Alternative zum Container-Frachter Freiwillige bauen Segel-Transportschiff für Öko-Waren

In Elsfleth bei Bremen baut ein Freiwilligen-Team einen Segler um, um das Zeitalter der Öko-Schifffahrt einzuläuten.

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Die Freiwilligen vor der Avontuur. (Foto: privat)

T-Shirts "made in Bangladesh" in den Kleiderschränken, iPhones in den Hosentaschen, das entgrätete Lachsfilet zum Abendessen - etwa 90 Prozent von dem, was wir konsumieren, kommt per Schiff zu uns.

Die Frachter der Reederei-Giganten Mærsk oder MSC etwa sind mehr als vier Fußballfelder lang und können bis zu 19.000 Container fassen. Es ist dieses Containerprinzip, das die Schifffahrt zur Schlagader des globalen Handels macht: An Deck lassen sich die Container praktisch stapeln und kein Platz wird verschwendet. Bei Ankunft verladen Riesenkränen die Container gleich auf LKW.

Die Motoren der Riesenschiffe geben sich außerdem mit billigstem und deshalb dreckigstem Schweröl zufrieden. Auch das garantiert einen günstigen Transport - in Zeiten des niedrigen Ölpreises umso mehr.

Für die Umwelt ist das weniger erfreulich: Die größten 20 Frachter emittieren so viel Schadstoffe wie die insgesamt eine Milliarde Autos, die es auf der Welt gibt. Nicht genug: Die Schifffahrt stößt doppelt so viel klimaschädliches CO2 aus wie der gesamt globale Luftverkehr.

Mehr als 150 Freiwillige arbeiten an Alternativen

Ein Gegenentwurf zum herkömmlichen Containerschiff entsteht zurzeit in dem Ort Elsfleth bei Bremen: Die "Avontuur" soll Waren vollkommen emissionsfrei verschiffen - unter Segeln.

Hinter dem Projekt steht Cornelius Bockermann, der zuvor viele Jahre als Kapitän über die Weltmeere fuhr. Aus dieser Zeit weiß er um die Umweltkatastrophe Riesenschifffahrt. Doch irgendwann wollte Bockermann nicht mehr mitmachen. Nach einer Auszeit gründete er die Firma "Timbercoast", mit der er seine Idee einer nachhaltigen Schifffahrt nun verwirklichen möchte.

Cornelius Bockermann will auf seinem Segler Waren ohne schlechtes Gewissen transportieren. (Foto: Zaremba)

Den Startschuss gab der Kauf der Avontuur (Abenteuer auf Niederländisch), einem etwa 100-jährigen Segelschiff. Bockermann fand sie, nach langer Suche, im holländischen Groningen und kaufte sie für knapp 200.000 Euro. In der Werft von Elsfleth bei Bremen wird sie von Bockermanns Team schon seit einem Jahr auf Vordermann gebracht.

Bockermanns Team, das sind freiwillige Helfer aus der ganzen Welt - aus Deutschland, Kolumbien, Hongkong und 23 weiteren Ländern. Mehr als 150 Volontäre haben schon mitgemacht. Ihre Devise ist, möglichst viele Sachen selbst zu machen: Sie haben den Rumpf erneuert, den Schiffsbauch renoviert und die Masten aufgestellt.

Bockermann stellt seinen Helfern Kost und Logis. Außerdem gibt es für jeden Tag, den jemand an Land mitgeholfen hat, einen Tag Segelschule an Bord der Avontuur.

Nur ökologische Waren an Bord

Bald schon soll es losgehen. Da Bockermann sich langfristig in Australien niederlassen möchte, wird die Avontuur später im Pazifik fahren. Die Testfahrt jedoch führt sie nun von Elsfleth aus nach Brest, Bordeaux und Porto. In Brest kommt nachhaltiger Wein an Bord. In Porto warten Bio-Öl und Portwein. Die Crew der Avontuur will nur ökologisch erzeugte Produkte befördern.

70 Tonnen Ladung fasst die Avontuur - sehr wenig also im Vergleich zu den riesigen Container-Schiffen. Glaubt Kapitän Bockermann wirklich, Reederei-Giganten wie dem Mærsk-Konzern das Wasser abgraben zu können? "All unsere Waren fahren zu Billigstpreisen über die Meere, und alle wollen immer noch mehr Waren haben. Das ökologische Desaster dahinter ignorieren wir einfach", kritisiert er.

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