American Capital wurde von der Finanzkrise von 2008 arg in Mitleidenschaft gezogen. Seither kann das Unternehmen in großem Stil steuerliche Verlustvorträge geltend machen. Anstatt aus den laufenden Erträgen Dividenden auszuschütten, nutzt es die Erträge für umfangreiche Rückkäufe der weit unter Buchwert notierenden Aktie. Kuhn zufolge ist American Capital mit dieser Strategie bei den meisten Investoren in Ungnade gefallen, dabei sei sie „wirtschaftlich absolut sinnvoll“. Kuhn glaubt, die Aktie könne ihren Wert in drei Jahren verdoppeln. Danach ist es vorbei mit den Steuervorteilen, und American Capital werde wieder Dividenden auf die dann stark reduzierte Anzahl von Aktien ausschütten.
In London lag ein Schwerpunkt der Empfehlungen auf Luxusmarken und Finanzdienstleistern. Scharfe Konfrontationen wie im Vorjahr blieben aus. Damals hatte Muddy-Waters-Gründer und Leerverkaufsspezialist Carson Block einen heftigen Disput über die Bilanzierungsmethoden und die Verschuldung des Agrarhändlers Olem International losgetreten. Mit unverblümten Verkaufsempfehlungen hielten sich Manager dieses Jahr weitgehend zurück, einzig Masroor Siddiqui von Naya Management gab eine: Der französische Brillenoptiker Essilor werde von verschärftem Preiswettbewerb bedroht.
Die zehn wichtigsten Aktien-Regeln
Gegen die größer werdenden Unwägbarkeiten sollte man sich zuallererst mit einer Strategie wappnen: Wer an kräftiges Wachstum in Deutschland glaubt, an einen anhaltenden Boom der Schwellenländer und hohen privaten Konsum, kann weiter am Aktienmarkt investieren. Wer skeptisch ist, sollte seine Bestände hingegen nicht aufstocken.
Eng verbunden mit der ersten Regel: Immer wieder kommt es vor, dass sich Dinge anders entwickeln, als man erwartet hat. Es ist wichtig, sich selbst immer wieder zu hinterfragen und nicht jeder Entwicklung hinterherzulaufen. Eine solche Reaktion zeugt nicht von einem geringen Vertrauen in die eigene Strategie. Es kostet meist auch Geld, weil die Masse schon vorher diese Richtung eingeschlagen und das Gros an Rendite eingefahren hat.
Groß oder klein, spekulativ oder konservativ, liquide oder illiquide, dividendenstark oder dividendenschwach, Substanz oder Wachstum: Bei Aktien ist die Auswahl riesig. Der richtige Mix aus spekulativen und konservativen Titeln hilft, Schwankungen zwischen guten und schlechten Zeiten auszugleichen. Nicht zu unterschätzen sind starke Dividendenzahler, die Jahr für Jahr den Grundstock für eine solide Rendite legen.
Keine Frage, die Börsen haben in den vergangenen zehn Jahren stärker geschwankt als in allen Dekaden zuvor. Das wird so bleiben, mit wachsendem Computerhandel sogar noch zunehmen. Wer sein Risiko minimieren will, baut Barrieren ein – sogenannte Stopps. Gerne werden Stopps bei 20 Prozent über und unterhalb des aktuellen Kurses gewählt. Dann wird automatisch verkauft, wenn diese Grenzen erreicht sind. Kommt eine Phase überraschend steigender Kurse mit anhaltendem Aufwärtstrend, lässt sich die Barriere leicht nach oben verschieben. Wichtig ist dann, auch die Barriere am unteren Ende nachzuziehen.
Wichtig in Phasen überraschender Kurssteigerungen oder -stürze ist es, das Verhalten der Masse zu beobachten. Ist es noch nachvollziehbar oder völlig irrational? Häufig ist es irrational. Dann hilft meist die zweite Regel: Widerstandskraft zeigen. Nach einigen Monaten kehrt die Rationalität von ganz allein zurück. Der Kurssturz aus dem vergangenen Jahr und die jüngste Entwicklung beweisen das gerade wieder.
Sind Aktien wie seit Jahresbeginn schon um 30, 40 oder gar 50 Prozent gestiegen, dann sind Anschlussgewinne in der Regel nur noch schwer zu erzielen. Phrasenverdächtig ist zwar die alte Weisheit: „An Gewinnmitnahmen ist noch niemand zugrunde gegangen.“ Richtig ist sie trotzdem.
Firmenchefs haben einen gewaltigen Vorteil gegenüber normalen Aktionären. Sie wissen weit mehr als jeder Analyst oder Kommentator, wie es in ihrem Unternehmen aussieht. Insider nennt man sie deshalb. Sie melden ihre Orders innerhalb von fünf Handelstagen an die Börsenaufsicht Bafin. Das Handelsblatt veröffentlicht alle zwei Wochen das sogenannte Insider-Barometer, das aus der Summe aller Kauf- und Verkaufsorders Schlüsse für den weiteren Verlauf in Dax & Co. zieht. Jüngste Tendenz: Vorstände und Aufsichtsräte verkaufen mehr als sie kaufen. Vorsicht also!
Terroranschläge und Naturkatastrophen kommen unerwartet. Politische Konflikte wie aktuell zwischen Israel und dem Iran schwelen meist länger. Entscheidende Wahlen wie jüngst in Russland und in diesem Jahr noch in Frankreich und den USA sind vorhersehbar und haben immer Einfluss auf die Börse. Dabei gilt generell: Wahljahre sind gute Börsenjahre.
Mit Optionsscheinen oder Bonus-Zertifikaten lässt sich zwar aus einem Aufwärtstrend ein noch größerer Profit schlagen. Dies sind jedoch in der Regel Wetten ohne realen Hintergrund. Aktien sind reale Werte.
Vor allem Aktien einzelner Branchen unterliegen immer wieder gewissen Moden. Doch die wechseln wie im realen Leben, und manchmal geht das schneller, als man denkt. Das bekommt gerade die einst angesehene Solarenergie-Branche bitter zu spüren.
Zugreifen sollte man nach Ansicht von Siddiqui hingegen bei Salvatore Ferragamo. Die Aussichten des italienischen Schuhherstellers bezeichnet er als glänzend. Zwar habe die Aktie 2013 bereits 50 Prozent zugelegt und erscheine mit einem KGV von 24 auf Basis des für 2014 erwarteten Gewinns teuer. Zum Vergleich: Die Aktien von Gucci-Eigentümer Kering und LVMH notieren bei 15 beziehungsweise 18 Jahresgewinnen. Der springende Punkt sei jedoch die Gewinnmarge, die bei Ferragamo von 20 Prozent im Vorjahr auf 28 Prozent im Jahr 2015 steigen könnte. Und das, sagt Siddiqui, sei „nicht einmal eine besonders optimistische Prognose“. Das Unternehmen könne dieses Ziel allein durch Kostensenkungen und marginale Verbesserungen einiger Geschäftsprozesse erreichen. Bis 2015 könne der Kurs der Ferragamo-Aktie auf 35 Dollar (rund 47 Euro) klettern, also um nahezu 40 Prozent, so Siddiqui.
Julian Sinclair von Talisman Global Asset Management bezeichnet die indische Tata Motors, zu der inzwischen die britischen Luxushersteller Jaguar und Land Rover gehören, als den „vierten deutschen Autohersteller“ neben Volkswagen, BMW und Daimler. Tata baue in England „gute und schöne Autos, für die die Leute gerne viel Geld ausgeben“ sagte er, „genauso wie für die deutschen Autos“.