




Als die Bäckerfamilie Reis aus dem hessischen Gelnhausen ihren Sohn Philipp bekam, erwartete sie nicht, dass er einst das Telefon erfinden würde. Bis aus Philipp Reis‘ Idee dann tatsächlich ein Telefon mit einer Sprachübermittlung durch elektrischen Strom wurde, dauerte es zehn Jahre. Er blieb dran – ehrgeizig. Und entwickelte auch die ersten Rollschlittschuhe und mit dem Veloziped einen Vorläufer des Fahrrads.
Viele Erfindungen wären ohne den Ehrgeiz ihrer Forscher ausgeblieben. Denn ehrgeizige Menschen sind bereit, Höchstleistungen zu erbringen und dabei auch über sich hinaus zu wachsen – eine weitere positive Eigenschaft.
Headhunter lieben Ehrgeiz
Das zählt insbesondere für Headhunter zu einem wertvollen Charakterzug, die sich Studien zufolge gerade einmal sechs Sekunden Zeit nehmen, über eine Karrierechance oder den Wurf in den Papierkorb entscheiden.
Wer Headhunter also von sich überzeugen möchte, muss das nicht nur schnell tun, sondern auch mit den richtigen Argumenten. Viele Personaler dürften es da mit dem früheren Siemens-Chef Heinrich von Pierer halten: „Ich mag Ehrgeizige, aber keine Ehrgeizlinge“. Heißt: Ambitionen ja, aber keine Verbissenheit.
Wie die Karrierewege digitaler Talente aussehen
... aller Führungskräfte sind männlich
... haben bereits ein Digital-Startup aufgebaut
... haben keine längere Auslandserfahrung
... haben schon mehrere Digitalunternehmen gegründet
... haben bei Managementberatungen gearbeitet
... haben mehr als 15 Jahre Berufserfahrung
Oft lässt sich an der Freizeitgestaltung ablesen zu welcher Kategorie ein Bewerber zählt. Denn wer sich auch außerhalb des Berufes – etwa als Trainer in einem Sportverein oder in der Suppenküche - engagiert, gilt nicht nur als belastbar, sondern auch über viel Energie verfügt. „Viele Menschen können ihren Ehrgeiz nicht im Beruf einsetzen, weil es da nicht gefördert wird“, sagt Svenja Hofert, Karrierecoach aus Hamburg. Sie würden ihn dann auf die Familie oder Freizeit übertragen, oder sich über kurz oder lang nach einem anderen Job umschauen, der besser zu ihrer Persönlichkeit passt.
Eine Studie von Heidrick & Struggles, einer der größten Personalberatungen weltweit, hat gezeigt, dass ein „gesunder“ Ehrgeiz wichtiger ist als Intelligenz. Damals hatten die Personaler 1000 Führungskräfte befragt. Dabei wird allgemein eine Korrelation zwischen IQ und beruflichem Erfolg angenommen. Aber auch da gibt es Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Während ehrgeizige Männer als Überflieger verstanden werden, ist es leider noch immer so, dass Frauen dann als anstrengend und bedrohlich wahrgenommen werden. Problematisch wird es, wenn Führungskräfte kein gesundes Maß zwischen Ehrgeiz und ihrem Ambitionen finden. Denn dann dominieren sie entweder die ganze Teamarbeit oder sie haben ausschließlich ihre eigene Karriere im Kopf – und merken nicht, wenn sie ihre Leistung über die anderer stellen und anderen keinen Raum zum eigenverantwortlichen Arbeiten geben.
Wer nur seine Karriere im Kopf hat, schadet allen
Dann laufen sie nämlich Gefahr, die Teamarbeit zu dominieren. Heißt: Sie haben ausschließlich ihre eigene Karriere im Kopf und stellen deshalb ihre Leistungen über die des Teams. Wichtig ist, dass der Ehrgeiz sinnvoll eingesetzt wird, dann profitieren alle von dem Elan und der Leidenschaft besonders ehrgeiziger Mitarbeiter.
Und auch der Grat zwischen Ehrgeiz und Karrieregeilheit ist schmal. Während ein gesundes Maß an Eifer als überwiegend positiv bewertet wird, ist überambitioniertes Verhalten negativ konnotiert.




Denn er schadet anderen: Karrieregeile Menschen gehen sprichwörtlich über Leichen – und wollen ihre Ziele ohne Rücksicht auf Verluste erreichen. Karrieregeilheit schadet allerdings nicht nur dem Umfeld, sondern auch der betroffenen Person selbst. Menschen, die ohne Kompromisse und ohne Rücksicht auf Verluste am eigenen Fortschritt arbeiten, sind über kurz oder lang überarbeitet und erkranken nicht selten an einer Depression oder einem Burnout. „Die Unternehmenskultur entscheidet, ob Menschen ihren Ehrgeiz ausleben können oder nicht – und wann etwas als zu ehrgeizig angesehen wird“, sagt Hofert. In amerikanischen Unternehmenskulturen sei Leistung und Wettbewerb - und damit Ehrgeiz – oft sehr viel positiver interpretiert als in deutschen. „Ihr Ehrgeiz wird anhängig vom Umfeld beurteilt werden.“
Wie nun aber kann Ehrgeiz sinnvoll für die Karriere eingesetzt werden? Führungskräfte sollten sich realistische und erreichbare Ziele setzen, um das Wesentliche nicht aus dem Blick zu verlieren. Teilerfolge sind sicher nicht immer befriedigend, sollten aber dennoch als kleiner Schritt zum großen Ziel verstanden werden. Auch Umwege und das Scheitern gehören dazu, um zu akzeptieren, dass Menschen nicht perfekt sind. Und schließlich zählt nicht nur die Karriere, sondern auch das Umfeld – Familie und Freunde nämlich.