Dass Toeller auf Konventionen pfeift, wird schon früh deutlich: Nach dem Abitur geht er nicht zur Uni, sondern macht eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann, hängt ein Jahr an der Bundesfachschule des Lebensmittelhandels dran, schließt als Jahrgangsbester ab. Sein erster Job: Berater bei der Handelskooperation Markant. Die schickt Toeller 1989 für zweieinhalb Monate in die USA. Sein Auftrag: nach vielversprechenden, neuen Geschäftsmodellen suchen, die auch diesseits des Atlantiks funktionieren könnten. Toeller, damals 23 Jahre jung, entdeckt in Arizona schließlich Petsmart – einen Supermarkt für Tierbedarf, mit viel Platz, riesigem Sortiment und niedrigen Preisen. „Das hatte ich noch nie gesehen“, erinnert sich Toeller, der das Futter für seinen Hund in Deutschland meist in muffigen Tante-Emma-Tierläden besorgte. „Das hat mich sofort angezündet.“
Was Manager tun können, um Begeisterung zu entfachen
Viele Unternehmen lassen sich bei der Personalauswahl noch zu häufig allein von der Fachexpertise, dem Leistungswillen und der Eloquenz der Kandidaten leiten. Wenn jemand mit Leidenschaft seinem Beruf nachgeht oder gar ein besonders kreativer Querdenker ist, wird ihm das eher negativ ausgelegt. Mehr Mut zu weniger Uniformität und Stromlinienförmigkeit kann sich vor allem in Forschung und Entwicklung, in Marketing und Vertrieb bezahlt machen. Das Management gerade deutscher Unternehmen ist jedoch häufig zu eindimensional auf Effizienz getrimmt. Beim Optimieren von Prozessen ist das goldrichtig, bei kreativen Prozessen nur bedingt“, warnt Jens-Uwe Meyer, Autor des Buches „Das Edison-Prinzip“.
Wer Mitarbeiter für die Sache begeistern und damit ihre Motivation erhöhen möchte, muss auch ein guter Kommunikator sein, mit guten Argumenten, aber auch der nötigen Empathie für die menschlichen Belange. Gut kommunizieren zu können, ist auch in der notwendigen Darstellung nach außen enorm wichtig. Dies erst zu lernen, wenn man bereits auf der Zielgeraden für eine Top Position ist, ist eindeutig zu spät. Übrigens gehört dazu auch ein verhandlungssicheres Englisch.
Wer Ideenfindung zur Chefsache erklärt, zeigt seinen Mitarbeitern vielleicht, wer in der Hierarchie ganz oben steht. Er läuft aber auch Gefahr, wichtige Details oder Erkenntnisse zu übersehen und damit Fehlentscheidungen zu treffen. Weil Technologiesprünge, Veränderungen von Geschäftsmodellen und Kundenbedürfnisse sich immer schneller drehen, kann ein einzelner – egal wie gut er ist - niemals alle für Geschäftsentscheidungen relevanten Informationen überblicken. Wer hingegen in den offenen Ideenaustausch mit seinen Mitarbeitern investiert, braucht zwar mehr Zeit, erntet dafür aber am Ende auch die kreativeren Ideen und durchdachteren Konzepte. Gleichzeitig schafft die direkte Einbindung eine höhere Identifikation mit dem Ergebnis, das Mitarbeiter dann viel motivierter umsetzen, denn es ist ja auch ihr Konzept.
Am kreativsten sind Mitarbeiter in Teams mit flachen Hierarchien. Um die Expertise aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen, Fachgebieten und Ländern an einen Tisch zu bringen, hat z.B. der Essener Konzern Evonik sogenannte Forscher-WGs eingerichtet, in denen Experten aus verschiedenen Unternehmensbereichen und Ländern über drei Jahre lang gemeinsam Innovationen ausbrüten. Der IT-Dienstleister IBM veranstaltet sogenannte „Innovation Jams“, bei denen sich über Hunderttausend IBM-Mitarbeiter, deren Familien, Wissenschaftler und Kunden aus der ganzen Welt drei Tage lang via Computerbildschirm über neue Ideen, Innovationen und die Lösung kniffliger Probleme austauschen.
Führungskräfte umgeben sich häufig am liebsten mit Personen, die ähnliche Stärken aufweisen wie sie selbst. Wer gerne kommuniziert, arbeitet gerne mit kommunikativen Menschen. Wer detailverliebt ist, schätzt Mitarbeiter mit ähnlichen Präferenzen. Wer seine Stärken und Schwächen kennt und sich vornimmt, das volle Potenzial seines Teams zu heben, kann sich als Führungskraft darauf konzentrieren, die verschiedenen Talente so einzusetzen, dass sie sich ergänzen – zum Erfolg aller. Teams sind dann besonders stark, wenn jeder eine eigene Rolle seinen Fähigkeiten entsprechend übernehmen kann. Der Job des Teamleiters ist es, jedem die passende Rolle zuzuteilen.
Noch auf dem Rückflug entwickelt er ein ähnliches Konzept für Deutschland, Name inklusive: Fressnapf. Toellers Chef aber winkt ab. Seine Kritik: Der Markt für Tierbedarf sei zu klein, die Macht des Lebensmittelhandels, der damals 70 Prozent des Umsatzes abgreift, zu groß, die Branche mit ihren rund 3.500 Fachgeschäften zu fragmentiert. Weil er lieber auf eine Erkenntnis von Albert Einstein vertraut („eine gute Idee erkennt man daran, dass ihre Verwirklichung von vornherein ausgeschlossen scheint“), außerdem „extrem dickköpfig“ ist und merkt, dass er „fürs Angestelltendasein nicht taugt“, kündigt Toeller und wagt den Sprung ins kalte Wasser. Mit einem Bankkredit sowie Tipps und 50.000 Euro Startkapital seiner Eltern, die als selbstständige Einzelhändler mehrere Rewe-Märkte gemanagt hatten, in denen Toeller junior schon als Schüler Regale eingeräumt und morgens um vier Gemüse auf dem Großmarkt eingekauft hatte.
Toellers erste Filiale
Seine Geschäftsidee: Als Fachdiscounter für Tierbedarf den Supermärkten mit hochwertigen Produkten und Beratung auf Fachmarkt-Niveau ebenso das Wasser abgraben wie den muffigen, winzigen Fachgeschäften mit modernen, großzügigen Läden, günstigen Preisen und großen Parkplätzen. Toellers Grundsatz: „Lieber in kleinen Märkten die Nummer eins als in großen Märkten das fünfte Rad am Wagen.“
Vier Monate nach der Kündigung eröffnet er den ersten Laden in Erkelenz, doch der Start in die Selbstständigkeit geht fast in die Hose: Die Umsätze bleiben aus, die Pleite scheint nur eine Frage der Zeit. Aufgeben ist keine Option, die Eltern stehen dem Filius bei. Toeller junior („ich bin ein zäher Hund“) verkauft seinen BMW, investiert den Erlös in ein breiteres Sortiment, senkt die Preise, vervielfacht seinen Marketingetat. Der Knoten platzt wenige Monate später, die Umsätze vervielfachen sich, der Grundstein des Erfolgs ist gelegt. Auch dank seiner Grundprinzipien, an die sich Toeller bis heute hält: „Wer Marktführer werden und bleiben will, muss neue Wege gehen“, sagt der Selfmade-Unternehmer. „Wir tun nichts, weil wir oder andere es immer schon so getan haben.“ Sein Motto: „Jeden Tag eine neue Idee – das Gas ist vorn rechts.“