Bewegung im Büro Gehen ist gut für's Gehirn

Wir sitzen immer mehr: im Auto, der Bahn, am Schreibtisch oder auf dem Sofa. Dabei kann der Spaziergang am Abend eine Wohltat sein - vor allem für das Gehirn sein. Zumindest unter einer bestimmten Voraussetzung.

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So bringen Sie mehr Bewegung in Ihren Büroalltag
Jemand läuft eine Treppe hinunter Quelle: yuu - Fotolia
Ein Treppenhaus Quelle: f2comma8
Füße Quelle: oatharts - Fotolia
Leute halten ein Meeting im Stehen ab Quelle: Robert Kneschke - Fotolia.com
Telefon und Mülleimer wegstellenEin Tipp: Platzieren Sie oft benötigte Arbeitsgeräte nicht direkt auf Ihrem Schreibtisch oder daneben, sondern so weit entfernt, dass Sie immer wieder aufstehen und ein paar Schritte gehen müssen, um sie zu erreichen. Kurze Gespräche mit Kollegen, Post lesen oder telefonieren: grundsätzlich im Stehen. Quelle: dpa
Gymnastik im BüroWer stundenlang in einer Sitzhaltung verharrt, schadet seiner Wirbelsäule, seiner Muskulatur und seinem Kreislauf. Denn stundenlanges Sitzen ist ungesund. Deshalb hat die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) "Auf und nieder - immer wieder!" veröffentlicht. Eine Anleitung für "mehr Gesundheit im Büro durch Sitz-Steh-Dynamik". Quelle: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
Einige Tipps für "dynamisches Sitzen": Lassen Sie das Becken vor- und zurückwippen. Verlagern Sie ihr Gewicht mal mehr auf die rechte und mal mehr auf die linke Gesäßhälfte. Schieben Sie ihren Brustkorb vor und zurück oder zur Seite. Strecken Sie hin und wieder den Nacken, indem Sie den Kopf nach hinten schieben. Stützen Sie sich in der vorderen Sitzhaltung auf dem Arbeitstisch ab. Lehnen Sie sich entspannt in der hinteren Sitzhaltung gegen die Rückenlehne. Und ganz wichtig: stehen Sie immer wieder auf. Quelle: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

Der Alltag in deutschen Büros ist meist ein bewegungsarmer. Die Augen auf den Bildschirm gerichtet, die Hände auf der Tastatur, sitzen Angestellte aller Hierarchieebenen wochentäglich acht Stunden am Schreibtisch. Dass das nicht gerade die Gesundheit fördert, haben immer mehr Unternehmen erkannt und bieten ihren Mitarbeitern höhenverstellbare Tische und ergonomische Stühle. Ziel: Die Entlastung des Rückens, der für so viel Sitzen nicht gemacht ist.

Nur für mehr Bewegung sorgt das nicht.

Dabei ist gerade die besonders wichtig, um unser Gehirn auf Trab zu bringen. Gerade gemächliches Gehen hat eine Vielzahl positiver Effekte auf unseren Organismus und unsere geistigen Fähigkeiten.

Mehr gehen, weniger grübeln, weniger depressive Gedanken

So hat ein Biologe der Stanford University herausgefunden, dass Spaziergänge im Grünen das Stresslevel reduzieren können. Dafür ließ Gregory Batman Probanden anderthalb Stunden über den grünen Campus seiner Uni laufen und maß danach ihre Gehirnaktivität. Dabei stellte er fest, dass der Teil des Gehirns, der von Hirnforschern allgemein mit Grübeln assoziiert wird, weniger aktiv war. Andere Studien zeigen, dass Spaziergänge Gedächtnisleistungen fördern und dem Risiko einer Depression entgegenwirken können.

Die besten Ideen kommen beim Gehen

Welche positive Auswirkung Spazieren auf den Geist haben kann, zeigt sich aber auch bei einem Blick in die Geschichte. So soll Albert Einstein an einem Abend im Mai mit einem Freund durch Bern spaziert sein. Von dem Gespräch und der Bewegung angeregt, setzt er sich an den Schreibtisch und begann den ersten von vier Aufsätzen zu schreiben, die 1905 zum „Wunderjahr der Physik“ machen sollten.

1990 trafen sich Helmut Kohl und Michail Gorbatschow im Kaukasus, um über die Zukunft Deutschlands zu beraten. Doch anstatt sich in einem Hinterzimmer zu verkriechen, zogen sie die Sakkos aus und machten einen Spaziergang. An dessen Ende stand fest, das wiedervereinigte Deutschland sollte die vollständige Souveränität zurück erhalten.

So bringen Sie mehr Bewegung in Ihren Büroalltag

Die befreiende Wirkung des Gehens machen sich nicht nur Politiker zu Nutze. Auch immer mehr Therapeuten haben die Vorteile erkannt: Anstatt mit ihren Patienten auf einer Couch über ihr Leben zu sprechen, machen sie einen Spaziergang.

Die positiven Effekte des Gehens wirken sich auch auf den Alterungsprozess aus. Forscher der Universität Pittsburgh stellten fest, dass schon wenige Kilometer Gehen pro Woche die Gehirnstruktur von Menschen mit Alzheimer schützen können. Außerdem gibt es einen Zusammenhang zwischen regelmäßigem Gehen und dem Gehirnvolumen. Mehrere Untersuchungen zeigen zudem, dass Gehen das Herz-Kreislauf-System schützt und Diabetes vorbeugt.

Bei all den positiven Eigenschaften des Gehens, ist jedoch eine Sache besonders wichtig: die Freiwilligkeit. Der Dresdener Neurologe Gerd Kempermann hat dies bei Experimenten mit Mäusen festgestellt. Während ein Teil der Tiere dazu gezwungen war, zu schwimmen um eine Plattform zu erreichen und so nicht zu ertrinken, stand es den anderen frei sich dann zu bewegen, wann sie es wollten. Danach untersuchte er die Bildung neuer Nervenzellen im Hippocampus, dem Teil des Gehirns der für das Übertragen von Informationen vom Kurz- ins Langzeitgedächtnis zuständig ist. Das Ergebnis ist eindeutig. Bei den Tieren, dich sich freiwillig bewegt haben, überlebten doppelt so viele neu gebildete Nervenzellen, wie bei denen, die ums Überleben kämpften.

Vor zwei Jahrhunderten mussten sich die Menschen noch keine Gedanken über das Gehen machen. Die Frage, ob sie Gehen sollten oder nicht, kam für sie gar nicht erst auf. Wer von A nach B kommen wollte, musste zumeist seine Beine benutzen. Mit dem Aufkommen der Massenverkehrsmittel und des Autos, geriet das Gehen immer mehr in den Hintergrund. Heutzutage ist Gehen oft eher eine bewusste Entscheidung, als eine Notwendigkeit. Doch es gibt gute Gründe dafür, die Beine wieder öfter voreinander zu setzen.

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