
Deutschland wird in diesen Tagen vom „Pokémon“-Fieber gepackt. Tausende Zocker sind im Freien mit ihren Smartphones unterwegs auf der Jagd nach virtuellen Monstern. So mancher schüttelt verständnislos den Kopf über die meist jungen Menschen, die, den Blick fest auf das Smartphone gerichtet, in Innenstädten, an Bahnhöfen oder in den Büros virtuelle Monster jagen.
Das nicht nachvollziehen zu können, ist völlig in Ordnung. Smartphones, Augmented Reality, Virtual Reality und Gamification für Kinderkram zu halten, ist jedoch gefährlich. Denn darin liegt die Zukunft vieler Branchen. Was bedeutet, dass nicht nur 20-Jährige ein grundlegendes Verständnis der Technik und der damit einhergehenden Chancen und Risiken benötigen.
Natürlich kann jeder für sich privat entscheiden, die neuen Technologien nicht zu nutzen und analog zu leben: Niemand muss Serien via Netflix schauen, niemand muss seine Bücher auf dem Kindle lesen, seine Urlaubsfotos in die Cloud laden und niemand muss mit seinen Freunden via Whatsapp kommunizieren. Genauso wenig, wie jemand privat Auto fahren oder telefonieren muss.
„Pokémon Go“: Kleine Kampf-Monster erobern die Welt
Es ist das erste Mal, dass man „Pokémon“ auf dem Smartphone spielen kann. Der japanische Spiele-Anbieter Nintendo brachte die beliebten Figuren bisher nur in Games für die hauseigenen Konsolen heraus. Inzwischen jedoch wechseln immer mehr Spieler auf Smartphones und Nintendo konnte diesen Trend nicht mehr ignorieren.
„Pokémon“ ist eine Wortbildung aus „Pocket Monster“ - Taschenmonster. Zum ersten Mal tauchten sie 1996 in einem Spiel in Japan auf. Die „Pokémon“ sind darauf versessen, gegeneinander zu kämpfen. Der Spieler fängt sie als „Pokémon-Trainer“ mit Hilfe weiß-roter Bälle ein und bildet sie aus. Im „Pokémon“-Universum gibt es mehr als 700 Figuren. Die beliebteste dürfte „Pikachu“ sein - ein kleines gelbes Monster mit einem Schwanz in der Form eines Blitzes. Neben den Videospielen blüht ein gewaltiges Geschäft mit Sammelkarten und allen möglichen anderen Fanartikeln von Plüschfiguren bis Brotdosen.
Im Grunde geht es auch hier darum, „Pokémon“ zu fangen und dann gegeneinander antreten zu lassen. Der Clou ist jedoch die Standort-Erkennung (GPS) auf dem Smartphone. Die „Pokémon“ verstecken sich an verschiedenen Orten - und ein Spieler sieht sie nur, wenn er in der Nähe ist. Dann werden die Figuren auf dem Display des Telefons in die echte Umgebung eingeblendet („Augmented Reality“). In den USA, Neuseeland und Australien sammelten sich schon große Menschenmengen an Orten mit populären „Pokémon“ an. Die kleinen Monster reagieren auf die virtuelle Umgebung: So tauchen Wasser-Pokémon besonders häufig in der Nähe von Flüssen oder Seen auf.
Es wurde gemeinsam entwickelt von der Nintendo-Beteiligung Pokémon Company und der ehemaligen Google-Tochter Niantic Labs. Letztere hatte unter dem Dach des Internet-Konzerns das ebenfalls auf Ortungsdaten basierte Spiel „Ingress“ programmiert. In ihm kämpfen zwei Lager um virtuelle Portale, die an verschiedenen Orten platziert wurden.
Im beruflichen Umfeld sollte man jedoch weder Mobilität, noch Telekommunikation oder eben die technischen Möglichkeiten ablehnen. Doch wer noch nie in einem Auto gefahren ist, nie telefoniert oder noch nie über Airbnb ein Zimmer für den nächsten Städtetrip nach London gefunden hat, sieht vermutlich auch nicht ein, warum die eigenen Kunden derlei Angebote nutzen und erwarten.
Für E-Commerce, Big Data oder digitales Marketing sieht es bei Digitalverweigerern entsprechend schlecht aus. Wer das ändern möchte, muss die eigenen Mitarbeiter vorsichtig digitalisieren. Am besten über positive Anwender-Erfahrungen. Ein guter Weg, sich damit vertraut zu machen, ist der direkte Austausch mit anderen, zum Beispiel mit Kollegen.
Der Konsumgüterhersteller Henkel hat hier einen charmanten Weg gefunden, diesen Austausch ins Rollen zu bringen. In den letzten Monaten sind weltweit mehr als 160 junge, digitalaffine Nachwuchsmanager in die Mentoren-Rolle geschlüpft und haben sich mit mehr als 220 interessierten Führungskräften, ihren Mentees, getroffen. Einmal die Woche, einmal im Monat, jede Mittagspause – wie auch immer es den Tandems passte – erklärten die einen den anderen ihr persönliches Nutzerverhalten: morgens bei Twitter nachschauen, was in der Welt los ist, anstatt die Tageszeitung zu lesen, beim Pendeln Filme schauen oder Spiele spielen, ein Foto vom Konzertbesuch per Snapchat mit Freunden teilen.
„Es war sehr inspirierend, die verschiedenen Apps, Geräte und Funktionen kennenzulernen. Bei den vielen neuen Entwicklungen ist es für uns alle wichtig, unser Wissen zu teilen und auf dem neuesten Stand zu bleiben“, sagt Martina Flögel. Und ihre Mentorin Julia Weber hatte nicht nur Spaß daran, ihre Begeisterung für die Apps, die sie täglich nutzt, weitergeben zu können. „Es war auch super, meine ‚Mentee‘, die in einem anderen Unternehmensbereich arbeitet, kennenzulernen. So habe ich neue Einblicke bekommen und hatte die Möglichkeit, mein Netzwerk weiterauszubauen.“
Und Mike Bott sagt über seinen jungen Mentor: „Wir hatten ein sehr offenes Gespräch darüber, wie die Digitalisierung alle Bereiche unseres Lebens beeinflusst – nicht nur im privaten, sondern auch im beruflichen Umfeld. Er hat mir außerdem eine tolle App vorgestellt, um Sprachen zu erlernen. Wir werden definitiv in Kontakt bleiben und uns weiterhin austauschen.”
So lernen die Bereichsleiter anhand der Kollegen, was die junge Zielgruppe umtreibt, während die Nachwuchsmanager Kontakte knüpfen und ihr Netzwerk erweitern können. Das zahlt sich nicht nur für beide Seiten persönlich aus, ein solches Modell hilft auch, Barrieren in den Köpfen der Menschen abzubauen, was für den digitalen Wandel unerlässlich ist. Wem das spielerisch gelingt, der hat auch bei tiefergreifenden Veränderungen die Belegschaft hinter sich.