ING Lehrling mit 50

Die ING DiBa gibt über 50-jährigen eine Chance - und bildet sie aus.

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Spätes Glück: Barbara Decher, 53, Azubi bei der Online-Bank ING-DiBa

Wie funktioniert die Valutierung eines Immobilienkredits? Wen akzeptieren wir als Neukunden? Und wie reagiere ich auf den Anruf eines verärgerten Kunden? Fragen über Fragen, die Barbara Decher derzeit umtreiben. Am 1. September hat sie eine Ausbildung bei der ING-DiBa begonnen und gerade drei Wochen Schulung hinter sich. Zwölf Monate wird ihre Lehre insgesamt dauern, dann wird sie im Immobilien-Team der ING-DiBa als Kredit-Sachbearbeiterin beginnen. Mit 54 Jahren.

Decher hatte als Diplom-Designerin lange als Bildbearbeiterin und Internet-Designerin gearbeitet, darunter auch 13 Jahre in Großbritannien und den USA. Dann wechselte sie in die Marketing-Abteilung einer US-Investmentbank und wurde 2010 arbeitslos. Im Mai 2011 stieß sie im Internet auf das Projekt Azubi 50plus der ING-DiBa. Weil sie Bankerfahrung hatte, sich mit Computern auskannte und auch mit ihren kommunikativen Fähigkeiten überzeugte, ergatterte Decher unter einigen Hundert Bewerbern einen von vier Ausbildungsplätzen für Menschen jenseits der 50.

Brüche im Leben sind wertvoll

„Wir suchen gezielt nach älteren Mitarbeitern“, sagt ING-DiBa-Personalleiter Matthias Robke. „Gemischte Teams sind einfach erfolgreicher, das zahlt sich aus.“ Nicht nur, weil aufgrund des demografischen Wandels der Nachwuchs immer spärlicher wird und die Zahl der älteren Mitarbeiter unweigerlich zunimmt. Sondern auch, weil Online-Bankgeschäfte nicht mehr nur für junge Kunden attraktiv sind. Im Schnitt 45 Jahre ist ein DiBa-Kunde inzwischen, Tendenz steigend. Und in deren Bedürfnisse kann sich ein Mitarbeiter mit Anfang 50 oft besser einfühlen als ein Kollege mit Anfang 20. „Das Alter eines Auszubildenden ist mir egal“, sagt Personaler Robke. „Hauptsache, die Leistung stimmt.“

Mehr als 20 Mitarbeiter haben das Programm bereits erfolgreich absolviert, sie wurden im Anschluss an die Ausbildung in Festanstellung übernommen. Ganz im Sinne von Personalleiter Robke. „Klassische Erwerbsbiografien werden aussterben“, sagt er. „Viele Menschen haben Brüche erlebt – und die können ungeheuer wertvoll sein.“ So wie Ingrid Grimm: Die heute 55-Jährige gehörte vor fünf Jahren zur ersten Azubi-50plus-Gruppe. Zehn Jahre hatte sie als Abteilungsleiterin bei einem Schuh- und Lederwarenhändler gearbeitet, war nach der Pleite des Familienbetriebs zur Hartz-IV-Empfängerin geworden. Weil sie im Vorstellungsgespräch überzeugte und zu Hause am Küchentisch mit einer Privatlehrerin ihre Computerkenntnisse auffrischte, bekam sie die Stelle. „Ich gehe wieder sehr gern zur Arbeit“, sagt Grimm, die sich bald intern weiterqualifizieren möchte. „Man lernt schließlich nie aus.“

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