Deutsche Bank Im freien Fall

Den Kurssturz der Deutschen Bank scheint nichts aufzuhalten. Sie leidet wie die gesamte Branche unter dem tiefen  Misstrauen der Investoren. Aber die Frankfurter haben noch ein paar Probleme mehr als die Konkurrenz.

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Deutsche Bank

Die Zahlen sind dramatisch. Seit Anfang dieses Jahres hat die Aktie der Deutschen Bank rund ein Drittel ihres Wertes verloren. In den vergangenen sechs Monaten hat sich die Marktkapitalisierung mehr als halbiert, und allein am Mittwoch ging es bis zum frühen Nachmittag noch einmal um 4,75 Prozent abwärts. Nachdem der Kurs die Marke von 15 Euro nach unten durchbrochen hatte, war die Aktie wie schon so oft in diesem Jahr wieder einmal der Verlierer im Dax, und ist inzwischen so billig wie seit dem Höhepunkt der Finanzkrise nicht mehr. Später erholten sich die Papiere zumindest ein bisschen und notierten um 15.50 Uhr bei 15,02 Euro.

Der einzige Trost, der dem neuen Vorstandschef der Bank John Cryan im Moment bleibt, ist, dass alle großen europäischen Banken einen rabenschwarzen Start ins neue Jahr erwischt haben. Egal ob UBS, Credit Suisse oder Barclays, überall stehen seit Anfang Januar Kursverluste von über 20 Prozent zu Buche.

Fondsmanager Helmut Hipper von Union Investment fürchtet, dass sich am Misstrauen der Investoren gegenüber den Banken so schnell nichts ändern wird: „Die Aussichten bleiben eher schwierig“ , sagt er. Nach der Finanzkrise hätten die Geldhäuser die alten Profitabilitätsniveaus nicht mehr erreicht, und „jetzt kommen Befürchtungen auf, dass man das Beste schon wieder gesehen hat“. Der Experte sieht vor allem drei Gründe für die hohen Kursverluste: Die Angst vor einer empfindlichen Konjunkturabkühlung, die chronische Niedrigzinsphase und die Folgewirkungen des Ölpreisverfalls.

Dazu kommen bei der Deutschen Bank dann noch die hausgemachten Probleme. Die wurden gestern in einer Analystenstudie der französischen Investmentbank Exane BNP Paribas noch einmal schonungslos angesprochen. Analyst Amit Goel hält eine weitere Kapitalerhöhung beim größten deutschen Geldinstitut für immer wahrscheinlicher.

Sollte der geplante Verkauf der Postbank im laufenden Jahr nicht gelingen, dürfte die Bank wegen der hohen Kosten für Rechtsstreitigkeiten und Umstrukturierungen 2016 rote Zahlen schreiben, warnt Goel. Er stufte die Aktien deshalb von „Neutral“ auf „Underperform“ herab und senkte das Kursziel von 25 auf 17 Euro.

Deutsche-Bank-Chef John Cryan hatte erst vor wenigen Tagen auf der Jahrespressekonferenz des Geldhauses versichert, dass die Bank kein frisches Kapital brauche, falls sie nicht von unvorhergesehenen Katastrophen getroffen werde. Allerdings ist Goel nicht der einzige Analyst, der fürchtet, dass Cryan die Aktionäre noch einmal zur Kasse bitten muss, auch die Experten der Citigroup sehen die akute Gefahr einer Kapitalerhöhung, nachdem Cryan einen für 2015 einen Rekordverlust von 6,8 Milliarden Euro melden musste und auch für 2016 ein Minus nicht ausschließen konnte.

Zur mangelnden Attraktivität der Deutschen-Bank-Aktie trägt auch bei, dass Cryan die Dividende für 2015 und 2016 bereits gestrichen hat. Exane-Analyst Goel fürchtet sogar, dass die Bank erst 2018 wieder Geld an die Aktionäre ausschütten wird.

Inzwischen schlagen die Risiken der Deutschen Bank auch auf den Anleihemarkt durch. Am Markt für Credit Default Swaps (CDS), mit denen sich die Investoren gegen den Ausfall von Anleihen absichern können, sind die Risikoprämien für das Frankfurter Geldhaus, seit Mitte  Januar um rund 60 Prozent gestiegen. Auf diesem Risikoniveau wurden die CDS zuletzt Mitte 2012 gehandelt.

Investoren, die sich für fünf Jahre gegen Kreditausfälle bei der Deutschen Bank absichern wollen, müssen dafür inzwischen 1,6 Prozent der zu versichernden Summe als Prämie zahlen. Zu Beginn des neuen Jahres war es nur ein Prozent.

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