Was hat das „Bitcoin-Blutbad“ der vergangenen Tage ausgelöst? Investoren und Analysten sind auf ihrer Spurensuche auf eine ungewöhnliche Erklärung gestoßen: das chinesische Neujahrsfest. Es richtet sich nach dem Mondkalender und findet am 16. Februar statt.
„Chinesische Anleger verkaufen ihre Kryptoinvestments, um Geld für Reisen und für Geschenke zu haben“, heißt es in einer Analyse des Kryptodachfonds Bitbull Capital. „Wenn man bedenkt, wie groß der asiatische Einfluss auf die Kryptomärkte in der Vergangenheit war, ist das durchaus eine plausible Erklärung.“ Dass dies der wichtigste Faktor ist, glauben die Fondsmanager jedoch nicht.
In der Tat ist der Bitcoin-Kurs bereits 2016 und 2017 im Januar eingebrochen und hat sich dann Mitte Februar wieder erholt. 2016 verlor er in acht Tagen 20 Prozent und erholte sich bis Ende Februar wieder. Im vergangenen Jahr brach er in sieben Tagen um mehr als 30 Prozent ein. Ende Februar war auch diese Schwächephase überwunden.
Dieses Jahr kommt freilich zusätzlicher Druck von Aufsichtsbehörden auf der ganzen Welt hinzu. China hat angekündigt, das energieintensive Schürfen der Bitcoins schrittweise zurückzufahren und am Ende ganz einzustellen. Südkorea erwägt ein Verbot des Börsenhandels mit Kryptowährungen. Das hatte die Branche nicht kommen sehen. Die Verunsicherung könnte in den vergangenen Tagen zu zusätzlichen Verkäufen geführt haben.
Medienberichten zufolge haben Schürfer angefangen, ihre Hardware zu verkaufen. Zudem denken einige chinesische Firmen, die in großen Serverfarmen die Bitcoins produzieren, über neue Standorte nach. Im Gespräch sind Vietnam, Laos, Thailand, aber auch die USA und Kanada.
Vergangene Woche hat das chinesische Unternehmen Bitmain angekündigt, es würde sich mögliche Standorte in Quebec anschauen, um dort künftig Bitcoins zu schürfen. Die Provinz in Kanada produziert Energieüberschüsse und hält sich daher für die energieintensive Herstellung der Bitcoins für geeignet.
Der Bitcoin basiert wie andere Kryptowährungen auf der Blockchain-Technologie. Das ist eine Art dezentrale Datenbank und um diese mit neuen Informationen zu füllen, braucht es eine immense Rechnerleistung. Computer müssen dazu ein mathematisches Rätsel lösen. Wem dies als erstes gelingt, der kann die Informationen an die Datenbank anfügen und bekommt als Belohnung eine bestimmte Anzahl von Bitcoins. Schätzungen zufolge würden die IT-Unternehmen drei Monate brauchen, bis die Computerfarmen in einem anderen Land einsatzfähig wären.
Der Kursrutsch könnt jedoch auch schlicht eine ganze normale Korrektur sein. „Der Bitcoin hat 2017 eine parabelförmige Rally erlebt. Der Markt ist überkauft“, sagt Ari Paul vom Krypto-Hedgefonds Blocktower Capital. Er glaubt, die Sorgen um ein Handelsverbot in Südkorea hätten schlicht eine längst überfällige Korrektur in der Welt der digitalen Währungen ausgelöst.
Wie stark die Korrektur sein wird, muss sich zeigen. „Verläuft sie moderat, geht es nach einem Minus von rund 30 Prozent bei den großen Währungen schnell wieder zurück zu einem Bullenmarkt“, erklärt Paul. Bei einer Standardkorrektur, von der der Hedgefonds-Manager ausgeht, lägen die Kurse um rund 50 Prozent im Minus. Schlimmer sei nur die Kategorie mit dem martialischen Namen „Blut auf den Straßen“, bei der es um bis zu 85 Prozent abwärts gehe. Viele Investoren würden den Einbruch als eine zweite Chance sehen, günstig beim Bitcoin einzusteigen.
Der Markt sei wegen seiner hohen Volatilität vor allem von Kleinanlegern und wohlhabenden Einzelkämpfern besetzt, gibt Rich Ross vom Analysehaus Evercore ISI zu bedenken. Institutionelle Anleger hätten sich bislang weitgehend fern gehalten. Die Turbulenzen der vergangenen Tage werden daran wohl auch so schnell nichts ändern. Immerhin: In der Nacht zum Donnerstag haben sich die Kurse stabilisiert. Der Bitcoin lag in den frühen Morgenstunden bei über 11.000 Dollar, die zweitgrößte Kryptowährung Ether war wieder leicht über der 1000-Dollar-Marke.




