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Interview mit Jorgen Randers"Der Westen sollte China kopieren"

Die Einparteiendiktatur in China wird den Klimawandel in den Griff bekommen - nicht die westlichen Demokratien. Der Club of Rome wagt eine gewagte These in seiner Studie "2052". Autor Jorgen Randers verteidigt sie.Miguel Zamorano 08.05.2012 - 10:09 Uhr

Auto Jorgen Randers sieht die Chinesen im Jahr 2052 deutlich näher an der Klimarettung als die Westmächte. Grund dafür ist unter anderem die effizientere Regierung.

Foto: REUTERS

Der einflussreiche Club of Rome hat eine Prognose für das Jahr 2052 veröffentlicht. Das Buch 2052: A Global Forecast for the Next Forty Year hat der norwegische Wissenschaftler Jorgen Randers verfasst. WirtschaftsWoche Online hat den Autor der Studie interviewt.

WirtschaftsWoche Online: Wie sieht die Welt im Jahr 2052 aus?
Jorgen Randers: Die Welt ist auf dem sicheren Weg des Klimakollaps. Wenn sich nichts ändert, werden die CO2-Emissionen weiter in die Höhe gehen und die Temperatur um das Jahr 2052 um weitere +2° Celsius gewachsen sein. Das wird den Klimawandel weiter verstärken. Es sieht nicht gut aus.

Welche Gründe sehen sie dafür?
Der Grund ist die Kurzsichtigkeit der politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen, vor allem in den kapitalistischen Demokratien des Westens. Viele Entscheidungsträger denken kurzfristig und übersehen die langfristigen Konsequenzen ihrer Handlungen.

Was genau meinen sie damit?
Ich verstehe darunter die Grundbestimmungen des westlichen Entwicklungsmodels: Das „Decision-Making“ in vielen Bereichen ist an kurzfristigen Gratifikationsmodellen gebunden – in der Wirtschaft an dem Profit, in der Politik die nächste Wahl. So kann man zwar in kurzen Zeiträumen Erfolg haben, das wird aber den Klimakollaps nicht stoppen.

Zum ersten Mal in China? Dann überraschen Sie Ihren Geschäftspartner mit einem kurzen "Ni hao", also: "Guten Tag".

Foto: REUTERS

Sie kennen Ihren Gegenüber noch gar nicht? Dann fragen Sie Ihn höflich: "Nin gui xing?", "Wie heißen Sie?".

Foto: AP

Wenn Ihr Gegenüber ihnen seine "Ming pian" anbietet, so meint er die "Visitenkarte".

Foto: Fotolia

Sollte Sie jemand nach dem "Lao ban" fragen, dann meint er den "Chef".

Foto: dapd

Ob inner- oder außerbetrieblich, die "Jing jeng", zu Deutsch "Konkurrenz", ist auch den Chinesen wohlbekannt.

Foto: REUTERS

Bei Verträgen ist Ihre "Qian ming", die "Unterschrift", unerlässlich.

Foto: AP

Falls Ihr Gegenüber Sie zum "Shang wu can" einlädt, dann meint er damit das "Geschäftsessen".

Foto: WirtschaftsWoche

Ein Wort, was auch in chinesischen Unternehmen immer groß geschrieben wird: "Zhi liang" - die "Qualität".

Foto: dapd

Ein "Joint Venture" bezeichnet man als "Hezi qiye".

Foto: REUTERS

Sollten Sie in China ein "Ban gong shi" aufsuchen müssen, so ist das "Büro" gemeint.

Foto: REUTERS

Das Kompliment "Shanghai shi yi ge hen youyisi de chengshi", was soviel bedeutet wie: "Shanghai ist eine imponierende Stadt" dürfte ihrem Gastgeber sicherlich ein Lächeln entlocken.

Foto: REUTERS

Welche Lösungen schlagen sie vor?
Die Politik muss die Kapitalströme weg von der reinen Rentabilität in die Bereiche lenken, die wirklich wichtig sind.

Zum Beispiel?
Zum Beispiel in dem Bereich grüne Energieträger und Energieeinsparung. Die Deutschen führen gerade vor, wie man das mit dem Ausbau der Windenergie macht. Doch das reicht nicht. Wir müssen Technologien entwickeln, die weniger Ressourcen nutzen. Außerdem müssen wir die Einkommensunterschiede abbauen. Doch vor dem zentralen Problem – die Kurzsichtigkeit von Entscheidungen – werden wir noch lange ratlos sein. Solange wir uns nicht zu mehr langfristigen und durchdachten Entscheidungen bewegen, werden wir das Problem der knappen Ressourcen nur am Rande lösen.

"In China werden bereits Elektroautos eingeführt, während der Westen darauf wartet, dass sie rentabel werden. Aber dann ist es vielleicht schon zu spät."

Foto: dpa

Gibt es denn Länder, die es besser machen als die westlichen Staaten?
Ja. China zum Beispiel. Der Staat verfügt dort mit seinem zentralen Regierungssystem über einen besseren Entscheidungsfindungsmechanismus. Regieren in China ist einfach effizienter.

China? Das müssen sie jetzt genauer erklären.
In China ist der Markt dazu da, politische Entscheidungen auszuführen, nicht umgekehrt. So können direkt wirtschaftliche, politische Probleme gelöst werden, stets mit langfristigen Lösungsansätzen. Die Chinesen sind sich der Ressourcenknappheit sehr wohl bewusst und führen jetzt schon elektrische Autos ein. Die Konsumenten im Westen werden hingegen darauf warten, bis die Autos rentabel genug sind. Vielleicht ist es dann aber schon zu spät. Westliche Staaten sind zwar zu einer Fehlerdiagnose fähig, aber schlicht nicht in der Lage diese Probleme zu lösen.

Sie übersehen aber, dass die Regierung in Peking in keinster Weise demokratischen Standards entspricht.
Das mag sein. Aber schauen wir auf eine große Demokratie im Westen: die USA. Das Problem der USA ist heute nicht die Ressourcenknappheit, sondern schlicht die Unfähigkeit des politischen Systems, weitereichende Entscheidungen zu treffen. Dort stehen sich zwei tief verfeindete Blöcke gegenüber und sind schlicht nicht in der Lage gemeinsam zu regieren. Die Chinesen schauen mit Horror auf dieses System der Stagnation.

Werden die Chinesen also die Probleme der Zukunft lösen?
Ich sage ganz klar: Die chinesische Regierung wird das Problem des Klimawandels in den Griff bekommen, nicht die westlichen Demokratien. Die Chinesen sind auf dem Weg, gehen den Klimawandel aktiv an und bekämpfen gleichzeitig die Armut in ihrem Land. Beides parallel und effizient. Die westlichen Gesellschaften haben fünfzig Jahre gebraucht, Wohlstand zu schaffen. Und beginnen erst jetzt sich mit den Folgen von Umweltzerstörung auseinanderzusetzen.

Zu welchen Lösungen raten sie also?
Erstens, nur die reichen Länder werden in der Lage sein, die Kapitalflüsse umzuleiten, nicht die armen. Diese sind damit mit Grundlegendem beschäftigt: mit Armutsbekämpfung. Zweitens: Wer als Individuum was machen möchte, kann bereits jetzt sehr private Entscheidungen treffen, die hilfreich sind: Elektroautos kaufen, Wohnungen und Häuser dämmen, weniger Öl und Gas konsumieren…

Und drittens: Wer was bewirken möchte, der muss für eine starke Regierung eintreten. Eine Regierung, die kurzfristige Investitionen in langfristige Projekte umleiten kann und grundlegende Probleme nicht nur erkennt, sondern auch löst. Es wäre nicht nur zu unserem Vorteil, sondern auch zum Vorteil unserer Kinder und Kindeskinder.

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