Management Frauenquote bedroht Männerkarrieren

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Diskriminierung Quelle: Danile Stolle

Infolge dieser grassierenden Quotionitis hat sich mittlerweile fast jedes Unternehmen der Frauenförderung verschrieben: Daimler will bis 2012 bundesweit 569 Krippenplätze an 14 Standorten einrichten, ThyssenKrupp ambitionierte Studentinnen technischer Studiengänge gezielt fördern. Die Deutsche Börse wird künftig 60 Prozent ihrer Trainee-Stellen mit Frauen besetzen. Und die Commerzbank kündigt an, mehr Damen in die Auswahlprogramme für Führungspositionen aufzunehmen. „Die Chancen für Frauen, Karriere zu machen“, heißt es dort, „waren noch nie so gut wie heute.“

Auch weil Headhunter zielgerichtet auf Frauen angesetzt werden: Wer etwa der Deutschen Telekom eine Führungskraft vermitteln möchte, muss auf seiner Kandidatenliste mindestens 30 Prozent ebenso qualifizierte Frauen vorschlagen.

„Die Nachfrage nach Frauen im Top-Management ist in den letzten Monaten sehr stark gestiegen“, sagt Sylvia Tarves, Geschäftsführerin von Leading Women, einer auf die Vermittlung weiblicher Führungskräfte spezialisierte Personal- und Gender-Balance-Strategieberatung, „von Unternehmen – und verzweifelten Kollegen anderer Personalberatungen.“

Frauen verzweifelt gesucht

Die Folge dieser einseitigen Besetzungspolitik: Wo auch immer zuletzt ein Plätzchen in auf der Führungsebene frei wurde, kamen Frauen zum Zuge.

In den Aufsichtsrat von Qiagen, Deutschlands größtem Biotech-Unternehmen, werden demnächst zwei Frauen aufrücken. Die Barmer-Krankenkasse will den Frauenanteil in der Führungsebene von 20 auf 50 Prozent steigern. Zu den Linde-Kontrolleuren stößt demnächst mit der zweifach promovierten Wirtschaftsprofessorin Ann-Kristin Achleitner die erste Frau. VW hat sich die Dienste von Annika Falkengren gesichert. Die 48-jährige Chefin der schwedischen Großbank SEB gilt als eine der einflussreichsten Managerinnen Europas, soll ab Anfang Mai im Aufsichtsrat sitzen – und demnächst auch Munich Re kontrollieren. Daimler holt sich Nestlé-Managerin Petraea Heynike ins Kontrollbord. Und die 43-jährige vierfache Mutter Katherine Garrett-Cox, Vorstandschefin von Alliance Trust, Großbritanniens größter börsennotierter Fondsgesellschaft, soll Ende Mai in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank gewählt werden – als siebte Frau im Gremium.

Sicher: Aufs große Ganze gesehen, sorgen diese Personalien vorerst vor allem für medialen Wirbel – und sind doch nichts weiter als ein Tropfen auf den heißen Stein. Nach einer aktuellen Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung finden sich derzeit nur in 17 von 160 börsennotierten Unternehmen Frauen im Vorstand. Und gerade mal 21 von 668 Spitzenpositionen sind mit Frauen besetzt. Ein Anteil, der auf dem Niveau von Indien liegt und niedriger ist als in Russland, Brasilien oder China.

Diese Bilanz erklärt den Ruf nach mehr Frauen in Führungspositionen. Und ist als Forderung doch längst gesellschaftlicher Konsens. Schlicht, weil sie angesichts einer schrumpfenden Zahl von Erwerbsfähigen als ökonomische Notwendigkeit erkannt ist. Denn die deutsche Wirtschaft kann es sich einfach nicht länger leisten, die Hälfte ihrer Leistungsträger links liegen zu lassen.

„Auf den Empfehlungslisten der Headhunter sind Frauen längst in der Überzahl. Die Männer, die dort aufgelistet sind, haben mitunter nur noch Alibi-Funktion“, sagt Manfred Gentz, Aufsichtsratschef der Deutschen Börse und Mitglied der Corporate Governance Kommission der Bundesregierung. „Selbst wenn sie besser qualifiziert sein sollten als ihre Konkurrentinnen, ist davon auszugehen, dass derzeit meistens Frauen den Vorzug erhalten. Das könnte man als umgekehrte Diskriminierung bezeichnen“.

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