Langzeit-Energiespeicherung Power-to-Gas und Biomasse sollen es gemeinsam richten

Wissenschaftler wollen Power-to-Gas und Biomasse kombinieren. Das soll die Stromproduktion effizienter und die Speicherung von Energie einfacher machen.

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Das Hessische Biogasforschungszentrum in Bad Hersfeld: Ab Herbst wird hier eine neue Anlage gebaut, die Power-to-Gas integriert. (Foto: Fraunhofer IWES/Volker Beushausen)

Als die ersten Landwirte in den 80er-Jahren anfingen, aus Gülle Energie zu erzeugen, galt die Biogastechnologie als bahnbrechend. Aus einem unansehnlichen Abfallprodukt Strom zu erzeugen, das war revolutionär. Dass dabei neben dem brennbaren Methan auch Kohlendioxid entsteht, war damals erst einmal egal – denn es bleibt dem natürlichen Kohlenstoff-Kreislauf ja erhalten.

Rund 30 Jahre später steht dem Biogas-Nebenprodukt eine zweite Karriere bevor: Das Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) testet, wie sich das CO2 im ganz großen Stil weiterverwenden lässt – und zwar in Power-to-Gas-(PtG)-Anlagen.

In Kürze beginnen die Bauarbeiten zu einer großen Demonstrationsanlage in Hessen, die zeigen soll, wie sich beide Techniken kostengünstig und effizient verbinden lassen. Damit wollen die Forscher das Problem der Langzeitspeicherung für die schwankende Erzeugung von Wind- und Solarenergie lösen.

Vom Labor in den Regelbetrieb

Power-to-Gas gilt als Hoffnungstechnologie. Liefern Sonne und Wind mehr Strom als verbraucht wird, kann mit diesem Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten werden. Doch Wasserstoff lässt sich nur zu einem kleinen Teil ins Erdgasnetz einspeisen. Um das Problem zu lösen, muss der Wasserstoff mit CO2 zu Methan reagieren - doch das ist bislang teuer. Denn noch gibt es kein Geld dafür, CO2 aus der Atmosphäre einzufangen. Und der Vorgang ist aufwendig.

Das genau entgegengesetzte Problem haben Betreiber von Biogasanlagen: Den hohen Kohlendioxid-Anteil von brennbarem Methan abzutrennen ebenfalls teuer und aufwendig. Insbesondere viele kleine der 8.000 Betriebe in Deutschland verzichten deswegen darauf und emittieren das CO2 so wieder. Das gelangt dann in die Atmosphäre und verstärkt den Treibhauseffekt.

Das IWES-Team will deshalb beide Verfahren zusammenführen - und nutzt dazu die Direktmethanisierung. Bei dieser Methode wird das Biogas mit seinem hohen CO2-Anteil direkt in der Methanisierung des Wasserstoffs eingesetzt – ohne umständliche Umwege. Dass das technisch möglich ist, haben die IWES-Wissenschaftler bereits nachgewiesen.

Auf dieser Basis hat das IWES das neue Methanisierungsverfahren und einen Laborreaktor mit einer Leistung von rund 4 Kilowatt entwickelt, der sich insbesondere für den dynamischen Betrieb eignet.

Sämtliche Ergebnisse dieser Tests finden nun Eingang in die neue Realgasanlage, die ab Herbst im Hessischen Biogasforschungszentrum in Bad Hersfeld gebaut wird. Die Power-to-Gas-Technik wird in die dort vorhandene Versuchsbiogasanlage integriert.

Neue Geschäftsmodelle für Landwirte

Im Sommer 2017 soll der Bau fertig sein und dann in einen 15-monatigen Testbetrieb starten. Läuft alles nach Plan, könnte die neue Anlage eine Elektrolyseleistung von 50 Kilowatt erreichen – und Vorbild sein für eine weitere Anlage, die zehnmal größer sein soll.

Das vom Fraunhofer IWES entwickelte Methanisierungsverfahren ist im Labor bereits erfolgreich getestet worden. (Foto: Fraunhofer IWES /Michael Bokelmann)

„Dafür sind dann Standorte interessant, die auf Grund der vorhandenen Infrastruktur, der Genehmigungssituation und des Betriebs besonders günstige Bedingungen aufweisen“, sagt Jochen Bard, Bereichsleiter Energieverfahrenstechnik am Fraunhofer IWES. Die Direktmethanisierung in einem landwirtschaftlichen Betrieb umzusetzen und zu demonstrieren, sei dann der finale Schritt vor der Kommerzialisierung.

Für die Betreiber von Biogasanlagen würde sich die neue Technik auszahlen: „Durch die Direktmethanisierung des CO2 ergeben sich perspektivisch – bei geeigneten Marktmechanismen – neue Geschäftsmodelle für landwirtschaftliche Biogasanlagen“, sagt Dr. Bernd Krautkremer, Abteilungsleiter Bioenergie-Systemtechnik.

Um sich an die neuen Absatzbedingungen auf dem Energiemarkt anzupassen, hätten die Betreiber die Möglichkeit, ihre Biogasanlagen durch eine PtG-Anlage zu optimieren und zu flexibilisieren. „Damit tragen sie zur Versorgungssicherheit und zur Wertschöpfung ländlicher Regionen bei.“

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