bräuchte man mindestens 7000 große Gewächshäuser.

Illustration: Javier Martinez Zarracina

Foto: WirtschaftsWoche

„Ich denke, Flugzeugeinsätze könnten sicher lohnenswert sein. Dass das aber für jeden Betrieb gelten wird, bezweifle ich.“ Wer es aber ganz genau wissen will, was auf dem eigenen Feldern passiert, für den sind Drohnen als Kontrollsysteme ein realistisches Zukunftsszenario.

DLG-Vize Paetow sieht anstelle der Drohnen eine ganz andere Technik im Einsatz: Satelliten. Deren Bilder werden immer hochauflösender. Dank täglich neuer Aufnahmen könnten Satelliten laut Paetow zukünftig die Informationen liefern, die der Landwirt aus der Himmelsperspektive gewinnen kann.

Ein weiteres Zukunftsmodell sind Feldroboter. Zahlreiche Forschungsprojekte beschäftigen sich mit solchen Versuchsobjekten – mal kleiner, mal größer.

An einem solchen Modell forscht etwa die US-Robotik Firma „Dorhout Research and Development“. Sie entwickelte achtbeinige Roboter, die einmal über die Felder marschieren und mithilfe von Bohrern die Saat setzen könnten. Die „Robot Farmer“ säen eigenständig und kommunizieren auch untereinander.

„Ich bin davon überzeugt, dass Roboterfahrzeuge kommen“, so Frerichs. „Sie werden nicht in der großen Breite und nicht sofort eingesetzt werden, aber sie werden kommen.“ Zunächst dürften vor allem kleine Roboter Realität werden, die die Felder etwa auf Schädlinge oder Wildkräuter überprüfen.

Dann wird der Landwirt in erster Linie überwachende Funktion haben – wahrscheinlich mit Bildschirm oder dem Tablet in der Hand. Das gebe es sicherlich auch jetzt schon vereinzelt auf dem Traktor, sagt Frerichs. Man könne davon ausgehen, dass die Manager auf den Höfen, die selber noch auf die Maschinen gehen, solche Technik durchaus nutzen werden.

„In ein paar Jahren wird es häufiger so sein: Der Landwirt steigt noch selber auf den Mähdrescher, aber die Maschine läuft mehr oder weniger autonom, sodass er nebenbei noch Zeit hat, mit dem Tablet beispielsweise seine Aufträge abzuwickeln, um sein Getreide zu vermarkten“, so Frerichs.

Da ist sich auch Paetow sicher: „Das Tablet gehört in Zukunft ganz klar auf den Traktor.“

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