Billiges Notenbank-Geld Die stärksten Dax-Aktien in der Geldflut

Verkehrte Welt: Die Nachrichten aus Konjunktur und Unternehmen werden schlechter, die Aktienkurse steigen, angetrieben von billigem Notenbank-Geld. Wie lange kann das gut gehen? Und welche Dax-Aktien haben nun noch Potenzial?

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Eisberg voraus? - Allen Bedenken zum Trotz nimmt die Frankfurter Börse Kurs auf neue Hochs Quelle: REUTERS

Die 19 schaffen wir nicht“, raunt Boris Ziganke seinem Chef zu. Der Börsenmakler von Scheich & Partner muss gleich den ersten Kurs für den Börsenneuling Talanx berechnen. Anleger haben die Versicherer-Aktie zu 18,30 Euro gezeichnet, jetzt hoffen alle auf einen Kurs über 19. Doch die Vorzeichen sind nicht gut; Talanx-Chef Herbert Haas hatte den Börsengang erst angekündigt, dann abgesagt und dann doch durchgezogen. Zu allem Überfluss eröffnet der Dax an diesem Morgen vor dem Einheits-Feiertag 50 Punkte im Minus.

Haas steht vor Zigankes Maklerschranke, umringt von Fotografen und Kamerateams, und wartet auf die erste Kursschätzung. Um 9.05 Uhr wagt Ziganke sie: „18,50 bis 19,20 Euro.“ Der Dax rauscht weiter nach unten. Ziganke telefoniert hektisch mit der Deutschen Bank, die den Börsengang an vorderster Stelle organisiert. Endlich, um 9.24 Uhr, verkündet er den ersten Kurs: 19,05 Euro.

Drei Aktientipps für alle Anleger
BASF - Die Chemie stimmt nochAm weltgrößten Chemiekonzern würde ein Einbruch des chinesischen Wirtschaftswachstums nicht spurlos vorübergehen. Doch langfristig würde BASF aus einer neuen Krise gestärkt hervorgehen und Marktanteile gewinnen: Die Bilanz ist solide, die Kosten sind im Griff, und bei fast allen Kunden kann BASF derzeit Preiserhöhungen durchsetzen. Quelle: ZB
Dank der Konzerntochter Wintershall (Öl- und Gasförderung) leiden die Ludwigshafener weniger unter steigenden Energiepreisen als andere Chemiekonzerne. Zudem ist die Aktie nicht teuer. Umsatz 2012 (in Mrd. €): 76,8 Kurs/ Stoppkurs (in €): 67,06/ 53,20 Börsenwert (in Mrd. €): 61,6 Dividendenrendite (in %): 3,7 KGV 2012/ 2013: 12,3/ 11,1 Chance/Risiko: 6/5 Quelle: Bloomberg, Stand: 4. Oktober 2012
SAP - Erfolge in der WolkeSAP hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt: 2015 will der Konzern als erster Anbieter weltweit vollständig profitabel in der Cloud (Software flexibel im Netz mieten, statt sie zu kaufen und fest zu installieren) arbeiten. Cloud Computing ist eine Revolution, herkömmliche Softwareumgebungen werden nach und nach verschwinden. Quelle: dapd
SAP, dort groß geworden, hat die Herausforderung wider Erwarten gut angenommen. Die Produkte der Kurpfälzer sind inzwischen auch für kleinere Kunden aus Schwellenländern und Mittelstand attraktiv – lange ein Manko. Umsatz 2012 (in Mrd. €): 16,1 Kurs/ Stoppkurs (in €): 54,93/ 44,30 Börsenwert (in Mrd. €): 67,5 Dividendenrendite (in %): 1,4 KGV 2012/ 2013: 18,0/ 15,6 Chance/Risiko: 6/5 Stand: 4. Oktober 2012
Bayer - Die Apotheke vom RheinDie Aktie ist schon gut gelaufen, Skeptiker werden auf das deshalb gestiegene KGV und das respektable Kurs-Buchwert-Verhältnis von 2,6 verweisen. Doch Bayer hat in den vergangenen Jahren viele Probleme beseitigt oder verkleinert, die zuvor auf dem Kurs gelastet hatten, etwa die früher sehr schwache Pharma-Pipeline aufgefüllt. Quelle: dapd
Zudem expandiert Bayer stark im Pflanzenschutz und bei Saatgut, also in zwei sehr zukunftsträchtigen Branchen. Auch das stabile Geschäft mit Veterinärmedizin baut Bayer aus, etwa in den USA. Umsatz 2012 (in Mrd. €): 38,9 Kurs/ Stoppkurs (in €): 67,60/ 58,60 Börsenwert (in Mrd. €): 55,9 Dividendenrendite (in %): 2,4 KGV 2012/ 2013: 12,6/ 11,5 Chance/Risiko: 7/6 Stand: 4. Oktober 2012

Spürbare Erleichterung

Applaus. Die Deutsche Bank hat tatsächlich einen Kurs über 19 hinbekommen. Auf der großen Börsentafel dreht auch der Dax nun langsam ins Plus. „Talanx zieht den Dax“, witzelt Wolfram Schmitt, der für den Versicherer Investoren betreut. Das ist zu viel der Ehre; der Talanx-Kurs bröckelt wieder ab, aber die Erleichterung auf dem Frankfurter Parkett ist spürbar: Der erste große Börsengang des Jahres ist geglückt, und der deutsche Leitindex demonstriert in dieser goldenen Oktoberwoche erneut seine Stärke. Seit dem Tief von Anfang Juni stieg er von 6.000 auf 7.350 Punkte – ein Plus von fast 23 Prozent in nur vier Monaten.

Es scheint, als hätten die Anleger negative Signale ausgeblendet, die aus aller Welt an die Börse drängen:

  • Chinas Wachstum flaut ab. Jüngsten Daten zufolge wuchs die Wirtschaft zuletzt im Vergleich zum Vorjahr nur noch um sieben Prozent; in den kommenden Jahren könnte sich das Wachstum von früher acht bis elf auf drei bis sechs Prozent einbremsen, befürchten die Analysten der Société Générale. Für viele deutsche Konzerne ist China nicht der größte, aber der am schnellsten wachsende Markt. Nachlassende Dynamik könnte nicht ohne Folgen bleiben für Umsätze und Aktienkurse.
  • Europa ist von einer Lösung seiner Schuldenprobleme weit entfernt, Spanien und Italien schlittern immer tiefer in die Rezession. Es scheint nur eine Frage der Zeit, bis eines der beiden Länder dem Beispiel Irlands, Portugals und Griechenlands folgen wird und Hilfe aus dem ständigen Rettungsschirm der Euro-Zone (ESM) beantragen muss. Nach Schätzung der Ratingagentur Moody´s brauchen allein Spaniens marode Banken bis zu 105 Milliarden Euro aus den Rettungstöpfen. Griechenland hat sich derweil als das befürchtete Fass ohne Boden entpuppt; weder Schuldenschnitte noch Hilfszahlungen und harsche Sparprogramme haben bislang die Wende einleiten können.

Flut schlechter Daten

Übersicht zur Geldschöpfung von Fed und EZB, Stützungsprogramme der US-Notenbank und Entwicklung der Aktienindizes S&P 500 und Dax 30 (zum Vergrößern bitte Bild anklicken)
  • In den USA ist die Lage nicht viel besser als in Europa. Zwar stabilisierten sich zuletzt die Häuserpreise, deren Verfall am Anfang der Finanzkrise stand. Doch hohe Arbeitslosigkeit und die klamme öffentliche Hand bremsen die Konjunktur. Die USA dürften nur über ihre Re-Industrialisierung nachhaltiges Wachstum schaffen können – Häuserbau, Handel und Service werden auf Dauer nicht ausreichen. Doch gerade die Industrieinvestitionen schwächeln. Analysten rechnen für das Gesamtjahr 2012 nur noch mit maximal zwei Prozent US-Wachstum – auf Dauer zu wenig.
  • Der an der Börse viel beachtete deutsche ifo-Index sank zuletzt zum fünften Mal in Folge, ein klares Rezessionssignal. Der Index gilt als einer der besten Frühindikatoren für die Börse.
  • Das Gewinnwachstum der meisten Unternehmen schwächt sich deutlich ab. Einige Dax-Konzerne, wie Daimler oder der Chiphersteller Infineon, mussten ihre Prognosen für das 2012 schon deutlich nach unten korrigieren.
Konsens-Schätzungen für Gewinnwachstum europäischer Aktien (zum Vergrößern bitte Bild anklicken)

Wie lange also kann die Rally im Dax der Flut schlechter Daten noch standhalten?

Mit neuem Geld

Dass die Börse im Moment alles in Rosa sieht, ist vor allem zwei Herren zu verdanken: Ben Bernanke und Mario Draghi, den Präsidenten der Notenbanken Federal Reserve und Europäische Zentralbank (EZB). Sie kaufen Staatsanleihen und andere Papiere gegen Dollar und Euro auf und fluten die Banken so mit frischem Geld. „Dieses Geld fließt zu einem guten Teil an die Börsen, es wird die Kurse nicht nur kurz-, sondern auch mittelfristig befeuern“, sagt Klaus Schlote, Chef des Research beim Broker Solventis.

Falls Spanien als erstes großes Euro-Land Hilfen beim Euro-Rettungsfonds ESM beantragen muss, wäre dies aber keine Horrormeldung für die Börsen mehr. „Inzwischen würde diese Meldung kurzfristig sogar weitere Kursgewinne auslösen, der Weg wäre dann frei für die EZB, spanische Staatsanleihen zu kaufen und die Märkte weiter mit Geld zu fluten“, sagt Ralf Zimmermann, Kapitalmarktstratege des Vermögensverwalters Döttinger/Straubinger.

„Man sollte den Einfluss der Notenbank-Liquidität auf die Aktienmärkte keinesfalls unterschätzen, die Börsen haben schon immer positiv auf eine solche Geldflut reagiert“, sagt der renommierte Vermögensverwalter Jens Ehrhardt, der sich auf die Zusammenhänge zwischen Geldpolitik und Börsenperformance spezialisiert hat. „Das Geldmengenwachstum hat sich als sehr guter Indikator für die Entwicklung der Aktienkurse erwiesen, und diese Ziffer steigt gerade, vor allem in den USA.“

Rettende Geldflut

Drei Aktientipps für eine Spekulation
BMW - Vorsprung dank SparsamkeitKurzfristig spricht nicht viel für eine Auto-Aktie: Daimler schockte mit einer Gewinnwarnung, selbst auf die noch recht guten Halbjahreszahlen BMWs reagierte die Börse sauer. Damit ist aber auch die Euphorie aus der Aktie erst mal raus; das KGV ist moderat. Auf lange Sicht dürften sich BMWs Investitionen in neue, sparsame Modelle auszahlen. Quelle: Bloomberg Quelle: REUTERS
BMW investiert massiv in Leichtbau, Hybrid und Elektro, hat schon heute das geringste Durchschnittsalter der Modellpalette und mit den geringsten Durchschnittsverbrauch aller Hersteller. Umsatz 2012 (in Mrd. €): 73,6 Kurs/ Stoppkurs (in €): 57,48/ 48,60 Börsenwert (in Mrd. €): 36,8 Dividendenrendite (in %): 4,0 KGV 2012/ 2013: 7,6/ 7,5 Chance/Risiko: 7/6 Stand: 4. Oktober 2012
Thyssen - Ungeliebte StahlkocherDie hohe Verschuldung, die Milliarden Euro teuren Probleme mit einem Stahlwerk in Brasilien und Konjunktursorgen hatten den Kurs im Sommer unter das Finanzkrisen-Tief vom März 2009 stürzen lassen. Doch Thyssen ist noch lange nicht pleite, das Unternehmen räumt dem Schuldenabbau Priorität ein und kam damit zuletzt gut voran. Positive News würden den Kurs stark befeuern. Quelle: dpa
Ein Verkauf des kriselnden amerikanischen Stahlgeschäfts von Thyssen (und damit des Brasilien-Desasters) etwa scheint möglich, aktuell soll Koreas Posco Interesse haben. Umsatz 2012 (in Mrd. €): 41,5 Kurs/ Stoppkurs (in €): 16,83/ 14,60 Börsenwert (in Mrd. €): 8,7 Dividendenrendite (in %): 2,7 KGV 2012/ 2013: Verlust/ 21,8 Chance/Risiko: 8/7 Stand: 4. Oktober 2012
HeidelbergCement - Jenseits von AfrikaDer hoch verschuldende Baustoffkonzern fährt einen harten Sparkurs; erste Erfolge beim Schuldenabbau sind sichtbar. Seit 2007 hat der Konzern die Schulden von knapp 15 auf rund 8 Milliarden Euro reduziert. Gleichzeitig expandiert HeidelCement strategisch in den Schwellenländern, konnte dort zuletzt nicht nur den Absatz steigern, sondern auch Preiserhöhungen durchsetzen. Quelle: dpa/dpaweb
Heidelberg Cement Nun nehmen die Kurpfälzer neben Asien und Südamerika vor allem das südliche Afrika ins Visier, sie erwarten dort mittel- und langfristig hohes Wachstum. Umsatz 2012 (in Mrd. €): 13,9 Kurs/ Stoppkurs (in €): 41,81/ 35,30 Börsenwert (in Mrd. €): 7,8 Dividendenrendite (in %): 0,8 KGV 2012/ 2013: 13,9/ 10,7 Chance/Risiko: 8/7 Stand: 4. Oktober 2012

Natürlich muss irgendwann die Konjunktur wieder anspringen, sonst geht jeder liquiditätsgetriebenen Rally die Puste aus. Danach sieht es im Moment noch nicht aus. „Aber die Börse läuft der Wirtschaft in der Regel um sechs bis zwölf Monate voraus“, sagt Schlote, „es ist auch möglich, dass die derzeit schlechten Nachrichten aus Spanien, Italien und China schon den Tiefpunkt des aktuellen Konjunkturzyklus markieren; im Moment wettet der Markt auf eine bessere Konjunktur ab 2013.“

Das Schlimmste haben die Notenbanken mit ihrer Geldflut den Euro-Krisenländern fürs Erste erspart. „Es ist den Zentralbanken gelungen, das Risiko eines baldigen unkontrollierten Auseinanderbrechens der Euro-Zone deutlich zu vermindern“, so Schlote. Ansonsten wären Bankenpleiten unausweichlich gewesen.

Mit Vollgas in die Inflation?

So verwundert es nicht, dass vor allem die Aktien von Banken und Versicherungen zuletzt die Rally befeuert haben. „In den Bankaktien waren zuvor Staatspleiten, Verstaatlichung oder Zerschlagung eingepreist“, sagt Zimmermann. Doch jetzt fallen die Zinssätze am Interbankenmarkt, zu denen sich Banken gegenseitig Geld leihen, auch die Kosten für Kreditausfallversicherungen signalisieren Entspannung. Zwar ist es zweifelhaft, ob die Politik der Notenbanken auf Dauer der Realwirtschaft – dem Handwerker, dem Maschinenbauer, dem Chemiekonzern – hilft oder ob sie nur neue Preisblasen aufpumpt und am Ende gar zu galoppierender Inflation führt. Zudem reagierten die Börsen zuletzt verhalten auf die Ankündigung weiterer Geldspritzen.

Drei Aktientipps für vorsichtige Anleger
E.On - Aktie wieder unter StromAls größter Kernkraft-Nutzer hat E.On besonders unter der Energiewende gelitten. E.On hat aber auch mehr und konsequenter als die Konkurrenten RWE und Vattenfall in Erneuerbare investiert, was sich langfristig auszahlen dürfte. Außerdem hat E.On die Krise genutzt, um sich von schwach rentablen Beteiligungen zu trennen, und hat Schulden abgebaut. Quelle: Bloomberg Quelle: dpa
Ein Joker könnte das Geschäft mit Flüssiggas werden, das die E.On-Tochter Ruhrgas ausbaut. Dem flüssigen Brennstoff gehört nach Meinung von Versorgungsexperten die Zukunft. Umsatz 2012 (in Mrd. €): 111,5 Kurs/ Stoppkurs (in €): 18,76/ 16,30 Börsenwert (in Mrd. €): 37,5 Dividendenrendite (in %): 5,3 KGV 2012/ 2013: 8,7/ 10,4 Chance/Risiko: 5/4 Stand: 4. Oktober 2012
Deutsche Telekom - Rendite bleibt attraktivZwar läuft das Stammgeschäft (Deutschland) schleppend, doch zeichnet sich im Ausland Besserung ab. Die Mobilfunk-Tochter T-Mobile USA soll mit Konkurrent Metro PCS fusionieren. Der Markt senkte darüber erst mal den Daumen: zu klein, zu teuer. Doch langfristige Synergien werden unterschätzt. Das neue Unternehmen wäre immerhin fast so groß wie die Nummer drei im US-Markt (Sprint). Quelle: dapd
Das Versprechen der Deutschen Telekom, die Dividende nicht zu kürzen, läuft zwar 2013 aus; doch mehr als fünf Prozent Rendite sind auch in den kommenden Jahren drin. Umsatz 2012 (in Mrd. €): 58,1 Kurs/ Stoppkurs (in €): 9,61/ 8,20 Börsenwert (in Mrd. €): 41,5 Dividendenrendite (in %): 7,3 KGV 2012/ 2013: 15,2/ 15,0 Chance/Risiko: 6/5 Stand: 4. Oktober 2012
K+S - Teuer, aber gutSicher, es gibt günstiger bewertete Aktien im Dax. Doch wer K+S nur nach Kurs- Umsatz und KGV bewertet, springt zu kurz. Beim einzigen deutschen Rohstoffkonzern müssen auch die Reserven in die Betrachtung mit einfließen. Und davon hat K+S eine Menge, sie dürften noch bis Ende des Jahrhunderts reichen. Quelle: AP
K+S In Kanada sollen neue Vorkommen von 160 Millionen Tonnen Kali erschlossen werden, dem wichtigsten Grundstoff für Dünger. Die Düngernachfrage steigt weiter, weil Ackerland knapper wird, die Weltbevölkerung aber wächst. Umsatz 2012 (in Mrd. €): 4,2 Kurs/ Stoppkurs (in €): 39,46/ 31,30 Börsenwert (in Mrd. €): 7,6 Dividendenrendite (in %): 3,3 KGV 2012/ 2013: 12,3/ 11,1 Chance/Risiko: 6/5 4. Oktober 2012

„Solange neue Schocks ausbleiben, etwa ein Angriff Israels auf den Iran, dürfte es zumindest zu keinem starken Einbruch an der Börse kommen, wenn die Notenbanken die Märkte weiter mit Geld fluten“, meint Zimmermann. „Dazu gibt es zu viele Investoren, die genau auf die Geldmengen schauen und bei deren Wachstum zumindest nicht verkaufen, meistens zukaufen.“

„Aktien sind besonders im Vergleich zu Anleihen nach wie vor attraktiv bewertet“, sagt Ehrhardt. So liegt das durchschnittliche Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) der Dax-Werte auf Basis der 2013 erwarteten Gewinne bei zehn; der historische Durchschnitt liegt bei rund 14. „Da ist bereits eine Menge an schlechten Nachrichten in den Kursen drin“, meint Zimmermann. Hinzu kommt, dass Anleger immer weniger Alternativen zu Aktien haben, wenn sie real, also nach Abzug der Inflation, noch eine Rendite erzielen wollen: Deutsche Staatsanleihen bringen derzeit 1,2 Prozent; nach Inflation verlieren Anleger also Kaufkraft.

Großanleger stützen Börse

Mit diesen Werten zocken Anleger am liebsten
15. PlatzDie Commerzbank-Aktie liegt wie Blei in vielen Depots. Viel Freude hatten die Aktionäre in den vergangenen Monaten und Jahren nicht mit den Papieren. Auch die Kursgewinne der vergangenen Wochen ändern daran wenig. Trotzdem oder gerade deshalb gehört die Commerzbank zu den beliebtesten Basiswerten der Zertifikate-Anleger. Mit einem Volumen von 13,5 Millionen Euro wurden an der Stuttgarter Börse Commerzbank Faktor 4x Short DAXF Indizes ge- und verkauft. Das reicht für Platz 15 der beliebtesten Basiswerte, die im September an der Stuttgarter Börse gehandelt wurden. Quelle: Börse Stuttgart Quelle: dpa
14. PlatzAuch die Bayer-Aktie zog zuletzt kräftig an. Seit Juli ist das Papier kontinuierlich im Wert gestiegen. Von den Kursgewinnen wollten auch viele Zertifikate-Anleger profitieren. Sie handelten Papiere mit Basiswert Bayer für 15,5 Millionen Euro. Quelle: AP
13. PlatzIm August brach bei BMW der Neuwagenverkauf um 13,5 Prozent ein. Das belastete auch den Kurs der Aktie. Dennoch waren die Papiere zuletzt bei den Anlegern gefragt. Zertifikate mit Basiswert BMW wurden mit einem Volumen von 19,1 Millionen Euro gehandelt. Quelle: dapd
12. PlatzEntgegen ihrer Ankündigung wird die Commerzbank wohl auch für das Geschäftsjahr 2013 keine Dividende an ihre Aktionäre auszahlen. Deutschlands zweitgrößtes Geldhaus plagen vor allem Probleme im Kreditgeschäft. Zertifikate-Anleger stört das weniger. Sie zockten trotzdem kräftig mit Papieren auf Deutschlands zweitgrößte Bank. Im September wurde der Basiswert Commerzbank an der Börse Stuttgart mit einem Volumen von 21,5 Millionen Euro gehandelt. Quelle: dpa
11. PlatzObjekt der Begierde vieler Anleger war im September auch Silber. Sie kauften und verkauften Papiere mit Basiswert Silber im Volumen von 22,8 Millionen Euro. Quelle: dpa
10. PlatzAnfang Juni war ein günstiger Zeitpunkt, um Aktien der Telekom zu kaufen. Seither hat das Papier rund 20 Prozent zugelegt. Im September war der Bonner Konzern auch bei Zertifikate-Anlegern gefragt. Sie kauften und verkauften den Basiswert Telekom in Höhe von 23,1 Millionen Euro. Quelle: dapd
9. PlatzDie Pkw-Absatzkrise in Deutschland macht auch Volkswagen zu schaffen. Doch was hierzulande schlecht läuft, klappt in den USA umso besser. Dort verbuchen die Wolfsburger Verkaufsrekorde. Ähnlich gefragt wie VW-Fahrzeuge in Übersee, war im September der Wolfsburger Konzern bei Anlegern. Sie kauften und verkauften Zertifikate auf die Aktie im Volumen von 26,2 Millionen Euro. Quelle: rtr

Die Folge: Großanleger schichten um. Allianz-Chef Michael Diekmann kündigte an, keine Staatsanleihen mehr mit neuen Kundengeldern kaufen zu wollen. Der weltgrößte Anleihemanager Pimco, eine Allianz-Tochter, will massiv von Anleihen in Aktien umschichten. Ehrhardt ist überzeugt: „Bei vielen Pensionsfonds, Staatsfonds und Versicherern, gibt es solche Pläne. Das wird die Börse weiter stützen.“

Dabei kaufen die Kapitalsammelstellen alle ähnlich ein: „Sie suchen große, weltweit operierende Konzerne mit hohen Cash-Flows, soliden Bilanzen und stabilen Dividenden“, beobachtet Dominic Wilson, Goldman-Sachs-Analyst, „diese Käufe lassen sich in den Anlageausschüssen leichter durchsetzen, und die Dividenden bringen den Versicherern genau jene regelmäßigen Renditen über der Inflation, die sie dringend brauchen.“ Zyklische, also stark von der derzeit schwächelnden Konjunktur abhängige Unternehmen, wie Maschinenbauer, Stahlkonzerne oder Automobilhersteller, lassen sie links liegen.

Trotz relativ hoher KGVs sollten sich Anleger weiter an Substanzaktien halten, deren überdurchschnittliche Entwicklung dürfte anhalten. „Wir beobachten an der Börse ein ähnliches Phänomen wie am Immobilienmarkt“, sagt Frank Ebach, Leiter der Kölner Niederlassung der BHF-Bank, „nach Qualität und 1a-Lagen steigt die Nachfrage ungebremst, 1b wird mit überhöhtem Risiko gleichgesetzt und gemieden.“ Anleger, die nur Zinspapiere und Tagesgeld haben, können – trotz der bisher nur auf billigem Notenbankgeld fußenden Rally – einen Teil ihres Vermögens in Dax-Aktien investieren. Zumal der Index weiter besser laufen sollte als andere Börsen.

Deutscher Wettbewerbsvorteil

„Sehr viele deutsche Firmen haben sich Wettbewerbsvorteile gegenüber Konkurrenten aus Europa und den USA erarbeitet“, sagt Schlote, „dass deutsche Produkte auf dem Weltmarkt, speziell in Asien, erfolgreicher sind als amerikanische, liegt nicht nur am schwachen Euro.“ So konnte der Softwareriese SAP dank neuer Produkte dem Konkurrenten Oracle aus den USA viele Kunden abjagen; auch BASF baut seine Weltmarktführerschaft weiter aus; selbst zuletzt gebeutelte Werte, wie der unter der Energiewende leidende Versorger E.On oder die Telekom, bieten nun Chancen.

Die WirtschaftsWoche hat neun aussichtsreiche Papiere aus dem Dax ausgewählt: drei solide Dax-Werte, die in keinem Depot fehlen sollten, drei Nachzügler mit hoher Dividendenrendite und drei Papiere für eine offensive Spekulation.

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