Hedgefonds Wenn Spekulanten dem Unternehmenswert schaden

Der Einstieg kurzfristig orientierter Investoren lässt Gewinne und Kurse klettern. Doch das geht zu Lasten von Zukunftsinvestitionen der betroffenen Unternehmen. Den Schaden tragen langfristig engagierte Eigentümer.

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Spekulanten raffen Geld zusammen Quelle: Getty Images

Manager börsennotierter Unternehmen betonen gern, dass sie nicht nur von Quartal zu Quartal denken. Doch in Wirklichkeit tun sie das oft, wie eine neue Studie zum US-Aktienmarkt zeigt. Schuld an diesem Verhalten sind Spekulanten, die Aktien nur für wenige Quartale halten und die Reaktion des Managements auf diese Kurzatmigkeit des Kapitalmarkts. 

„Das Engagement kurzfristig orientierter Anleger geht mit Einschnitten bei den langfristigen Investitionen einher, die zunächst zu Gewinnsteigerungen führen“, schreiben die Wirtschaftswissenschaftler Zacharias Sautner von der Frankfurt School of Finance & Management, Ankur Pareek von der Rutgers University und Martijn Cremers von der University of Notre Dame. Dabei profitieren die kurzfristigen Investoren von den vorübergehend steigenden Kursen, sodass am Ende nur die langfristig engagierten Anleger unter dem aufgrund unterlassener Investitionsausgaben sinkenden Firmenwert leiden.

Falsche Anreize 

„Wir müssen uns die Frage stellen, ob vierteljährliche Quartalsberichte falsche Anreize für das Management setzen“, sagt Studienautor Zacharias Sautner. Das kapitalmarktnahe Berichtswesen soll die Geschäftszahlen transparent machen, um den Aktionären und potenziellen neuen Eigentümern ständig neue Informationen über die Finanzlage ihres Unternehmens zu liefern. „Die Veröffentlichung im Dreimonats-Takt kann aber der Nachhaltigkeit schaden“, meint der Wissenschaftler.

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Mit dieser Auffassung steht er nicht allein da. So ist der Autobauer Porsche schon 2007 vor Gericht gezogen, weil er ins Premiumsegment der Deutschen Börse aufgenommen werden wollte, ohne Zwischenberichte vorzulegen. Als Begründung nannte Porsche damals die Orientierung des Managements an langfristigen Zielen. Die Klage hatte allerdings keinen Erfolg. Frankreich will langfristige Investoren fördern und stattet Aktionäre mit Sonderstimmrechten aus, wenn sie ihre Anteile lang genug halten. Eine ähnliche Regelung hat auch schon die US-Börsenaufsicht SEC zur Diskussion gestellt.

Wie haben die Ökonomen ihre Ergebnisse ermittelt? Sie haben für den Zeitraum von 1985 bis 2011 dokumentiert, wie sich die Haltedauern von Aktien entwickelten, nachdem diese wegen Kurssteigerungen oder Kapitalerhöhungen neu in die Riege der nach Börsenwert 3000 größten US-Unternehmen aufgenommen wurden.

Ein solcher Aufstieg in das untere Segment des populären Russel-Index ging regelmäßig einher mit einer wachsenden Aufmerksamkeit von Analysten, gefolgt von Einstiegen institutioneller Investoren. Die Haltedauern der neu in den Index aufgenommenen Aktien sinken deshalb im Jahr des Indexaufstiegs deutlich, und zwar um 15 Prozent. Das zeigt das steigende Engagement spekulativ orientierter Investoren, die Aktien nur wenige Monate oder Quartale halten und schnell kurzfristige Gewinne realisieren.

Ausgabenkürzung für ein kleines Kursfeuerwerk

Institutionelle Investoren, also Banken, Versicherungen, Pensionsfonds, Vermögensverwalter oder Hedgefonds, legen ein sehr unterschiedliches Anlageverhalten an den Tag. Besonders kurzfristig investieren Hedgefonds mit durchschnittlichen Haltedauern zwischen zwölf und 18 Monaten. Sie wollen mehr Rendite erzielen als der Gesamtmarkt und gehen daher höhere Risiken ein.

Dabei investieren sie nicht nur in Aktien, sondern in allen erdenklichen Anlageklassen, und setzen gern auch auf fallende Kurse. Sehr kurzfristig in ihren Aktieninvestments war jedoch laut Studie auch die Anlagegesellschaft der Universität von Chicago. Zu den längerfristig engagierten Anlegern gehört dagegen etwa Berkshire Hathaway, die Holding des US-Milliardärs Warren Buffett.

 

Das ökonomische Problem der kurzfristigen Gewinne liegt darin, wie sie entstehen. So streicht das Management eines neu in den Börsenindex aufgestiegenen Unternehmens gern die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) zusammen, um die Gewinne vorübergehend aufzuplustern. Die überraschend höher ausfallenden Quartalsergebnisse sorgen für Applaus bei einigen Analysten, die nicht so genau hinschauen, und lassen die Kurse kurzfristig klettern.

Bei ihrer Analyse des Investitionsverhaltens haben sich die Forscher auf die F&E-Ausgaben konzentriert, weil diese direkt aus der Gewinn- und Verlustrechnung abzulesen sind. Investitionen in den Kapitalstock des Unternehmens, etwa neue Maschinen, Patente konnten sie dagegen nicht berücksichtigen, weil diese gewinnneutral gebucht werden.

Strohfeuer erlischt schnell

Daten zu den Haltedauern der Aktien konnten die Ökonomen bequem aus Datenbanken ziehen, denn in den USA müssen institutionelle Investoren ab einem Portfolio von 100 Millionen Dollar vierteljährlich ihre Investments an die Börsenaufsicht SEC melden. Wenn das durch die gesparten F&E-Kosten entfachte Strohfeuer erlischt, sinkt der Unternehmenswert schnell wieder, weil die verpassten Zukunftsinvestitionen offenbar werden. Ausbaden müssen das die Langfristanleger, denn die Spekulanten sind dann schon längst über alle Berge.

Auf den deutschen Aktienmarkt sind die Studienergebnisse laut Ökonom Sautner nicht ohne weiteres übertragbar. Börsennotierte Unternehmen hätten hierzulande häufig Großaktionäre und Ankerinvestoren an Bord, die langfristig orientiert seien.

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