Was Wunder, dass ihr unfreiwilliger Verlust, etwa durch Einbruch oder Zwangsvollstreckung, von den Betroffenen als Angriff auf die Integrität der Person empfunden wird. Die Journalistin Annette Schäfer zitiert ein Einbruchsopfer mit den Worten: "Schlimmer ist nur, einen Menschen zu verlieren; es ist, als ob man vergewaltigt wird." Ihr soeben erschienenes Buch "Wir sind, was wir haben. Über die tiefere Bedeutung der Dinge für unser Leben" ist eine Hommage an den amerikanischen Psychologen William James (1842–1910), der die Identität der Person unmittelbar an ihr Haben knüpfte, an die persönlichen Dinge, die er als Selbst-Objekte verstand. Das "Selbst eines Menschen" definierte James in einem umfassenden Sinn als die "Gesamtsumme" dessen, "was die Person ihr Eigen nennen kann, nicht nur sein Körper und seine psychischen Kräfte, sondern auch seine Kleider und sein Haus, seine Frau und Kinder, sein Ruf und seine Arbeit, seine Yacht und sein Bankkonto".
James redete durchaus nicht dem Materialismus das Wort. Er verwies vielmehr, wie Schäfer sagt, auf die "enge Beziehung" zwischen dem Selbstwertgefühl und den "Besitztümern eines Menschen", die essenziell zu ihm gehören, kurz, auf die identitätsstiftende Bedeutung der Dinge: Verlieren wir Besitz, so erleben wir dies als Schrumpfung der Person, bis zum Gefühl der Vernichtung, etwa wenn eine Sammlung oder ein wichtiges handschriftliches Werk verloren geht.
Verluste, so wissen die Ökonomen unter den Glücksforschern, werden empfindlicher wahrgenommen als Gewinne. Ein Ding zu verlieren bedeutet größere Unlust, als es die Lust ist, etwas Gleichwertiges zu erwerben. Zusätzliche Konsumverheißungen mögen den Durchschnittsmenschen kaltlassen, doch wenn er mit weniger auskommen muss als dem, was er hat, fühlt er sich schnell entwertet. Zumal wenn diejenigen, denen er sich ebenbürtig fühlt, nicht so stark zurückstecken müssen, wie er selbst. Allemal definieren wir uns auch über das, was wir haben, ob über Geld oder über die Dinge, die uns umgeben. Sie sind uns keineswegs äußerlich, im Gegenteil, sie sind Spiegel unserer Persönlichkeit, Begleiter unserer Biografie.
Überbewertetes Besitzgefühl
Die Orientierung an dem, was wir im greifbaren Sinn haben können, ist tief verwurzelt in unserer Psyche. Das zeigt die vergleichende Ethnologie, die, von den Inuit bis zu den Ureinwohnern Neu-Guineas, das magische Band zwischen Menschen und Dingen beschreibt, ebenso wie die Psychologie: Der Kognitionspsychologe und Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahnemann, einer der Erfinder des "Endowment-Effekts", nach dem wir den Besitz einer Sache immer überbewerten und ihn deshalb nur widerstrebend abgeben, erinnert an das Verhalten von Säuglingen: Sie klammern sich fest an ihr Spielzeug und zeigen "eine starke motorische Unruhe, wenn es ihnen weggenommen wird".
Der britische Psychoanalytiker Donald W. Winnicott beschreibt die Bedeutung der sogenannten "Übergangsobjekte" für die Ablösung des Kleinkinds von der Mutter: Die Schmusedecke vermittelt zwischen Selbst und Welt, tröstet beim Alleinsein, dient der Abwehr von Ängsten beim Schlafengehen. Der Frankfurter Psychologe Tilmann Habermas betont in seiner Studie über "Geliebte Objekte" die identitätsbildende Funktion persönlicher Dinge für den Teenager: Mit der Gitarre träumt er sich in die Rolle des Rockstars, auf dem Mountainbike testet er seine Mobilität.