Selbstvermarktung Die Erfolgsgeschichte eines Bestsellerautors

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4-Hours Workweek

Zehn Prozent. So hoch bezifferten die Ärzte Ferriss’ Überlebenschancen nach seiner Geburt. Er kam sechs Wochen zu früh zur Welt und verbrachte den ersten Monat auf der Intensivstation.

Durch eine Muskelschwäche in den -Augen blickte er in unterschiedliche Richtungen, was ihm von seiner Mutter -einen wenig liebevollen Spitznamen einbrachte: Thunfisch.

Schon früh entwickelte er zu Autoritäten ein gespaltenes Verhältnis: In der ersten Klasse weigerte er sich, das Alphabet zu lernen. Stattdessen malte Ferriss lieber Haie und landete zur Strafe am Tisch für ungezogene Kinder. Seinen Schülerjob als Reinigungskraft in einem Eissalon behielt er genau drei Tage, dann feuerte ihn der Besitzer. Der Grund: Ferriss hatte seine Aufgaben schon nach einer Stunde erledigt und sich danach der Lektüre von Kung-Fu-Magazinen gewidmet – während der Arbeitszeit.

Wenn sich solche aufmüpfigen und disziplinlosen Kinder nicht irgendwann berappeln, geraten sie leicht auf die schiefe Bahn – oder sie entwickeln genug Ehrgeiz und Kreativität, um auf eigenen Wegen erfolgreich zu sein. So wie Ferriss.

1996 bekam er die Zulassung für die renommierte Princeton-Universität. Sein Hauptfach: Asienwissenschaften. Die Leidenschaft für den Kontinent hegte er seit einem Austauschjahr in Japan. Dorthin kehrte er auch während seines letzten Jahres am College zurück – und verpasste so einen wichtigen Termin.

Hartnäckigkeit zahlt sich aus

Eigentlich wollte Ferriss sich in Princeton für einen Kurs in Unternehmertum einschreiben, den Ed Zschau leitete, ein ehemaliger Manager und Investor. Doch die Anmeldefrist war bereits abgelaufen. Zumindest offiziell.

Zschau erinnert sich heute noch genau: „Er schrieb mir eine E-Mail und teilte mir mit, wie sehr er an meinem Kurs teilnehmen wolle und dass er alles dafür tun würde – auch die Tafel putzen.“ Zschau wurde weich und akzeptierte die Anmeldung.

Mit dieser Hartnäckigkeit gelang Ferriss auch der Berufseinstieg:  2001 bekam er eine Stelle bei einer Netzwerkfirma, nachdem er den Chef mit 32 E-Mails in Folge bombardiert hatte. 

Die Mühe war dennoch umsonst. Er langweilte sich bei der Arbeit, stattdessen surfte er lieber im Internet. Anlass war aber nicht nur Zeitvertreib, sondern eine fixe Idee: Er wollte sich mit einem Versand für Muskelaufbaupräparate selbstständig machen. Den Schritt wagte er sogar tatsächlich nur einige Monate später.

2002 verdiente er mit dem Unternehmen „Brainquicken“ 40 000 Dollar, jeden Monat. Sein einziges Problem: Er hasste sein Leben. Ferriss arbeitete zwölf Stunden am Tag, sieben Tage die Woche.

Im Juni 2004 kaufte er ein Einweg-Ticket nach Europa und begann eine Weltreise. Unterwegs merkte er: Der Betrieb läuft auch weiter, wenn er nur für ein paar Stunden pro Woche arbeitet. Da war er, der Anlass für den Bestseller, der ihn später weltweit bekannt machte.

Analysieren geht über Studieren

Am 24. Februar 2006 notierte er in sein Internet-Tagebuch: „Gute Nachrichten! Ich habe mein Werk an den Crown-Verlag verkauft. Jetzt beginnt die echte Arbeit.“

Wobei die Hauptarbeit nicht darin lag, das Buch zu schreiben – sondern die richtige PR-Strategie zu finden. Das ist Ferriss’ eigentliches Erfolgsgeheimnis. Und eine dreistufige Marketingstrategie, von der sich einiges lernen lässt: gründliche Analyse, genügend Dreistigkeit und erzählerisches Talent.

Während der Schulzeit war Ferriss ein aktiver Ringer – trotz körperlicher Hindernisse. Da sein linker Lungenflügel als Baby kollabiert war, hatte er Konditionsprobleme, und ihm wurde klar, dass er die Kämpfe kurz halten musste. Anders gesagt: Schon früh lernte er, die natürliche Überlegenheit seiner Gegner durch präzise Vorbereitung auszugleichen. So auch beim Namen seines Buchs.

Er investierte 150 Dollar in „Adwords“, ein Google-Programm, das Textanzeigen im Internet schaltet. Ferriss benutzte es jedoch, um zwölf potenzielle Buchtitel zu testen. Danach entschied er sich für die „4-Stunden-Woche“ (im Original: „The Four-Hour Workweek“), weil diese Zeile am meisten angeklickt wurde. Spätestens an dieser Stelle spürte er bereits, dass das Internet der entscheidende Vermarktungsweg für sein Buch werden würde.

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