Tom Binder schaut auf seine Uhr, er schaltet den eingebauten Bluetooth-Transponder ein. Die Schicht kann beginnen. Wo früher Druckluft fauchte und Fräsen kreischten, ist ein Sirren und Klackern zu hören. Die Montagelinie umkreist den Facharbeiter. Hier kurven High-Tech-Ventile für Landmaschinen entlang. Unsere Zeitreise an einen Industriearbeitsplatz des Jahres 2025 führt in eine Fabrik von Bosch Rexroth im saarländischen Homburg. Jeder Arbeiter kann an den schlauen Anlagen Tausende Abwandlungen von Ventilen fabrizieren, auch kleinste Mengen und Änderungen von jetzt auf gleich.
Binders Uhr nimmt Kontakt auf: 37-jähriger Mann, 1,78 Meter groß, leichte Rückenprobleme, sieben Jahre Erfahrung in der Fabrik, Deutsch als Muttersprache. Darauf stellen sich die Maschinen ein, die Bildschirme, die jeden Montageschritt erklären – je nach Erfahrung, die Helligkeit der Lampen, die Höhe des Bandes. Greift Binder ins falsche Kästchen mit Schräubchen, leuchtet es rot, grün lotst seine Hand.
Mit Kunden vernetzt
Ein Kollege im indischen Bosch-Werk Ahmedabad hat kraftsparende Handgriffe erprobt und die Neuerung übers Intranet in Homburg eingespeist. Die Fabrik ist mit Zulieferern und Kunden vernetzt. Einzelteile bestellt der Computer online nach. Teil des Netzes sind die funkenden Arbeiter, auch wenn der Betriebsrat für Toiletten- oder Essenspausen den Transpondern Sendepause verordnet hat.
Serie "Wirtschaftswelten 2025"
Nichts wird bleiben, wie es ist. Das Internet verändert unsere Wirtschaft, unsere Gesellschaft, das ganze Leben. Datenanalyse ersetzt Bauchgefühl (Big Data), Brillen sprechen mit Autos (Internet der Dinge). Unternehmen müssen sich neu erfinden, Märkte bilden sich neu (informationsökonomische Revolution). Was bedeutet das für Arbeit, Mobilität, Geld, medizinische Versorgung? Und was wird aus uns? In der Kurztextgalerie finden Sie alle im Rahmen der Serie erschienenen Artikel.
Lange waren denkende Computer nur Science-Fiction. Nun aber beantworten die smarten Maschinen schon E-Mails, planen unseren Urlaub und arbeiten als Dolmetscher. Bald sind sie klüger als wir - und können jeden Job übernehmen. Hier geht es zum Artikel.
Viele Menschen fürchten, im Zuge der Digitalisierung von Maschinen ersetzt zu werden. Doch diese Angst trübt den Blick für die Vorteile neuer Technologien, schreibt
Maschinen lernen aus Daten, und zwar sehr schnell. Wie gut, dass wir ihnen etwas Entscheidendes voraushaben, meint Viktor Mayer-Schönberger.
Intelligente Roboter-Autos chauffieren uns schon in wenigen Jahren durch die Städte – und machen dabei auch den eigenen Wagen überflüssig, meint WirtschaftsWoche-Redakteur Jürgen Rees.
Künstliche Intelligenz zu verbieten, ist sinnlos. Doch wenn sie nicht eingeschränkt wird, wird sie uns nicht nur gewaltige Vorteile bringen - sondern auch gewaltige Nachteile, schreibt Gary Marcus.
Intelligente Maschinen werden die Arbeitswelt verändern. Es könnte zu Revolten kommen. Aber nicht durch die Maschinen - sondern durch jene Menschen, die von den Maschinen ersetzt wurden, warnt Patrick Ehlen.
Wir werden auch in Zukunft die Kontrolle über Maschinen behalten – falls wir uns klug und menschlich verhalten. Das ist möglich. Aber keinesfalls sicher, schreibt David Gelernter.
Ist das Ende 40.000-jähriger, durch den Homo sapiens sapiens dominierter Geschichte in Sicht? Selbstlernende künstliche neuronale Netze erledigen manche Aufgabe schon heute besser als Menschen.
Wichtige ethische Fragen sind bislang nicht nur unbeantwortet. Sie sind nicht einmal gestellt, mahnt Bernhard Rohleder.
Die Maschinen nähern sich einem Punkt, an dem es kein Zurück mehr gibt. Als speicherprogrammierte Rechner die ersten Befehle ausführen konnten, begannen die Maschinen die Kontrolle zu übernehmen, schreibt George Dyson.
Roboter könnten uns eines Tages als Arbeitskollegen oder Gefährten unterstützen, glaubt der Wissenschaftler Guy Hoffman. Aber wie viel Kontrolle wollen wir den Maschinen überlassen?
Globale Vernetzung und immer billigere Waffen machen Kriege erschwinglich für alle. Wie sich Kriegsführung und -abwehr verändern, beschreibt das fiktive Protokoll einer Attacke aus dem Jahr 2025.
Maschinen entscheiden, Werkstücke erteilen Befehle: Die digitale Fabrik verspricht die Annäherung an das Extrem einer Produktion ohne den Menschen. Die deutschen Unternehmen müssen aufpassen, dass die USA nicht vor ihnen in der Zukunft ankommen. Lesen Sie hier wie es um die Industrie 4.0 in Deutschland steht.
Fabrikarbeit 2025 ist einfach, fast wie Malen nach Zahlen. Industrie 4.0 heißt das Versprechen, nicht weniger als die vierte industrielle Revolution. In angelsächsischen Ländern heißt es Internet der Dinge. Vernetzung und intelligente Gegenstände sollen uns helfen – oder ersetzen.
Die Revolution hat 2015 längst begonnen. Bei Bosch erproben Ingenieure und Arbeiter bereits die Zukunft. Der Konzern will wettbewerbsfähiger werden im Hochlohnland Deutschland. Wer fünf Sekunden im Produktionsschritt gewinnt, wer doch Extrawünsche erfüllt und weniger Ausschuss liefert, spart Millionen. Wer sich mit Lieferanten und Kunden vernetzt, wird schneller und sichert den Platz in der Wertschöpfungskette.
Mensch und Maschine konkurrieren demnach nicht um Arbeit. Sie können ziemlich beste Freunde werden. Allerdings in einer anderen Arbeitswelt. 2025 werden viele Jobs kaum wiederzuerkennen sein. Alles anders heißt aber nicht alles schlechter. Wilhelm Bauer, Chef des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO), sagt: „Dabei gibt es Gewinner und Verlierer. Es ist nicht schlimm, wenn es Verlierer gibt, solange es ausreichend Gewinner gibt.“ Er schwärmt von „neuen Geschäftsmodellen und neuer Wertschöpfung“ und meint Firmen wie Taxikonkurrent Uber, Technologien wie den 3-D-Drucker oder Plattformen im Internet, über die Geistesarbeiter ihre Dienste anbieten und sich zu immer neuen Teams auf Zeit zusammenfinden.
Zwar sind die Gewerkschaften ob der absehbaren Veränderungen alarmiert. Zwar warnt Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), Menschen, für die das Digitale Neuland bleibe, würden abgehängt. Doch glaubt Arbeitsforscher Bauer, Zeit fürs Zaudern gebe es nicht: „Wenn wir weiter der Ausrüster der Welt sein wollen, müssen wir vorangehen.“
Die US-Ökonomen Erik Brynjolfsson und Andrew McAfee argumentieren im viel beachteten Buch „Das zweite Maschinenzeitalter“: Lernende Technik lässt die Wirtschaft wachsen, ist aber harte Konkurrenz für Arbeitnehmer, die sich durch Qualifikation geschützt fühlen. Es geht nicht um Hilfsjobs, sondern um Facharbeiter und Akademiker bis hin ins mittlere Management.