TorBoox Illegales E-Book-Portal will Verleger zu Allianz zwingen

Das Internetportal TorBoox, das massenhaft illegal kopierte deutschsprachige E-Books vertreibt, will Deutschlands Verleger zu einer Allianz drängen.

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Lieblingsbücher to go - darauf müssen Sie achten
Elektronische Bücher sind in Deutschland noch ein Nischenmarkt - und das wird laut Buchhandel auch noch eine Weile so bleiben. Der Umsatz hatte im vergangenen Jahr einen Anteil von einem Prozent am Gesamtumsatz, bis 2015 soll er auf gerade mal 3,5 Prozent steigen. Dabei haben elektronische Bücher vor allem für Reisende und Leute mit wenig Platz einen großen Vorteil: In ein kleines Lesegerät passen so viele davon wie sonst in ein ganzes Regal. Quelle: dpa
Wie lassen sich elektronische Bücher lesen?Es gibt Geräte, die nur dazu dienen, elektronische Bücher zu lesen: E-Book-Reader (etwa das Amazon Kindle, siehe Foto). Daneben lassen sich zu diesem Zweck auch herkömmliche Computer, Laptops und Smartphones nutzen. Als größter Konkurrent für die E-Book-Reader gelten Tabletcomputer wie das iPad von Apple. Quelle: dpa
Was sind die Unterschiede zwischen den Geräten?Die meisten E-Reader haben einen unbeleuchteten Schwarz-Weiß-Bildschirm. Im Dunklen braucht der Nutzer somit eine Leselampe. Dafür sind die Texte auch bei Sonnenlicht gut lesbar. Die Augen haben fast den Eindruck, sie läsen von Papier. Aber auch Tablet-Hersteller bauen neue Geräte mit höherer Auflösung und machen Lesen damit augenfreundlicher. Tablets bieten zudem mehr multimediale Anwendungen. Dafür aber ist im Sonnenlicht auf ihrem Bildschirm kaum etwas zu sehen. Auch die Akkulaufzeit ist deutlich kürzer. Quelle: dpa
Wie groß ist das Angebot an Lesestoff?Laut Börsenverein des Deutschen Buchhandels vertreibt rund die Hälfte aller Verlage in Deutschland E-Bücher, Tendenz steigend. 42 Prozent der neuen Bücher erscheinen bei diesen Verlagen auch als E-Book, der Anteil der bereits erschienen Werke liegt demnach bei 30 Prozent. Das Angebot elektronischer englischsprachiger Literatur ist um ein Vielfaches größer. Quelle: dapd
Wie kommen die Texte aufs Endgerät?Die Texte gelangen über das Internet auf die Geräte. Teilweise verfügen sie dafür über drahtlose Internetzugänge per WLAN oder über mobiles Internet per Handynetz. Bei einigen Geräten ist ein Umweg über den Computer notwendig: Nutzer müssen dann die Inhalte aus dem Internet auf den Rechner laden und sie anschließend auf das Lesegerät übertragen. Quelle: dapd
Wie viel kostet das E-Buch-Lesen?Zunächst einmal fallen die Kosten für das Gerät an. Die Preisspanne bei E-Readern liegt zwischen 80 und 200 Euro. Tablet-Computer sind meist für 250 bis 800 Euro zu haben, können dafür aber deutlich mehr. Beim Lesestoff gilt laut Börsenverein des Deutschen Buchhandels in Deutschland bei neueren E-Büchern die Buchpreis-Bindung. Das heißt, E-Books kosten überall gleich viel. In den USA etwa ist das anders, weswegen ein Preiskampf zwischen den Anbietern herrscht. Es gibt auch kostenlose Bücher im Netz, etwa auf der Webseite gutenberg.org. Quelle: Reuters
Sind alle Inhalte auf allen Endgeräten zu lesen?Nein. Die Texte liegen in bestimmten Formaten vor. Hier haben sich mit PDF und EPUB zwei Versionen durchgesetzt, die von fast allen Geräten verstanden werden. Größere Probleme bereitet der Kopierschutz, mit dem zahlreiche E-Books versehen sind. Apple und Amazon, die sowohl Lesegeräte als auch digitale Bücher verkaufen, verwenden jeweils einen Kopierschutz, der nur auf den eigenen Geräten läuft. Amazon stellt noch ein Programm zur Entschlüsselung für andere Geräte zur Verfügung. Quelle: AP

Das Internet-Portal TorBoox ist der Albtraum für deutscher Verleger und Buchhändler. Es bietet Tausende illegal kopierte E-Books an – vom neuesten Bestseller bis zum Klassiker. Und es findet immer mehr Abnehmer. Binnen sechs Monaten sollen sich die Downloadzahlen verdoppelt haben. Eigenen Angaben zufolge laden Nutzer täglich bis zu 100.000 elektronische Bücher von der deutsch­sprachigen Seite herunter, längst ist TorBoox der bedeutendste Raubkopierer für deutschsprachige E-Books. Mittlerweile kann er kann es sich inzwischen sogar leisten, von seinen Nutzern zehn Euro im Vierteljahr zu fordern.

Deshalb haben Verleger und Buchhändler die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) eingeschaltet. Sie hatte 2011 Kino.to ausgehoben, damals Deutschlands beliebtestes Raubkopierportal für Kinofilme.

Der Erfolg bringt TorBoox nun auf eine Idee, die die Buchbranche empört. Der Raubkopierer will die Verleger jetzt zur Kooperation drängen. „Wir betrachten uns als eine Art Startup“, teilt der TorBoox-Betreiber mit, der sich Spiegelbest nennt. „Für die Verlage ist eine Plattform wie unsere, ein Flatrate-Angebot für E-Books, überlebensnotwendig. Wir wollen die Verlage zu einer Allianz zwingen.“ Schließlich habe man einen gemeinsamen Gegner: den Internet-Händler Amazon, die Nummer eins im legalen E-Book-Geschäft. Der Raubkopierer stellt allerdings eine Bedingung: „Ich lese, dass ich mit Anzeigen überzogen werde. Das muss alles aus der Welt geschafft werden. Wenn die Verlage uns nicht legal machen, bleiben wir illegal.“

Der Hauptgeschäftsführer vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels, Alexander Skipis, weist das unmoralische Angebot zurück. „Das ist ausschließlich eine kriminelle Veranstaltung. Die Plattform nutzt Rechtsbruch zur Erpressung, das ist kein Weg in einem Rechtsstaat“, sagt der Vertreter von Verlagen und Händlern. Seine Branche habe von der Musik- und Filmindustrie gelernt, sei innovativer und habe digitale Bücher schon angeboten, bevor eine Nachfrage existiert habe. Tatsächlich gibt es bereits Flatrate-Angebote der Verlage wie Skoobe.de. Doch ist deren Auswahl noch begrenzt. Laut Spiegelbest könne nur ein umfassendes Flatrate-Angebot – ein Spotify für E-Books – das illegale Angebot eindämmen, weil es dadurch überflüssig werde.

Torboox ist nicht Kino.to

Den Betreiber von TorBoox zu enttarnen dürfte derweil schwieriger sein als bei Kino.to. Denn anders als auf Raubkopierseiten üblich gibt es bei TorBoox keine Werbung. Über sie könnte die GVU den Hintermännern leichter auf die Spur kommen. „Die Website ist außerdem im rechtsfreien Ausland gehostet, ein Knotenpunkt ist die Ukraine“, sagt GVU-Chef ­Matthias Leonardy und geißelt das Vorgehen von TorBoox als Mafiamethode und Schutzgeldmentalität.

Spiegelbest zweigt nach eigenen Angaben vom Umsatz nichts für sich persönlich ab, „um nicht die rote Linie zur Gewerbstätigkeit zu übertreten“. Dann drohen härtere Strafen. Auch kennten sich Mitarbeiter untereinander nicht. Die Betreiber von Kino.to seien extrem unvorsichtig gewesen, bei TorBoox sei man dagegen geradezu paranoid. Gleichzeitig prahlt Spiegelbest in seinem Blog mit 38.000 verfügbaren Buchtiteln, zwei Millionen monatlichen Downloads und schreckt selbst vor politischer Kritik nicht zurück: „Die Wähler der Politiker – selbst ihre Söhne und Töchter, ihre Sekretärinnen und Praktikanten – downloaden massenhaft. Ich spreche von der Wirklichkeit, die den Gesetzen enteilt ist und fordere im Wesen eine Reform.

Die GVU sieht darin eine ausgeprägte „Geltungsbedürftigkeit“, die den Betreiber irgendwann einen Fehler machen lasse. „Die Szene ist zudem kleiner als man denkt“, sagt Leonardy. Am Ende müsse nur irgendein Kooperationspartner plaudern, und schon gebe es eine Spur.

Börsenvereins-Geschäftsführer Skipis hofft unterdessen auf die Konkurrenzfähigkeit der legalen Angebote. Umfragen haben laut Börsenverein ergeben, dass 76 Prozent der deutschen E-Book-Leser mit den aktuellen legalen Produkten zufrieden sind.

Bücher, Musik oder Filme als E-Book oder MP3-Datei lassen sich bisher kaum legal weitergeben oder verschenken. Nun aber starten erste Anbieter den digitalen Zweitmarkt.
von Oliver Voß
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