Überstunden Lange Arbeitszeiten machen herzkrank

Wer dauerhaft Überstunden macht, steigert damit das Risiko eines Herzinfarktes oder Schlaganfalls. Das belegen finnische Mediziner mit einer großen Meta-Studie.

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Modell eines aufgeschnittenen Herzens. Bei einem Infarkt stirbt ein Teil des Muskels (rosa) ab. Quelle: dpa

Wer täglich länger als acht Stunden beruflich arbeitet, muss mit einem um rund 40 Prozent erhöhten Risiko für koronare Herzkrankheiten rechnen. Solche Schäden an den Herzkranzgefäßen, die die Herzmuskeln mit Blut versorgen, können zu Herzrhythmusstörungen und in schlimmen Fällen zu Herzinfarkt und plötzlichem Herztod führen.

Mediziner des Finnischen Instituts für Arbeitsgesundheit unter Führung von Marianna Virtanen haben für eine Meta-Studie 12 Beobachtungsstudien ausgewertet und die Ergebnisse im American Journal of Epidemiology veröffentlicht. Die Studien beziehen sich auf Beobachtungen an insgesamt über 22.000 Menschen zwischen 1958 und 2010 in Japan, den USA und verschiedenen Ländern Westeuropas. Die meisten befragten Personen waren Büro-Angestellte.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind in Deutschland die häufigste Todesursache. Mehr als 40 Prozent der rund 860.000 Todesfälle waren 2010 darauf zurückzuführen. 92 Prozent der an Herz-Kreislauf-Erkrankungen Verstorbenen waren allerdings älter als 65 Jahre.

Stress löst Infarkte aus

Obwohl keine eindeutiger Ursache-Wirkungs-Zusammenhang belegt werden konnte, sondern nur eine Korrelation, halten die Autoren diese jedoch für sehr wahrscheinlich. Virtanen führt den Zusammenhang zwischen langen Arbeitszeiten und Herzkrankheiten auf die "verlängerte Stressbelastung" zurück. Dass Stress gesundheitsschädlich ist, wird nicht mehr bezweifelt. Er gilt als "Trigger", also Auslöser für Ereignisse wie Herzinfarkte oder Schlaganfälle. Weitere Auslöser der Herzkrankheiten könnten aber auch Begleiterscheinungen langer Arbeitszeiten sein: ungesunde Ernährungsweise und Bewegungsmangel.

Deutsche leiden am meisten unter Arbeitslast
Fast jeder fünfte Deutsche (19 Prozent) empfindet seine Arbeitsbelastung als zu hoch, weitere 47 Prozent als „hoch“. Das ergab eine Studie der HR Partners Von Rundstedt in Düsseldorf. Quelle: dpa
Demnach sind in puncto Arbeitslast besonders Brasilianer und Spanier am wenigstens belastet. Mehr als zwei Drittel (68 Prozent) der Brasilianer empfinden die Arbeitsbelastung als normal oder niedrig, bei den Spaniern sind es immerhin 60 Prozent. Quelle: dpa
Am meisten unter der Arbeitsbelastung leiden nach den Deutschen laut der Studie die Schweizer (63 Prozent gaben an, einer zu hohen oder hohen Arbeitsbelastung ausgesetzt zu sein) und die Franzosen (61 Prozent). Quelle: dpa
Im Mittelfeld der 16-Länder-Umfrage liegen Staaten wie China und Italien: Dort empfindet jeweils fast jeder Zweite (49 Prozent) die Arbeitsbelastung als hoch oder zu hoch, in Italien und Finnland sind es jeweils 48 Prozent. Quelle: dpa
Die meiste Arbeit nach Hause nehmen sich die Marokkaner und Chinesen mit. 57 Prozent (beziehungsweise 45 Prozent) der Befragten gaben an, oft Arbeit zu Hause zu erledigten, um Deadlines einzuhalten. In Deutschland sind liegt die Quote bei immerhin noch 28 Prozent. Quelle: dpa
Für die meisten Russen allerdings bleibt Arbeit Arbeit und Freizeit Freizeit. Nur 16 Prozent erledigen Arbeit zu Hause, um Fristen einzuhalten. In den meisten anderen Ländern trifft das auf etwa jeden Vierten zu (etwa Frankreich: 25 Prozent, USA: 27 Prozent, Schweiz sogar: 35 Prozent). Quelle: dpa
In den Interviews haben die Forscher auch die Zustimmung zu Statements im Bezug auf die Loyalität des Arbeitsnehmers zu seinem Unternehmen abgefragt. Der Aussage „Ich sage nie etwas Schlechtes über meine Firma zu anderen“, stimmen 68 Prozent der Deutschen zu und liegen damit im oberen Bereich. Quelle: obs

Die Arbeits-Belastung und damit möglicherweise die Gesundheitsgefahren könnten durch die zunehmende Verwischung von Arbeit und Freizeit steigen. Die dauernde Erreichbarkeit auch jenseits der Arbeitszeit wird zumindest von Personalern inzwischen als Problem erkannt. 33 Prozent der deutschen Unternehmen planen oder verfügen bereits über Maßnahmen, die die Erreichbarkeit der Mitarbeiter in der Freizeit regeln, wie eine Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Personalführung jetzt ergab.

49 Prozent der Befragten sind der Ansicht dass eine dauerhafte Erreichbarkeit in der Freizeit ganz sicher oder ziemlich wahrscheinlich zur Entstehung eines Burnout-Syndroms beiträgt. Insgesamt denken rund 61 Prozent der befragten Personalmanager, dass es expliziter Regelungen bedarf, um die Erreichbarkeit von Mitarbeitern in ihrer Freizeit klar zu definieren.

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