Rohstoffe „Schweinchen Babe“ verzweifelt gesucht

In den USA werden die Ferkel knapp. Viele Mastwirte hatten ihr Vieh geschlachtet, weil sie sich das Futter nicht mehr leisten konnten. Die Preise für das begehrte Fleisch steigen immer weiter.

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Ferkelzucht in den USA. Quelle: ap

Chicago Schweinezüchter Lonnie Hoelscher kann sich vor Kunden kaum retten. Denn Ferkel sind derzeit ein heiß begehrtes Gut in den USA. "Die Leute rufen mich direkt an und fragen, ob sie zwei oder drei Schweine kaufen können, denn bei ihren örtlichen Viehhöfen sind sie kaum noch zu bekommen", sagt der Inhaber der Hoelscher Farm in Bartlesville im US-Bundesstaat Oklahoma.
In den vergangenen drei Monaten hat sich der Preis für ein zehn- bis zwölf-pfündiges Ferkel auf derzeit rund 52 Dollar mehr als versechsfacht. Grund: Viele Mastbetriebe hatten im vergangenen Sommer einen Großteil ihrer Herden geschlachtet, weil sie sich die hohen Futtermittelpreise nicht mehr leisten konnten. Nun wollen sie in der Hoffnung auf wieder anziehende Fleischpreise ihren Bestand mit Jungtieren wiederauffüllen.

Schweine-Mäster Bill Tentinger aus Le Mars in Iowa musste im Herbst fast das Handtuch werfen. Wegen der Jahrhundert-Dürre reichte der Mais-Ertrag seiner Farm nicht aus, um seine 7000-köpfige Schweine-Herde damit zu füttern. Das Futtermittel zuzukaufen, war wegen der explodierenden Preise zu teuer, denn gleichzeitig fielen wegen der verstärkten Schlachtungen die Fleisch-Preise. Im September machten US-Züchter im Schnitt mit jedem Schwein 54 Dollar Verlust. Das ist das größte Minus seit 1998. Damals hatte der Konkurs einer großen Schlachterei für ein Engpass bei der Verarbeitung und ein Überangebot an Frischfleisch gesorgt.
Inzwischen beurteilt der 40-jährige Tentinger die Aussichten für seine Farm wieder optimistischer. In der Ferkel-Knappheit sieht er ein Indiz für steigende Fleisch-Preise. Dem US-Landwirtschaftsministerium zufolge wurden in der Woche zum 16. November nur 28.800 Ferkel an Mastbetriebe ausgeliefert. Im Vorjahreszeitraum seien dagegen 63.700 junge Schweine verkauft worden.
Auch der US-Terminmarkt signalisiert steigende Preise für Schlachtvieh: So kostet Schwein zur Lieferung im Mai 2013 rund 99 US-Cent je Pfund im Vergleich zu 84 Cent zum Liefertermin Dezember 2012. Im September war der Kurs des Schweine-Futures zeitweise auf 70,375 Cent gefallen, den niedrigsten Wert seit Ende 2010. Getragen wird die Kurserholung unter anderem von der höheren Auslandsnachfrage. Zwischen Januar und September 2012 zogen die US-Exporte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um acht Prozent an.

Experten warnen aber vor überzogenen Erwartungen. "Das Schlimmste liegt wohl hinter uns, aber die Bauern werden noch weitere sechs Monate Verluste einfahren", betont Volkswirt Chris Hurt von der Purdue University und verweist auf die immer noch vergleichweise hohen Mais -Preise. Der Preis für ein Scheffel liegt derzeit rund zehn Prozent unter dem Rekordhoch von 8,4375 Dollar vom August.
Landwirtschaftsexperte Ron Plain von der University of Missouri sagt den US-Schweinebauern für das laufende Quartal einen Verlust von 31,25 Dollar pro verkauftem Tier voraus. Das Minus werde bis kommenden April auf rund zwölf Dollar verringern. Im Mai könnten die Züchter dann auf einen Gewinn von zwei Dollar pro Schwein hoffen. (geschrieben von Hakan Ersen, redigiert von Olaf Brenner)


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