Was ist das Geheimnis eines erfolgreichen Teams und wie stellt man es zusammen? Um diese Fragen zu beantworten, hat der Internetriese Google im vergangenen Jahr eine großangelegte Studie in Auftrag gegeben. Das Ergebnis ist allerdings ziemlich enttäuschend:
Es gibt keine belastbare Erklärung, was ein Team erfolgreich macht. Konkreter, als dass ein erfolgreiches Team Teamgeist, Vertrauen und eine gute Kommunikation braucht, wird es nicht.
Rafting, Segeln und Kochen sind in
Trotzdem schicken Chefs ihre Mitarbeiter gerne zu externen Teambuilding-Maßnahmen. Neben In-House-Coachings im üblichen Arbeitsumfeld und Seminaren zur intensiven Beschäftigung mit Rollenmodellen, Arbeitsaufteilung und Co. bieten immer mehr Dienstleister Rafting, Kochen, Klettern, Escape-Rooms und sonstige Abenteuer- und Spaßprogramme an. „Ganz viele betreiben Teambuilding nur sehr stark an der Oberfläche mit Riverrafting, Segeln und Kochkurs“, sagt Svenja Hofer, Geschäftsführerin von Teamworks GTQ, einer Gesellschaft für Teamentwicklung und Qualifizierung. „Davon halten wir nichts. Solche Maßnahmen sind gut, um zum Beispiel Beziehungen untereinander für eine gewisse Zeit zu stärken oder bei einem virtuellen Team – damit die Teammitglieder einmal etwas gemeinsam erleben, aber das reicht nicht.“
Der Effekt sei einfach zu schnell verpufft. „Es geht zurück in den Arbeitsalltag und dann geht es im Team nicht darum, dass man gemeinsam einen schönen Tag hatte, sondern in der Lage ist, sich auf die Kollegen einzulassen, seine Rolle zu kennen und im Team dem gemeinsamen Ziel näher zu kommen.“
Wirkung des Events hält nicht lange
Auch Psychologe Peter Weber stellt die Frage nach der Halbwertszeit solcher Maßnahmen. Er ist Lehrstuhlinhaber für Kommunikation und Beratung an der Fachhochschule der Diakonie in Münster. Wenn die Maßnahme dazu beitragen, dass sich die Zusammenarbeit im Team verbessere, sei sie grundsätzlich erst einmal gerechtfertigt, sagt er. Wenn der Effekt aber nur relativ gering sei und dafür Aufwand und Kosten hoch, solle man genau überlegen, ob es sich lohnt, gibt der Hochschulprofessor zu bedenken. „Einen Teamspirit kann man recht gut in externen Veranstaltungen erlebbar machen. Doch dieser Effekt nimmt vermutlich irgendwann exponentiell ab und dürfte nach ein paar Wochen schon deutlich nachgelassen haben.“
Die unterschiedlichen Typen eines Teams
Er übernimmt gerne die Vorbildfunktion, hält das Team zusammen und spornt die anderen an. Außerdem spricht er Bedenken an und präsentiert Lösungen für Probleme. Um ihn zu motivieren, kann der Chef ihm zusätzliche Verantwortung übertragen – sowohl hinsichtlich inhaltlicher Entscheidungen als auch beim Führen der restlichen Mannschaft. Sich immer wieder neu zu beweisen, ist seine zentrale Motivation.
Er kann ständig Höchstleistungen abrufen, liebt Herausforderungen und reagiert schnell auf neue Anforderungen – auch unter Druck. Der Top-Performer erwartet regelmäßige Belohnungen für Erfolge. Diese können sowohl materieller Natur sein, aber auch Lob und Aufstiegschancen motivieren ihn.
Er ist neutral und fair gegenüber allen Beteiligten, egal ob Kollegen, Kunden oder Lieferanten. Er hat die Gabe Emotionen und Fakten zu trennen. Dieser Typ fühlt sich besonders in Abteilungen beziehungsweise Betrieben wohl, die ihr Handeln an Unternehmenswerten ausrichten. Auch ihn motiviert eine gewisse Entscheidungsfreiheit, allerdings braucht er Richtlinien, an denen er sich orientieren kann.
Er ist ein langjähriger Mitarbeiter, auf dessen Leistung man sich verlassen kann. Außerdem teilt er sein Wissen gerne, bringt so das gesamte Team voran. Auch der Profi will durch neue Aufgaben gefordert und gefördert werden. Motivieren Sie ihn, in dem Sie ihn als Mentor für neue Mitarbeiter oder Verbindungsmann zwischen verschiedenen Abteilungen einsetzen. Das zeigt, wie sehr Sie seine Erfahrung schätzen.
Die meisten Neuen wollen schnell lernen und sich im Team einfügen. Sie bringen neue Ideen und wertvolles Wissen mit. Mit einem Einarbeitungsplan könnte der Vorgesetzte den Neuankömmling motivieren. Seine Rolle sollte darin ebenso geklärt werden, wie die übergeordneten Geschäftsziele. Regelmäßiges Feedback sind besonders für die Neuen wichtig.
Er sagt: „Besondere Erlebnisse schweißen für eine gewisse Zeit zusammen, aber wenn im Arbeitsalltag echte Konflikte aufkommen, dann ist die tolle Stimmung von damals in einer solchen Situation vergessen.“ Natürlich gebe es auch Methoden mit nachhaltigem Erfolg: „Wer eine halbwegs passende Outdoor-Übung für sein Team findet, die im Anschluss ausführlich ausgewertet und auf den Arbeitsalltag transformiert werden kann, für dessen Team kann auch eine solche Maßnahme durchaus erfolgsversprechend sein.“ Die ausführliche Reflektion fehle jedoch bei vielen der bekannten Unterhaltungs-Team-Events.
Los, habt Spaß – und werdet erfolgreich!
Auch aus Sicht des Gruppen- und Einzelcoaches Jörg Romstötter sind Teambuilding-Maßnahmen mit Event-Charakter kein Allheilmittel. „Sie sind gut als Rahmenprogramm, um gemeinsam ein wenig Spaß zu erleben, eine gute Erinnerung zu schaffen – etwa während eines Klausurwochenendes“, sagt er. Am Ende seien Teambuilding-Erlebnisprogramme eher der moderne Betriebsausflug als eine sinnvolle Förderungsmaßnahme für eine bessere Zusammenarbeit in der Abteilung. „Das Team ist ja nicht zusammengekommen, um zu raften oder zu kochen, sondern weil sie gemeinsam arbeiten – technische Anlagen erstellen, Projekte planen oder ähnliches“, so Romstötter.
Außerdem warnt der erfahrene Teamcoach vor dem Druck, der durch so eine geplante Veranstaltung entstehen könnte: „Es weht dann häufig das Kommando über dem Programm ‚Wir haben danach ein besseres Team zu sein‘“, so Romstötter. Für ein entspanntes Miteinander, bei dem man sich kennen und mögen lernen sollte, ist das nicht förderlich.
Vom "Ich" zum "Du", zum "Wir"
Barbara Dunn, Senior Consultant und Executive Coach bei der Strategieberatung Gallup, geht zwar auch davon aus, dass ein gemeinsam verbrachter unterhaltsamer Tag Reibungen im Team auflösen könnte. In ihren Coachings bei Gallup konzentriert sie sich allerdings nicht auf einzelne Spaßtage, sondern auf die psychologischen Aspekte: auf Stärken und Schwächen des Einzelnen – und anschließend des Teams im Gesamten.
„Wenn man weiß, wer man selber ist und welche Stärken und Schwächen man mitbringt, dann hat man auch einen besseren Blick auf das ganze Team“, erklärt Dunn. Entsprechend coacht sie erst die einzelnen Mitglieder und dann das komplette Team. „Untersuchungen belegen, dass Teams, die ihre Stärken kennen und nutzen eine fast 13 Prozent höhere Produktivität aufweisen, als Teams, die im Hinblick auf ihre Stärken im Unklaren sind“, erklärt sie.
Spaß machen darf Teambuilding
Wer trotzdem auf das Spaß-Charakter besteht, müsse darauf nicht verzichten, findet sie. „Wenn beispielsweise tagsüber eine Teambuilding-Einheit mit Coachings und Reflektion stattfinden und etwa am Abend noch eine unterhaltsame Maßnahme, wie etwa ein Kochkurs, kann das das Programm perfekt abrunden und das Wir-Gefühl noch einmal deutlich stärken.“
Auch für Svenja Hofert von Teamworks ist das eine Option: „Als Teil eines größeren Rahmenprogramms ist das auch für uns denkbar – aber als der weniger wichtige Teil.“
Entwicklung von Gruppen: Tuckmans Fünf-Phasen-Modell
Der Psychologe Bruce Wayne Tuckman hat sich 1965 das Fünf-Phasen-Modell zur Entwicklung von Gruppen ausgedacht. Dabei bauen die fünf Phasen im Rahmen von Teambuilding-Maßnahmen aufeinander auf.
In der ersten Phase des Teambuildings sollen die Teilnehmer einander kennen und schätzen lernen. Ziel ist es hier, Gemeinsamkeiten zu finden, wodurch ein Gefühl der Sicherheit erzeugt wird.
Wie viel Einfluss hat der Einzelne in der Gruppe? Diese Frage soll im Rahmen der zweiten Phase beantwortet werden. Indem jeder einzelne mit seinen Eigenschaften im Vordergrund steht, entsteht eine Struktur, ggf. sogar eine Hierarchie, innerhalb der Gruppe.
Nachdem in der vorhergegangenen Phase die Rollen innerhalb des Teams festgelegt worden sind, gilt es nun, ein Wir-Gefühl entstehen zu lassen. Die zu lösenden Aufgaben in dieser Phase sollten deshalb Zusammenarbeit verlangen.
Bei weiteren Aufgaben, die nur gemeinsam gelöst werden können, sollen die Teilnehmer lernen, dass sie im Team mehr schaffen als alleine.
Keine direkte Phase des Teambuildings als Event, aber für Entwicklungen von Gruppen: Phasen, in denen Mitglieder das Team verlassen. Neue Aufgaben müssen verteilt werden und das Team wird neu zusammengestellt. Das bringt der Gruppe neue Herausforderungen.
Aber auch bei der Wahl des Spaß-Events müsse sich die Führungskraft zuvor im Klaren sein, was genau das Ziel ist, rät Weber. Geht es um eine bessere Arbeitsatmosphäre, fehlt das Vertrauen, müssen sich die Kollegen mit neuen Zielen identifizieren oder gibt es handfeste Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit? Entsprechend müsse die Maßnahme ausgesucht werden. Vertrauen lässt sich im Klettergarten besser lernen als im Kochkurs.
Das „Wir-Gefühl“ muss gepflegt werden
„Vertrauen ist ganz wichtig im Team“, sagt Dunn. Ebenso, wie die Bereitschaft, sich zu öffnen und im besten Fall die Erzeugung eines „Wir-Gefühls“. Ohne funktioniert es auf Dauer nicht. Vertrauensbildung habe jedoch wenig mit Events und noch weniger mit Harmonie und Kuschelkurs zu tun, so Coach Romstötter. „Gerade kritische Sachen müssen angesprochen werden und das Team muss dafür offensiv Lösungen suchen“, sagt er.
Deshalb sei der regelmäßige Austausch unter vier Augen für das Vertrauen im Team auch deutlich besser geeignet, als ein Tag im Hochseilgarten, so Romstötter. „Vier-Augen-Erlebnisse sind wichtig, um einander wirklich zu begegnen“, sagt er. Dabei müsse der Vorgesetzte mit gutem Beispiel voran gehen.
Romstötters Empfehlung: 10 bis 15 Vier-Augen-Gespräche zwischen Chef und jedem Mitarbeiter pro Jahr. Dabei gehe es nicht um lange Mitarbeitergespräche, sondern um ein gemeinsames Mittagessen, einen Kaffee zwischendurch unter vier Augen oder eine kurze Pause zum frische Luft schnappen – gerne auch mit Smalltalk. „Je mehr sich Menschen begegnen, desto lieber mögen sie sich in der Regel“, sagt er. Oder anders ausgedrückt: Viel reden hilft viel. „Jedes Ärgernis, das in einem Team auftritt, muss genannt werden dürfen. Sei es im Team oder im Eins-zu-eins-Gespräch und zwar mit der Gewissheit, dass das Problem auch gelöst wird“, sagt Romstötter. „Es gibt nichts Schlimmeres als wenn jemand ein Ärgernis offenlegt und dafür keine Lösung geschaffen wird. Lösung geschaffen wird. So entsteht Frustration."
Wer sich trotzdem dafür entscheidet, seine Mitarbeiter zum Coaching, Kochkurs oder wo auch immer hinzuschicken, kann das übrigens von der Steuer absetzen. Bis zu zwei Betriebsausflüge (oder Betriebsfeiern) pro Jahr können abgesetzt werden, wenn pro Mitarbeiter nicht mehr als 110 Euro ausgegeben werden. Einzige Bedingungen: Es müssen mindesten 20 Prozent der Mitarbeiter dabei sein und der Chef muss mitmachen. Was bei einer Teambuilding-Maßnahme grundsätzlich nicht schaden kann.