Norwegen Staatsfonds verliert Lust auf neue Anlageklassen

Lange wollte der weltgrößte Staatsfonds in mehr investieren als in Aktien und Anleihen – schon wegen der Niedrigzinsphase. Davon ist in Norwegen nicht mehr die Rede: Immobilien und Infrastruktur rentierten sich nicht.

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Der norwegische Staatsfonds verwaltet ein Vermögen von 860 Milliarden Euro. Quelle: dpa

Oslo Der größte Staatsfonds der Welt verabschiedet sich von seinem Ziel, in neue Anlageklassen zu investieren. Die Chancen auf Ertragssteigerungen, die Norwegens Staatsfonds einst bei Infrastruktur und Private Equity sah, sind laut Fondschef Yngve Slyngstad nicht mehr länger vorhanden. Dabei hatte der Fonds viele Jahre damit zugebracht, sich das politische Okay für eine mögliche neue Anlagestrategie einzuholen.

„Ob wir in Infrastruktur, Private Equity oder dergleichen investieren sollten, das ist für den Fonds realistisch gesehen keine sehr wichtige Frage“, sagte Slyngstad in einem Interview mit Bloomberg in der vergangenen Woche. „Es wäre ein so kleiner Anteil und die Umsetzung wäre so langwierig, dass, wenn es einen Einfluss auf die Erträge haben soll, dies nur geschehen würde, wenn die Größe des Fonds abnimmt.“

Die Aussagen stellen eine überraschende Kehrtwende dar im Vergleich zu früheren Äußerungen. Aktuell prüft die norwegische Regierungen, welche Vorteile es hätte, es dem Fonds zu erlauben, auch über Aktien, Anleihen und Immobilien hinaus zu investieren.

Ursprünglich hatten die Manager des Staatsfonds nach Jahren niedriger Zinsen argumentiert, dass das Hinzufügen neuer Anlageklassen ein Weg zu höheren Erträgen sei. Doch inzwischen hat Slyngstad zufolge die schiere Größe des Fonds die Logik dieses Ansatzes untergraben.

Nachdem der Fonds im Jahr 2010 die Erlaubnis erhielt in Immobilien zu investieren, hatte er damit zu kämpfen, das ihm vorgegebene Fünf-Prozent-Ziel zu erreichen – obwohl mehr Mitarbeiter eingestellt wurden, um den Prozess zu begleiten.

„Selbst bei Immobilien, die eine sehr große Anlageklasse sind, müssen Sie viele Jahre damit zubringen, einen bedeutenden Anteil aufzubauen“, sagte Slyngstad. „Bei Infrastruktur und Private Equity wäre es ähnlich.“


Ein Strategiewechsel

Mittlerweile haben mehrere Denkfabriken und Nichtregierungsorganisationen den Fonds aufgefordert, in Infrastruktur zu investieren. Die norwegische Regierung sagte bislang Nein dazu. Ihrer Meinung nach könnten solche Anlagen den Fonds in politisch sensibles Territorium führen, denn viele solcher Projekte sind Vorhaben der Öffentlichen Hand.

In einem Bericht, der Anfang des Jahres norwegischen Abgeordneten vorgestellt wurde, argumentierte das Institute for Energy Economics and Financial Analysis, dass es dem Fonds erlaubt werden sollte, fünf Prozent seines Anlagekapitals in nicht börsennotierte Infrastruktur und vor allem in erneuerbare Energien zu investieren.

„Nicht gelistete Infrastruktur bietet attraktive Erträge für das Risiko, das in einem wachsenden Markt eingegangen wird“, erklärte Tom Sanzillo, der Autor des Berichts, am vergangenen Donnerstag. „Die Erhöhung der Aktien-Investments erhöht das Risiko mit nur bescheidenen Ergebnissen für die weltweiten Erträge.“

Slyngstad sagte, der Fonds würde Infrastruktur-Investments nicht ablehnen, falls die Regierung ihre Meinung ändern sollte. Aber die Anlageklasse werde jetzt wahrscheinlich keine großen Auswirkungen auf die Erträge haben. Die Attraktivität von Infrastruktur hat sich zudem auch dadurch verringert, dass dem Fonds stattdessen erlaubt wurde, die Aktienbestände von 60 Prozent auf 70 Prozent des Anlagevolumens zu erhöhen.

„Damit die künftigen Generationen ihren Anteil am Ölzeitalter, das wir hatten, erhalten, werden unsere Anlagen in börsennotierte Wertpapiere der Haupttreiber für die Erträge und damit auch für das Einkommen des Fonds sein“, sagte Slyngstad. „Dieser Fonds wird zunehmend durch Erträge am Aktienmarkt getrieben, nicht so sehr von dem, was mit den Zinsen passiert, es sei denn, sie beeinflussen den Aktienmarkt.“

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