Payment for Order Flow Was (Neo-)Brokern droht

In der EU-Kommission werden offenbar Verbote für die Gebührenmodelle von Börsenhandelsplattformen erwägt, Gerüchten zufolge auch ein Provisionsverbot. Das könnte auch Neobroker wie Trade Republic treffen. Quelle: imago images

Die EU-Kommission plant offenbar ein Verbot von Rückvergütungen („Payment for Order Flow“). Bei einigen Brokern sind diese Provisionen ein wichtiger Teil des Geschäftsmodells. Trotzdem bleiben sie gelassen. Warum?

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Es war schon eine etwas merkwürdig anmutende Mitteilung, die der Broker FlatexDegiro da am Mittwochnachmittag an seine Aktionäre verschickte. Proaktiv verkündete der Frankfurter Broker gleich mal, dass das Unternehmen wohl kaum von einem möglichen EU-Verbot von Provisionszahlungen betroffen wäre. Bei FlatexDegiro gebe es nur einen „marginalen Umsatzanteil von gerade einmal drei Prozent bezogen auf Zuwendungen von Handelsplätzen“, heißt es in der Mitteilung.

Und damit nicht genug. Die Frankfurter weisen sogar darauf hin, dass die Konkurrenz von einem Verbot ja viel schlimmer betroffen wäre, und FlatexDegiro davon profitieren will. „Anpassungen in der Preisgestaltung von Vergleichsunternehmen, deren Geschäftsmodelle überwiegend oder ausschließlich auf Payment for Order flow basieren, würden die führende Marktposition von FlatexDegiro in Europa weiter stärken.“ Viel deutlicher kann der Seitenhieb auf Konkurrenten wie Trade Republic oder Scalable Capital kaum ausfallen.

Was aus Sicht der Konkurrenz wie ein fadenscheiniges Manöver anmuten mag, diente vermutlich zunächst einmal dem eigenen Aktienkurs, denn die Flatex-Aktie hatte gleich nach der Meldung durch „Bloomberg“, die EU könnte ein Provisionsverbot planen, rund fünf Prozent an Wert eingebüßt.

Aber was plant die EU eigentlich genau? Und warum versetzt das Broker so in Aufruhr?

Laut „Bloomberg“ plant die EU-Kommission ein Verbot von gewissen Gebührenmodellen, die von zahlreichen Brokern, insbesondere von den günstigen Neobrokern, genutzt werden. Noch handelt es sich allerdings nur um Pläne. Die EU-Kommission wollte die Nachricht nicht kommentieren. Trotzdem wird das Thema diskutiert, die europäische Wertpapieraufsicht ESMA hat sich schon vor einiger Zeit kritisch zu dem Modell geäußert, auch in den USA beschäftigt sich die US-Börsenaufsicht SEC mit einem möglichen Verbot.

Konkret geht es um die Tatsache, dass Broker von ihren Handelspartnern Vergütungen bekommen, wenn sie ihre Trades an die Handelspartner weiterleiten. Beim Smartphonebroker Trade Republic etwa werden die Trades über den Dienstleister Lang & Schwarz abgewickelt. Der wiederum zahlt eine Provision an Trade Republic – dafür, dass der Neobroker Lang & Schwarz die Transaktionen liefert.

Die EU-Kommission sieht ein solches Verbot als Maßnahme für mehr Transparenz. Schon mehrfach warnten Aufseher, auch die deutsche Aufsicht BaFin, die günstigen Gebührenmodelle der Neobroker seien für Anleger nicht so günstig, wie es auf den ersten Blick scheine. Zudem liefere das Provisionsmodell einen Anreiz dazu, die eigenen Kunden zu mehr und mehr Trades zu verleiten. Meist sind die Vergütungen bei riskanteren Anlageprodukten auch noch höher als bei normalen Aktienkäufen. Je häufiger und riskanter die Kunden also traden, desto mehr an Provisionen kassieren die Broker.

Neobroker wie Trade Republic oder Scalable verlangen in der Regel von ihren Kunden keine Ordergebühr, sondern nur eine sehr geringe Aufwandspauschale. Bei Marktführer Trade Republic ist das zum Beispiel eine Fremdkostenpauschale von einem Euro. Andere Broker, darunter auch FlatexDegiro, verlangen für jede Transaktion eine Ordergebühr.

Die jüngst veröffentlichten Zahlen des Berliner Fintechs geben erste Hinweise darauf, wie stark das Geschäft der Neobroker von den nun im Fokus stehenden Provisionen abhängig ist. Im Geschäftsjahr 2019/20 erzielte Trade Republic beachtliche 26,8 Millionen Euro Umsatz, davon dürften nach Berechnungen der WirtschaftsWoche schätzungsweise gut 17 Millionen Euro, also weit mehr als die Hälfte, aus den umstrittenen Provisionen stammen.

Auf ein mögliches Ende der Provisionen angesprochen, geben sich die Neobroker selbst aber regelmäßig entspannt. Man begrüße die Debatte um das eigene Geschäftsmodell ausdrücklich, erklärte der Neobroker noch im Juli dieses Jahres. Diese Provisionen würden vor allem etablierte Banken und Versicherungen erhalten. Die Innovation von Trade Republic sei dagegen die moderne Technologie, welche die Kosten für die Kunden deutlich senke.

Auch wenn sich nach außen alle entspannt bis siegessicher geben: Die Aufregung ob eines möglichen Verbots von Orderprovisionen dürfte bei Brokern, egal ob groß oder klein, enorm sein. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.

Mehr zum Thema: Deutschlands größter Neobroker Trade Republic hat Geschäftszahlen vorgelegt, und die sind für ein Start-up wahrlich gut. Sie zeigen aber auch, wie abhängig das Fintech von umstrittenen Provisionszahlungen ist.


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