Anleger-Ängste Im Schatten der Finanzkrise

Eine internationale Umfrage zeigt: Anleger haben die Erfahrungen der Börsenturbulenzen während der Finanzkrise bis heute nicht vergessen. Vor allem die Deutschen bleiben weiterhin konservativ und aktienscheu.

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Die Deutschen legen ihr Geld besonders konservativ an. Quelle: dpa

Frankfurt Auch nach zehn Jahren schwingt sie noch mit bei den Entscheidungen der Anleger über ihre Depot: die Finanzkrise, die 2007/2008 begann und massiv Investorenvermögen vernichtete. Das ergibt eine Studie unter 15.300 internationalen Anlegern im Auftrag des US-Fondshauses Legg Mason. In Deutschland wurden 1000 Anleger befragt. Die meisten Anleger weltweit bezeichnen sich demzufolge wenig überraschend als konservativ – allerdings sind kaum andere Investoren so risikoscheu wie die Deutschen. Immerhin gehören Aktien zu den Anlageklassen, die in der nahen Zukunft die größten Renditechancen bieten.

Die meisten  Anleger weltweit sehen sich nach wie vor von den Turbulenzen im Jahr 2008 beeinflusst, als führende Indizes wie der Dax und der Euro-Zonen-Index Euro Stoxx 50 binnen 14 Monaten um mehr als die Hälfte einbrachen. Weltweit sagen 57 Prozent, dass sie die damaligen Erfahrungen bis heute beeinflussen. In den USA, wo die Finanzkrise nach der Pleite des US-Investmentbank Lehman Brothers ausgelöst wurde, sind es sogar 65 Prozent.

In Deutschland beschäftigt die Krise vor allem noch die Jüngeren bis 35 Jahren. Knapp die Hälfte von ihnen gibt dies zu, landesweit sind es 41 Prozent. Die Nachwirkungen bei der Jugend findet Klaus Dahmann, Deutschland-Chef bei Legg Mason „nicht überraschend“. Ein Großteil der unter 35-Jährigen sei genau zur Finanzkrise ins Berufsleben eingestiegen, habe dann das erste „richtige“ Geld verdient hat und sich zum ersten Mal in einer denkbar schwierigen Zeit mit den Kapitalmärkten auseinandersetzen musste. „Eine solche Erfahrung prägt“, sagt er.  Insgesamt hätten die hohe Volatilität und nun das Niedrigzinsumfeld Anleger spürbar verunsichert, resümiert Dahmann.

Dennoch bedauern die meisten Deutschen nicht ihre Anlageentscheidungen der vergangenen zehn Jahre, während global dies nur ein Drittel so sagen: Weltweit jeweils gibt ein gutes Zehntel zu, zu ehrgeizig gewesen zu sein und Anlagen gekauft zu haben, die nicht verstanden wurden, das Vermögen zu wenig auf Anlageklassen aufgeteilt zu haben und nach schlechter Beratung investiert zu haben.  Bei Deutschen waren dies jeweils deutlich weniger.

Dazu passt, dass die Deutschen sich für besonders konservativ halten: Dies behaupten 78 Prozent der Befragten. Weltweit schätzen sich 72 Prozent der Anleger so ein. In Europa ist Konservatismus beim Geldanlegen stärker ausgeprägt als anderswo mit 76 Prozent der Befragten.

Auch künftig geben sich die Deutschen am risikoscheuesten im internationalen Vergleich: Gefragt danach, ob sie in den kommenden zwölf Monaten mehr Risiko eingehen wollen, bejahen dies gerade mal 15 Prozent. Dagegen wollen 72 Prozent nichts ändern, fünf Prozent das Risiko herunterfahren. Die jüngeren im Land sind etwas mutiger: Ein gutes Viertel kann sich vorstellen, im Depot mehr zu wagen. Weltweit können sich dagegen 37 Prozent der Anleger vorstellen, ihr Risiko hochzufahren. Dies gab fast die Hälfte der US-Amerikaner an.

So sind auch für nächsten zwölf Monate vor allem US-Amerikaner neben Chinesen und Schweden optimistisch sind, was Anlagechancen angeht. Den meisten Deutschen fehlt dagegen der Glaube an die zukünftige Entwicklung, ähnlich geht es auch den Franzosen und den Japanern.

Immerhin bescheiden sich die Deutschen dann auch bei ihren Renditeerwartungen: 5,8 Prozent Ertrag soll ihr Depot im Jahr abwerfen, geben sie an. Allerdings schaffen sie derzeit gerade mal 3,7 Prozent. Weltweit sind die Erwartungen deutlich höher: Knapp acht Prozent meinen Investoren global jährlich erreichen zu können. Dies, obwohl sie derzeit 5,7 Prozent erzielen.

Und so verwundert es auch nicht, dass fast die Hälfte der Deutschen Immobilien als die attraktivste Anlageklasse ansieht. Auf Rang zwei liegen immerhin die hier zu Lande wenig beliebten Firmenbeteiligungen über die Börse, die Aktien: Ein Viertel hält Dividendentitel für am aussichtsreichsten, genauso viele übrigens Gold. Bei den Jüngeren spielen Immobilien ebenfalls die wichtigste Rolle. Danach nennen sie allerdings Liquidität vor Gold und Aktien.

Auch wenn die Deutschen neben Immobilien den Aktien Renditechancen zugestehen: Gewichtig in Aktien investieren sie bisher jedenfalls nicht. Während die befragten Anleger ein Drittel ihres frei verfügbaren Vermögens auf Konten parken und knapp ein Fünftel in Anleihen stecken, machen Aktien gerade mal acht Prozent aus. Den Rest des Vermögens halten sie unter anderem in Immobilien, alternativen Investments und Gold. International haben Anleger der Umfrage zufolge immerhin 18 Prozent ihres Vermögens in Aktien investiert.

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