Finanzkrise Londoner Hedgefonds zahlen Zeche für Lehman-Pleite

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Acht Milliarden Dollar hat Lehman kurz vor seinem Zusammenbruch aus London erhalten. Der Hedgefonds Bay Harbour Management prangert in einer Klageschrift an, dass das von ihm deponierte Kapital aus London abgesaugt und in die USA transferiert worden sei. Es klagen auch der Hedgefonds GLG, an dem die deutsche Privatbank Sal. Oppenheim beteiligt ist, ebenso Harbinger Capital Partners und eine Tochter der Fondsgesellschaft Schroders. Indirekt dürften auch deutsche Privatanleger betroffen sein: Versicherer und Pensionskassen investieren auch in Hedgefonds.

Dass die Kläger viel Geld sehen, ist eher unwahrscheinlich. Denn viele Hedgefonds haben Lehman per Unterschrift erlaubt, ihre Sicherheiten weiterzuverpfänden. Die Weiterverpfändung für eigene Geschäfte sei bei Depot-Verträgen von Brokern, die für Hedgefonds arbeiten (Prime Broker), eine Standardklausel gewesen, sagt Christoph Gleske, Partner bei der Wirtschaftskanzlei Freshfields in Frankfurt. „Wenn die Bank über Wertpapiere des Kunden verfügt und dann insolvent wird, kann der Kunde nur noch einen Schadensersatzanspruch geltend machen.

Hedgefonds müssen sich hinten anstellen

Mit diesem Anspruch wird er wie alle anderen unbesicherten Gläubiger der Bank behandelt“, so Gleske. Mit anderen Worten: Die Hedgefonds haben sich ihrem Broker ausgeliefert und müssen sich daher – ebenso wie die Privatanleger mit ihren Lehman-Zertifikaten – in der langen Schlange der Gläubiger hinten anstellen. Analysten schätzen, dass sie von jedem Pfund vielleicht nur 15 Pence wiedersehen.„Je mehr Sicherheiten weiterverpfändet wurden, desto größer werden die Verluste sein, weil diese Sicherheiten weg sind“, sagt Steven Pearson, Partner beim Wirtschaftsprüfer PricewaterhouseCoopers, dem Londoner Insolvenzverwalter von Lehman. Hedgefonds dürften ihr Geld nicht früher zurückbekommen als alle anderen Gläubiger auch, fügt Pearson hinzu.

Doch eine mehrmonatige Wartezeit werden viele Hedgefonds nicht überleben, warnt der Branchenverband Managed Funds Association und fordert die Bank von England mit drastischen Worten zum Eingreifen auf, „um die schnelle Freigabe der Kundengelder zu gewährleisten“. Mehrere Hedgefonds-Kunden von Lehman stünden am Rande des Zusammenbruchs. „Fonds ziehen bereits Kapital von den Prime Brokern ab, besonders von denen in Großbritannien“, warnt der Verband und droht: „Dies könnte desaströse Folgen für den Finanzstandort Großbritannien haben.“ Die Bank von England müsse dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit geben, die eingefrorenen Sicherheiten herauszugeben, fordert der Verband. Das käme einer Garantie der Notenbank für Hedgefonds-Sicherheiten gleich – und wäre das nächste Rettungspaket nach den Milliarden für die Banken.

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