Zum Tode Karl Albrechts Der stille Milliardär

Der reichste Deutsche ist tot: Aldi-Mitgründer Karl Albrecht verstarb im Alter von 94 Jahren. Sein Tod wird kaum Auswirkungen auf das Unternehmen haben - doch Albrecht hat den Einzelhandel für immer verändert.

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Karl Albrecht Quelle: Foto Aldi Süd/dpa

Anfang April hatte der malerisch gelegene Öschberghof wieder mal hohen Besuch: Karl Albrecht hatte sich zum jährlichen Familientreffen angekündigt. Chauffiert, so jedenfalls wird berichtet, wurde der 94-jährige Patriarch von seinem vertrauten Fahrer im S-Klasse-Mercedes mit langem Radstand, aber sparsamen Dieselmotor. Der seit 2013 verwitwete Multi-Milliardär wohnte wie immer abgeschirmt in einer Villa, die mit einem Tunnel mit dem Öschberghof verbunden sein soll. Der Öschberghof wiederum, ein Wellnesshotel mit 27-Loch-Golfanlage in der Nähe von Donauschingen, gehört zum Immobilienbestand des Aldi-Mitgründers.

Vermögen von 18 Milliarden Euro

Im Schlepptau bei diesen Treffen hatte Karl Albrecht seine engsten Familienmitglieder. Den kinderlosen Sohn Karl junior (66), die Tochter Beate Heister (62) mit ihrem Ehemann Peter Heister (66) und deren Kinder, allen voran Peter Max Heister, der als neuer Hoffnungsträger im Albrecht-Clan gilt. Mehr noch als Karl junior bestimmen die Heisters schon seit längerem über die Stiftungen des Vaters die Geschicke und das beträchtliche Vermögen des Billig-Konzerns. Auf 18 Milliarden Euro wird allein der Teil geschätzt, den Karl Albrecht aufgebaut hat, sprich Aldi Süd.

Wann immer diese Ranglisten über die vermögendsten Deutschen publiziert werden, steht der Gewinner eigentlich schon vorher fest: Aldi-Süd-Patron Karl Albrecht führt die Reichenriege regelmäßig an. Auf den Plätzen folgen mit Lidl-Gründer Dieter Schwarz und der Familie des verstorbenen Aldi-Nord-Gründers Theo Albrecht ebenfalls Discounter. Wie hoch ihre Vermögen exakt ausfallen - und welche Beträge alljährlich hinzukommen -, ist indes eher Glaubensfrage als lösbare Gleichung.

Der Tod des Aldi-Mitgründers dürfte kaum Auswirkungen auf das Unternehmen haben. Schon seit Jahrzehnten steuerte er nicht mehr die Geschicke des Unternehmens. Sein Erbe ist geregelt, und auch im operativen Geschäft wird sich auf absehbare Zeit wenig ändern, zumal die Unternehmensstruktur per Stiftungskonstruktion in Stein gemeißelt scheint.

Das Unternehmen teilt dazu mit: „Karl Albrecht blieb dem Unternehmen bis zu seinem 75. Lebensjahr in verantwortlicher Stellung verbunden, zog sich danach zurück und begleitete bis wenige Tage vor seinem Tod die Unternehmensgeschicke aufmerksam und wohlwollend. Bereits im Jahre 1973 schuf Karl Albrecht die Voraussetzungen für eine unternehmerische Kontinuität über seinen Tod hinaus: Das Vermögen der Unternehmensgruppe Aldi Süd wird von zwei Stiftungen kontrolliert, die eine erfolgreiche Fortführung seines Lebenswerks gewährleisten. Durch eine stets ausreichende Ertragslage konnte die Unabhängigkeit bewahrt werden; wir sehen es als ein Vermächtnis an, dies auch zukünftig zu gewährleisten.“

Wenig Informationen

Karl Albrecht wurde am 20. Februar 1920 in Essen als Sohn eines Bergarbeiters und gelernten Bäckers geboren. Das Munzinger-Archiv merkt dazu an: „Der Geburtsort und das Geburtsdatum ist, wie viele andere Informationen aus dem persönlichen Leben Albrechts, nicht bestätigt“.

Der Vater muss wegen einer Staublunge die Arbeit im Bergbau aufgeben und eine schlecht bezahlte Arbeit in einer Brotfabrik annehmen, die Mutter eröffnet daraufhin im Essener Bergarbeitervorort Schonebeck einen kleinen Lebensmittelladen, um die Familie über Wasser zu halten.

Die Geschichte des Preiskönigs Aldi
Am 10. April 1913 eröffnete Karl Albrecht sen. in der Essener Huestraße 89 einen Tante-Emma-Laden. Im Sortiment die Dinge des täglichen Bedarfs wie Mehl, Zucker und Brot. Und diese erste Filiale steht bis heute - wenn auch mit einem größeren Angebot. Quelle: Gemeinfrei
Den heutigen Namen bekam der Discounter von den Albrecht-Söhnen Karl († 94) und Theo († 88), die das Geschäft ihres Vaters nach Kriegsende ausbauten. Wegen ihres Preiskonzepts nannten sie die 30 Filialen "Albrecht Discount" - kurz Aldi. Quelle: dpa
Die ersten Geschäfte der Albrecht-Brüder waren klein und im Stile eines Tante-Emma eingerichtet. Die Konkurrenzen durch Supermärkte zwang die Unternehmer zu Beginn der 1960er-Jahre zum Umdenken. Sie setzten zunehmend auf eine Niedrigpreis-Strategie. Um Kosten zu sparen, wurden in den Filialen zum Beispiel keine verderbliche Frischwaren mehr angeboten. Auch an der Einrichtung der Filialen und dem Personal wurde stark gespart. Quelle: AP
Um sich nicht in die Quere zu kommen, teilten die Aldi-Brüder ihr Geschäft in Nord (Theo) und Süd (Karl) auf. Nur in Gummersbach und Siegen gibt es Filialen von Aldi Nord und Aldi Süd. Quelle: Creative Commons
Aldi gehört heute zu den bekanntesten Marken Deutschland. Jeder dritte Deutsche kauft regelmäßig dort ein. Quelle: dpa
Bundesweit erreicht Aldi einen Umsatz von mehr als 26 Milliarden Euro. Außerdem gehört der Discounter zu Deutschlands zehn größten Textilhändlern. Quelle: dpa
Jedes sechste in Deutschland verkaufte Stück Obst kommt aus den Regalen von Aldi. Quelle: dpa

Nach dem Besuch der Mittelschule absolviert Karl eine Lehre in dem angesehenen Essener Feinkostgeschäft Weiler, sein Bruder Theo erhält seine Ausbildung im mütterlichen Geschäft. Beide Brüder nehmen als Soldaten am Zweiten Weltkrieg teil. Während des Ostfeldzugs soll Karl Albrecht verwundet worden sein.

1946 übernehmen die Brüder das im Krieg unbeschädigt gebliebene Lebensmittelgeschäft ihrer Mutter Anna und bauen nach und nach eine kleine Ladenkette auf, die bereits 1950 13 Lebensmittelgeschäfte alten Stils umfasst und deren Filialen sich 1955 auf das ganze Ruhrgebiet ausdehnen. In den Jahren danach wagen sich die geschäftstüchtigen Jungunternehmer dann an eine Vertriebsform heran, die später unter dem Schlagwort „Discount“ berühmt, ja sogar weltberühmt, wird. Sie zeichnet sich durch ein straff geführtes Sortiment sowie durch weitgehenden Verzicht auf Dekoration, Werbung und aufwendige Ladeneinrichtungen aus.

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