Weil der Freiverkehr sich immer wieder als Tummelplatz für Kursmanipulateure erwies und der Handel mit etlichen Aktien auffällig war, hat sich die der Börsenbetreiber in Frankfurt, die Deutsche Börse, im vergangenen Jahr dazu durchgerungen, diesen Handelsplatz zu schließen. Aber damit ist das Problem noch nicht beseitigt. Die BaFin befürchtet nämlich, dass die Manipulateure nach Schließung des First Quotation Boards – so hieß der Freiverkehr an der Frankfurter Börse - nun auf andere Marktplätze ausweichen. Dafür hat die Bafin offenbar Anhaltspunkte, denen derzeit genauer nachgegangen wird. Daher hat die Finanzaufsicht ihre eindringliche Warnung vor Marktmanipulation durch Börsenbriefe, Angebote am Telefon ("Cold Calling") und Spam-Mails erst vor wenigen Wochen erneuert.
Das hier nicht bloß Panikmache am Werk ist, zeigen die Gerichtsverfahren der der vergangenen Jahre. Es gab bereits eine Reihe spektakulärer Urteile gegen Drahtzieher solch krimineller Machenschaften, sogar gegen bekannte Tippgeber, einen Börsencoach und gegen Aktionärsschützer. Für viel Aufsehen sorgte zuletzt das Verfahren um Kursmanipulation bei der Aktie De Beira Goldfields vor dem Landgericht Stuttgart.
Anleger haben das Nachsehen
Drei Angeklagte gaben in dem Verfahren zu, die Aktie des Unternehmens gehalten und später verkauft zu haben, nachdem sie durch Empfehlungen den Kurs in die Höhe getrieben hatten. Im Verfahren wurde offenbar, mit welchen Netzwerken die Manipulateure Aktien zunächst beschaffen, durch eigenen Wertpapierhandel und breit gestreute und aggressiv beworbene Kaufempfehlungen den Kurs erst hochjubelten, um dann mit dem Verkauf auf eigene Rechnung Kasse zu machen. Im Fall De Beira Goldfields sollen die Beschuldigten im Jahr 2006 rund 38 Millionen Euro Gewinn erzielt haben. Das Nachsehen hatten die Anleger, als der Kurs der Aktie einbrach und auf nahezu null sank..
Spektakuläre Urteile gegen Anlagebetrüger
Es ist ein Fall für die Geschichtsbücher: Dem Fondsmanager Bernie Madoff gelang es jahrzehntelang, ein höchst lukratives Schneeballsystem zu betreiben, bei dem die Einzahlungen der neuen Kunden für die Ausschüttungen anderer Kunden verwendet wurden. Mangel an Neukunden kannte Madoff offenbar nicht, denn es gelang im, seine oftmals prominenten und schwer reichen Kunden um insgesamt 65 Milliarden Dollar zu erleichtern. In der Finanzkrise flog der ganze Schwindel auf, weil einige Kunden große Summen abzogen. Im Jahr 2009 wurde Madoff zu 150 Jahren Haft verurteilt.
Im April 2011 sorgte das Urteil gegen den Börsen-Coach, Ex-N24-Moderator, Buchautor und Börsenjournalisten Markus Frick für Aufsehen. Er hatte ebenfalls Aktien öffentlich empfohlen, die er selbst besaß. Dadurch hat er dem Gericht zufolge 20.000 Anleger getäuscht und 42 Millionen Euro erlöst. Das Gericht brummte ihm ein Jahr und neun Monate Haft auf Bewährung sowie 420.000 Euro Strafzahlung auf. 80 Millionen Euro wurden sichergestellt.
Er gilt als der deutsche Bernie Madoff: Helmut Kiener hat mit seinen Hedgefonds Anleger und Banken mit einem Schneeballsystem im Laufe der Jahre um mehr als 300 Millionen Euro betrogen. Das Urteil für Kiener im Juli 2011: zehn Jahre und acht Monate Gefängnis. Das Landgericht Würzburg verurteilte den 52-Jährigen wegen Betrugs, Urkundenfälschung und Steuerhinterziehung. Erst sehr spät im Gerichtsverfahren hatte Kiener ein umfassendes Geständnis abgelegt.
Es waren die ersten Urteile in der sogenannten SdK-Affäre, bei der vor allem - inzwischen ehemalige - Funktionäre der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger wegen Kursmanipulation angeklagt waren. Der geständige Börsenbrief-Herausgeber Stefan Fiebach ist zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden, weil er vor allem die Aktien bejubelt hat, die er selbst besaß. Zuvor hatte er die Anschuldigungen gestanden und Kursmanipulation in Mittäterschaft eingeräumt. Nach dem Geständnis von Fiebach räumte auch der ehemalige Sprecher der (SdK), Christoph Öfele, über seinen Anwalt Insiderhandel in 92 Fällen ein und bestätigte damit die Vorwürfe der Anklage in vollem Umfang. Der geständige Öfele war früher neben seinen Börsengeschäften auch Aufsichtsratschef des Fußballclubs 1860 München. Als seine Verwicklung in den Aktienskandal bekannt wurde, legte er den Posten bei den Löwen nieder. Im Gegenzug für das Geständnis verurteilte das Gericht Öfele zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Neben einer Geldstrafe soll Öfele eine Nebenstrafe von rund 220.000 Euro zahlen - was fast dem kompletten Vermögen entspricht, das der 43-Jährige im Verfahren angegeben hat.
Der US-Hedgefondsmanager wurde im Oktober in einem Strafverfahren zur Zahlung von insgesamt 63,8 Millionen Dollar sowie zu elf Jahren Haft verurteilt. In einem weiteren Verfahren wurde ihm eine Strafzahlung von 92 Millionen Dollar aufgebrummt. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft fuhr Rajaratnam bis zu 75 Millionen Dollar an illegalen Profiten durch Insiderhandel ein. Er soll auf Grundlage von geheimen Informationen gehandelt haben, die ihm von im Wertpapiergeschäft tätigen Freunden und Kollegen zugesteckt wurden. Rajaratnam galt bei seiner Verhaftung als Milliardär, sein Galleon-Fonds verwaltete zu Spitzenzeiten sieben Milliarden Dollar.
Dem Geschäftsmann aus Texas wird angelastet, tausende Anleger um ihre Ersparnisse im Gesamtwert von sieben Milliarden Dollar gebracht zu haben. Ein Geschworenengericht hat ihn bereits verurteilt, das Strafmaß wird im Juni verkündet. Stanford drohen bis zu 230 Jahre Haft. Die Geschworenen erklärten Stanford des Betruges, der Verschwörung, der Geldwäsche und der Behinderung der Justiz für schuldig. Auf jeden der Anklagepunkte stehen Höchststrafen von bis zu 20 Jahren Haft. Außerdem soll der US-Investor seinen Opfern 330 Millionen Dollar erstatten. Der Fall flog 2009 auf. Mit seiner auf der Karibikinsel Antigua angesiedelten Firma hat Stanford offenbar mehr als 30.000 Investoren aus über einhundert Ländern um ihr Geld gebracht hat. Vor Gericht plädierte er auf nicht schuldig. Wegen Fluchtgefahr verbrachte Stanford die vergangenen drei Jahre hinter Gittern.
Gerade bei Börsenbriefen, die sich mit exotischen Aktien und Nebenwerten beschäftigen, ist Kursmanipulation eine latente Gefahr für Anleger. Denn die Exoten-Aktien ziehen in der Regel nur wenig Handel auf sich, der Markt für sie ist nicht sonderlich liquide. Da kann eine gut platzierte und aggressiv verbreitete Kaufempfehlung schnell für erhöhte Nachfrage sorgen und so den Kurs in die Höhe treiben. Daher sollten Anleger insbesondere bei Empfehlungen für solche Aktien, insbesondere auch bei nur im Cent-Bereich notierenden Pennystock-Aktien, besondere Vorsicht walten lassen.