Das Internet-Portal TorBoox ist der Albtraum für deutscher Verleger und Buchhändler. Es bietet Tausende illegal kopierte E-Books an – vom neuesten Bestseller bis zum Klassiker. Und es findet immer mehr Abnehmer. Binnen sechs Monaten sollen sich die Downloadzahlen verdoppelt haben. Eigenen Angaben zufolge laden Nutzer täglich bis zu 100.000 elektronische Bücher von der deutschsprachigen Seite herunter, längst ist TorBoox der bedeutendste Raubkopierer für deutschsprachige E-Books. Mittlerweile kann er kann es sich inzwischen sogar leisten, von seinen Nutzern zehn Euro im Vierteljahr zu fordern.
Deshalb haben Verleger und Buchhändler die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) eingeschaltet. Sie hatte 2011 Kino.to ausgehoben, damals Deutschlands beliebtestes Raubkopierportal für Kinofilme.
Der Erfolg bringt TorBoox nun auf eine Idee, die die Buchbranche empört. Der Raubkopierer will die Verleger jetzt zur Kooperation drängen. „Wir betrachten uns als eine Art Startup“, teilt der TorBoox-Betreiber mit, der sich Spiegelbest nennt. „Für die Verlage ist eine Plattform wie unsere, ein Flatrate-Angebot für E-Books, überlebensnotwendig. Wir wollen die Verlage zu einer Allianz zwingen.“ Schließlich habe man einen gemeinsamen Gegner: den Internet-Händler Amazon, die Nummer eins im legalen E-Book-Geschäft. Der Raubkopierer stellt allerdings eine Bedingung: „Ich lese, dass ich mit Anzeigen überzogen werde. Das muss alles aus der Welt geschafft werden. Wenn die Verlage uns nicht legal machen, bleiben wir illegal.“
Der Hauptgeschäftsführer vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels, Alexander Skipis, weist das unmoralische Angebot zurück. „Das ist ausschließlich eine kriminelle Veranstaltung. Die Plattform nutzt Rechtsbruch zur Erpressung, das ist kein Weg in einem Rechtsstaat“, sagt der Vertreter von Verlagen und Händlern. Seine Branche habe von der Musik- und Filmindustrie gelernt, sei innovativer und habe digitale Bücher schon angeboten, bevor eine Nachfrage existiert habe. Tatsächlich gibt es bereits Flatrate-Angebote der Verlage wie Skoobe.de. Doch ist deren Auswahl noch begrenzt. Laut Spiegelbest könne nur ein umfassendes Flatrate-Angebot – ein Spotify für E-Books – das illegale Angebot eindämmen, weil es dadurch überflüssig werde.
Torboox ist nicht Kino.to
Den Betreiber von TorBoox zu enttarnen dürfte derweil schwieriger sein als bei Kino.to. Denn anders als auf Raubkopierseiten üblich gibt es bei TorBoox keine Werbung. Über sie könnte die GVU den Hintermännern leichter auf die Spur kommen. „Die Website ist außerdem im rechtsfreien Ausland gehostet, ein Knotenpunkt ist die Ukraine“, sagt GVU-Chef Matthias Leonardy und geißelt das Vorgehen von TorBoox als Mafiamethode und Schutzgeldmentalität.
Spiegelbest zweigt nach eigenen Angaben vom Umsatz nichts für sich persönlich ab, „um nicht die rote Linie zur Gewerbstätigkeit zu übertreten“. Dann drohen härtere Strafen. Auch kennten sich Mitarbeiter untereinander nicht. Die Betreiber von Kino.to seien extrem unvorsichtig gewesen, bei TorBoox sei man dagegen geradezu paranoid. Gleichzeitig prahlt Spiegelbest in seinem Blog mit 38.000 verfügbaren Buchtiteln, zwei Millionen monatlichen Downloads und schreckt selbst vor politischer Kritik nicht zurück: „Die Wähler der Politiker – selbst ihre Söhne und Töchter, ihre Sekretärinnen und Praktikanten – downloaden massenhaft. Ich spreche von der Wirklichkeit, die den Gesetzen enteilt ist und fordere im Wesen eine Reform.“
Die GVU sieht darin eine ausgeprägte „Geltungsbedürftigkeit“, die den Betreiber irgendwann einen Fehler machen lasse. „Die Szene ist zudem kleiner als man denkt“, sagt Leonardy. Am Ende müsse nur irgendein Kooperationspartner plaudern, und schon gebe es eine Spur.
Börsenvereins-Geschäftsführer Skipis hofft unterdessen auf die Konkurrenzfähigkeit der legalen Angebote. Umfragen haben laut Börsenverein ergeben, dass 76 Prozent der deutschen E-Book-Leser mit den aktuellen legalen Produkten zufrieden sind.