Unterbewertete Aktien Wo Anleger noch Börsenraketen finden

Trotz neuer Höchststände im Dax bietet die Börsen-Hausse noch Chancen. Empfehlenswert sind Aktien kleinerer Unternehmen, die in Nischen mit Sonderkonjunktur operieren und noch günstig bewertet sind. Zu ihnen zählen Borussia Dortmund und zehn Mittelstands-Champions.

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Elf günstige Aktien aus attraktiven Nischen

Es kommt nicht oft vor, dass Spaniens König Juan Carlos wildfremden Menschen die Hand halten muss, um sie zu beruhigen. Während des Champions-League-Halbfinales zwischen Real Madrid und Borussia Dortmund (BVB) bewahrte Seine Majestät so womöglich seinen Sitznachbarn, BVB-Boss Hans-Joachim Watzke, vor einem Nervenzusammenbruch. In der Schlussphase der Partie reichte der königliche Beistand nicht mehr aus: Watzke konnte es nicht mehr mit ansehen, schloss sich auf einer Toilette ein und hielt sich bis zum Schlusspfiff die Ohren zu.

BVB-Aktionäre sind Zitterpartien gewohnt. 2005 trieben teure Spielertransfers und -gehälter, sportliche Misserfolge und ein Wucher-Mietvertrag für das Stadion den BVB um ein Haar in die Insolvenz. Die Aktie, im Herbst 2000 zu elf Euro das Stück und mit großem Brimborium von Watzkes Vorgängern an die Börse gebracht, fiel auf 80 Cent. Heute steht sie bei 3,28 Euro, ist aber noch nicht ausgereizt.

Die zehn wichtigsten Aktien-Regeln

Denn die Bundesliga eilt von Publikums- zu Publikumsrekord; in Summe sahen in der Saison 2011/12 knapp 14 Millionen Menschen die Spiele. Euro-, Finanz-, Banken- oder Schuldenkrise? Nicht im Fußball. Selbst in den Krisenjahren 2008 und 2009 steigerte die Liga Umsätze und Gewinne. Der Boom dürfte weitergehen. Sponsoren reißen sich um die Spitzenclubs; gerade zog Dortmund einen lukrativen Deal mit Turkish Airlines an Land, der FC Bayern verhandelt mit mehreren Konzernen, die sich – wie schon Adidas und Audi – für geschätzte 100 Millionen Euro rund neun Prozent an dem Club sichern wollen. Auch die TV-Rechte verkauft die Deutsche Fußball Liga jedes Mal teurer, zuletzt zahlten ARD, ZDF, Telekom und Sky 628 Millionen Euro für die Rechte der Saison 2013/14; bislang kosteten die pro Saison 412 Millionen Euro. Der Fußball erlebt eine Sonderkonjunktur.

Wie die im Juli 2012 empfohlenen Aktien gelaufen sind und was Anleger jetzt tun sollten Quelle: Bloomberg

„Es gibt, jenseits vom zyklischen Auf und Ab der Weltkonjunktur, immer Nischen, die konjunkturunabhängig sind – etwa, weil die Produkte der Branche immer gebraucht werden oder ein Technologiewandel stattfindet, der einer Branche stetig wachsende Umsätze beschert“, sagt Daniel Stelter, Partner bei Boston Consulting.

Seit fast 30 Jahren hat zum Beispiel die Softwarebranche Konjunktur: Weil immer mehr zwischen Ein- und Verkauf automatisiert ist, können es sich Unternehmen nicht mehr erlauben, mit veralteter Informationstechnik zu arbeiten. Auch das Gesundheitswesen boomt: Eine ältere Bevölkerung ist öfter und länger krank und braucht mehr medizinische Leistungen.

Der deutsche Bau wiederum profitiert von der Krise: Angetrieben von der Sorge um Euro-Stabilität und Inflation, stecken viele Bürger ihr Erspartes in Ausbau und Sanierung der eigenen vier Wände, oder sie investieren in Objekte zur Kapitalanlage. Neben der Flucht in Sachwerte treiben die niedrigen Bauzinsen die Branche an.

Vorzüge von Nischenbranchen

Welche Börsen an ihren Hochs kratzen
Dax, DeutschlandDer Deutsche Leitindex erreichte seinen Höchststand von 8.151,57 Punkten im Handelsverlauf am 13. Juli 2007. Obwohl sich die Krise am US-Immobilienmarkt bereits abzeichnete, schaffte der Dax 2007 ein Jahresplus von 23 Prozent. Momentan ist der Index ein gutes Stück vom Rekord entfernt – es fehlen über 450 Punkte. Beim Dax handelt es sich im Gegensatz zu den anderen großen Indizes wie dem Dow Jones um einen Performance-Index – in diesen werden die Dividenden der enthaltenen Unternehmen mit eingerechnet. Der Dow-Jones als Kursindex dagegen bildet nur die Kursentwicklung der Einzelwerte ab. Quelle: dapd
Dow Jones, USADas wichtigste Börsenbarometer der Welt ist an der New York Stock Exchange gelistet. Die Marktkapitalisierung aller im Dow Jones gelisteten Aktien beträgt mehr als drei Billionen Euro. Zum Vergleich: Im Dax beträgt die Marktkapitalisierung aller Aktien fast 880 Milliarden Euro. Der Dow Jones hat seinen Höchststand von 14.716,46 Punkten auf Verlaufsbasis am 09. April 2013 erreicht. Vor allem das billige Geld der Notenbanken treibe Anleger in Aktien, urteilen Analysten. Doch erste Anzeichen für ein baldiges Ende der lockeren Geldpolitik könnten den Dow Jones schnell wieder fallen lassen. Momentan notiert der Dow knapp unter seinem Hoch. Quelle: REUTERS
Nikkei 225, JapanAm 29. Dezember 1989 erreichte der Nikkei mit 38.957,44 Punkten im Handelsverlauf seinen Allzeithöchststand. Im April 2003 erreichte der wichtigste japanische Index den Tiefststand von 7.607 Punkten. Innerhalb von etwa viereinhalb Jahren hatte der Nikkei damit mehr als 80 Prozent eingebüßt. Schuld war unter anderem auch das Platzen der Spekulationsblase im Technologiesektor (Dotcom-Blase). Die Grenze von 30.000 Punkten fiel zum ersten Mal am 7. Dezember 1988 – davon ist trotz eines guten Kurses derzeit nicht einmal die Hälfte erreicht. Genauso wie der Dow-Jones-Index ist der Nikkei 225 kein Performance-Index, sondern ein preisgewichteter Kursindex. Quelle: dpa
Nasdaq 100, USADas amerikanische Pendant zum TecDax ist der Nasdaq 100, der die 100 größten Technologieunternehmen der Nasdaq enthält. Der Index listet unter anderem Börsenschwergewichte wie Apple, Google und Amazon. Seit Mai 2012 auch Facebook. Das Allzeithoch von 4.816,35 Punkten erreichte der Nasdaq 100 im Handelsverlauf des 24. März 2000. Dies verwundert wenig, da Technologieaktien um 2000 herum deutlich überbewertet waren, die sogenannte Dotcom-Blase. Deshalb notiert der Nasdaq in der vergangenen Zeit auch um rund 2000 Punkte niedriger. Quelle: REUTERS
S&P 500, USADer dritte wichtige Index aus den USA ist der S&P 500. Der von Standard & Poor's zusammengestellte Index umfasst die 500 größten US-Unternehmen und gehört damit zu den meistbeachtesten Indizes der Welt. Der klassische S&P, der auch in den Medien die meiste Beachtung findet, ist ein Kursindex. Er erreichte sein Allzeithoch von 1.576,09 Punkten im Handelsverlauf des 11. Oktober 2007. Momentan ist der Index nur wenige Punkte von seinem Rekord entfernt. Möchte man den Dax mit dem S&P vergleichen, so kann man auf den S&P 500 Total Return zurückgreifen, der wie der Dax ein Performance-Index ist. Seit dem 1. Januar 2000 hat sich der S&P 500 TR mit einer durchschnittlichen Jahresrendite von 9,7 Prozent besser entwickelt als der Dax (8,5 Prozent). Quelle: REUTERS
Euro Stoxx 50, EuropaDer wohl wichtigste Index für Europa ist der noch recht junge Euro Stoxx 50, der die größten Unternehmen aus der Euro-Zone listet. Der erst 1998 eingeführte Index erreichte sein Handelsallzeithoch von 5.495,18 Punkten am 6. März 2000. Nach dem Platzen der Dotcom-Blase ging es für den Euro Stoxx 50 deutlich nach unten. Nachdem er sich wieder aufgerappelt hatte, belastete ab 2007 die weltweite Finanzkrise und das Schuldenchaos in Europa den Kurs. Zurzeit notiert der Euro Stoxx in der Nähe von 2600 Punkten. Quelle: dapd
FTSE 100, GroßbritannienDer „Footsie“, wie er umgangssprachlich genannt wird, repräsentiert 80 Prozent der Marktkapitalisierung aller Aktien, die an der Börse in London gelistet sind. Sein Allzeithoch von 6.950,60 Punkten erreicht der Index am 30. Dezember 1999 – also wenige Monate vor dem Platzen der Dotcom-Blase. Erst acht Jahre später sollte der Kurs in ähnliche Höhen kommen, dann brach die Finanzkrise aus. Aktuell fehlen zum Höchststand etwa 500 Punkte. Quelle: AP

Mit kleinen und mittleren Aktien wie Borussia Dortmund (Börsenwert: 202 Millionen Euro) können Anleger gezielt auf solche prosperierenden Nischen setzen. „Nebenwerte eignen sich meist besser als große Dax-Werte, um als Anleger auf Trends oder Nischenbranchen zu setzen“, sagt der Hamburger Hedgefondsmanager Robert Suckel. Ihre Vorzüge:

  • Fokussiert Mit der Aktie eines Großkonzerns wie Siemens lässt sich nur eingeschränkt vom Boom der Medizintechnik profitieren. Gewinn und Aktienkurs werden von zu vielen anderen Größen bewegt, etwa vom Energiegeschäft. Mit Spezialisten wie Drägerwerke, Eckert & Ziegler (siehe Seite 5) oder Pulsion setzen Anleger zu 100 Prozent auf die Branche.
  • Flexibel Ergeben sich neue Marktchancen oder zieht die Branchenkonjunktur an, reagieren die Kleinen in der Regel schneller als Konzerne. Sie haben kürzere Entscheidungswege und können zeitnah auf Kundenwünsche reagieren.
  • Unverfälscht „Die Kurse der kleinen Aktien reagieren stärker auf Nachrichten aus dem Unternehmen selbst, weniger auf die Großwetterlage in Politik und Weltkonjunktur“, sagt Reiner Sachs vom Fondsanbieter Shareholder Value. Auf lange Sicht wirken sich ein gutes Management oder Top-Produkte stärker auf den Kurs aus als bei Konzernen. Deren Aktienkurse hängen stärker am allgemeinen Börsentrend.
  • Unterschätzt An der Börse finden viele der kleinen Werte kaum Beachtung. Medien berichten kaum; Banken verfassen keine Studien. Es lohnt sich nicht, weil die Aktien für die meisten Fonds oder Pensionskassen ohnehin nicht infrage kommen – zu klein, zu wenig gehandelt, Großorders bewegen den Kurs zu stark.

„Das kann im günstigen Fall dazu führen, dass die Kleinen an der Börse unterbewertet sind“, sagt Suckel. „Die Chance, Perlen zu fischen, ist bei Nebenwerten immer gegeben“, sagt Stephan Simmroß von der Heidelberger Fondsboutique FPS, „es kann aber lange dauern, bis sich die Unterbewertung auflöst. Drei bis fünf Jahre Geduld sollten Anleger mitbringen.“

Wie lukrativ die Kleinen sein können, zeigt ein Depot aus 16 Werten, die die WirtschaftsWoche im Juli 2012 empfahl. Die Aktien legten im Schnitt 34 Prozent zu (ohne Dividenden) und hängten auch den Dax ab. In der Tabelle auf Seite 147 finden Anleger zu jedem Titel eine Empfehlung, was jetzt zu tun ist. 15 Werte sind im Plus – aber auch nicht mehr so günstig bewertet wie vor knapp einem Jahr. Vor allem exportabhängige und konjunktursensible Werte aus Branchen wie Kfz-Zulieferung und Maschinenbau sind gut gelaufen.

Doch die Erholung der Weltkonjunktur vom Krisentief 2009 könnte ins Stocken geraten. „In diesem und im nächsten Quartal rechnen wir bei vielen Firmen mit stagnierenden oder leicht rückläufigen Gewinnen“, sagt Christian Struck vom Fondsberater Discover Capital. Viele Exportwerte haben im ersten Halbjahr 2012 noch vom damals gegenüber dem Dollar schwachen Euro profitiert; ein Sondereffekt, der nun nicht mehr wirkt. „Die Latte aus den Vergleichsquartalen des Vorjahres dürfte für viele Unternehmen zu hoch liegen, sodass kurzfristig Enttäuschungen drohen“, fürchtet Struck.

„Auf die lange Sicht“, meint Struck, „ist die Aktie aber alles andere als unattraktiv, vor allem angesichts der Alternativen.“ Das Problem ist bekannt: Die Zinsen sind unten, Immobilien sind teuer geworden, und Gold könnte seinen Nimbus als sicherer Hafen verlieren. „Gute Aktien aus Branchen mit eigener Konjunktur kann man eigentlich immer kaufen“, sagt Fondsmanager Simmroß. Auf den folgenden Seiten stellt die WirtschaftsWoche elf vielversprechende Werte vor.

Sto, Conwert und Uzin Utz

Wo Deutsche investieren – und wovor sie sich fürchten
Die Angst vor einem Auseinanderbrechen der Euro-Zone und die Probleme rund um Griechenland haben bei den deutschen Sparern ihre Spuren hinterlassen. Bei der Geldanlage sind die Deutschen heute deutlich vorsichtiger gestimmt, als zu Beginn der Finanzkrise. Das ist das Ergebnis des fünften Schroders Investmentbarometers. Auf den folgenden Seiten zeigen wir, wo die Deutschen ihr Geld heute investieren - und wovor sie sich fürchten.Quelle: Schroders Investment Management GmbH Quelle: REUTERS
EuropaDie Untergangspropheten für den Euro haben ganze Arbeit geleistet. Mittlerweile sehen 40 Prozent der deutschen Anleger Europa als die Region mit dem höchsten Risiko. Damit liegt der europäische Staatenverbund vor allen übrigen Regionen und Ländern. Die gestiegene Risikoaversion macht sich auch bei der Geldanlage der Deutschen bemerkbar. Im Vergleich zum Vorjahr wurden Investitionen in Europa um 15 Prozent zurückgefahren. Als sicher sehen die Deutschen im Moment nur ihr eigenes Heimatland. Gerade einmal 3 Prozent der deutschen Sparer würden ihr Geld nicht in der Bundesrepublik investieren. Quelle: dapd
ImmobilienImmobilien gelten momentan als einer der sichersten Anlagen. In den europäischen Metropolen überteigt die Nachfrage oftmals das Angebot. Dadurch klettern die Preise seit Jahren auf immer neue Rekordwerte. Auch für viele deutsche Anleger sind trotz der Krise Immobilien der Fels in der Brandung. 32 Prozent halten europäische Immobilien für besonders sicher. Quelle: dpa
AktienmärkteDas ständige Auf und Ab an den europäischen Aktienmärkten hielt viele deutsche Anleger in den letzten Jahren von einem Investment ab. Gerade einmal jeder fünfte Kleinanleger investierte sein Erspartes in Aktien. Trotzdem werden europäische Aktien von 21 Prozent der Befragten als sicher eingestuft. Quelle: dapd
DeutschlandDie Vorliebe für Deutschland als Anlageregion ist mit der Sorge um die Euro-Zone gestiegen. Mittlerweile investieren mehr als 80 Prozent der Befragten den größten Teil ihres Geldes in der Bundesrepublik. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Plus von neun Prozent. Dagegen sehen die Deutschen internationale Anlagen als zu risikoreich. Mehr als die Hälfte (56 Prozent) der Befragten gab an, keine Inventionen im Ausland tätigen zu wollen. Das sind zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Quelle: dpa
AsienDie asiatischen Länder mussten sich im letzten Jahr mit einem geringeren Wachstum zufrieden geben. Trotzdem sehen 46 Prozent der deutschen Anleger die Region als Wachstumsmarkt von morgen an. Das heißt aber nicht, dass sie dort auch tatsächlich investieren. Der Anteil der Anleger, die in der Region (ohne China und Japan) investiert sind, schrumpfte von fünf auf ein Prozent. Quelle: dapd
ChinaKnapp 20 Prozent der deutschen Privatanleger halten eine Investition in China für sinnvoll. Die Zahl der in China investierten Anleger halbierte sich dennoch im vergangenen Jahr von vier auf zwei Prozent. Quelle: AP

1. Sto Der Boom am Bau treibt den Dämmstoffspezialisten Sto. Das Unternehmen profitiert von Sanierungen, zum Bauboom kommen bei Sto auch noch die stetig steigenden Energiepreise, die so manchen Hausbesitzer bewegen, seine eigenen vier Wände in Styropor oder Steinwolle zu verpacken. 40,1 Millionen Quadratmeter Fassadendämmung wurden 2012 in Deutschland verlegt, das ist nicht ganz so viel wie im Rekordjahr 2011, aber noch sehr ordentlich. Der leichte Rückgang lag am frühen Wintereinbruch 2012.

Kursverlauf der Sto-Aktie

Der Markt für die Dämmstoffhersteller wie Sto ist auch in den nächsten Jahren äußerst lukrativ, meint Fondsmanager Sachs: „Im Schnitt werden in Deutschland pro Jahr nur rund 1,5 Prozent des Bestandes an Wohnungen energetisch saniert“, sagt Sachs, „bis der Markt gesättigt ist, müssen wohl die ersten Dämmungen schon wieder renoviert werden.“

Die Sto-Aktie hat an der Börse schon gut zugelegt, doch wächst der Gewinn mit: Von 8,49 Euro pro Aktie 2010 stieg er auf 10,08 Euro 2012; für 2013 schätzen die Analysten im Durchschnitt 10,62 Euro und für 2014 11,34. Das Unternehmen sitzt zudem netto auf 78 Millionen Euro Cash und ist mit einer Eigenkapitalquote von 65 Prozent sehr solide finanziert. Bei Kursen um 110 Euro ist die Aktie daher ein langfristiger Kauf.

2. Conwert projektiert, baut, verwaltet und vermietet Wohnungen. Ein Schwerpunkt ist das Sanieren von Altbauten in bevorzugten Lagen. Nach dem Einstieg eines Investors (Peter Haselsteiner, Chef des Baukonzerns Strabag, kaufte direkt und über das Vehikel Petrus 24,4 Prozent), einem Managementwechsel und einer Gewinnwarnung könnte der Aktie der Turn-around gelingen. Im Januar schrieb das neue Management mehr als 110 Millionen Euro an Wert vom alten Bestand ab. Nun sollte zumindest die Bilanzbereinigung abgeschlossen sein.

Kursverlauf der Conwert-Aktie

Nun expandieren die Österreicher fleißig nach Deutschland. Zuletzt kaufte Conwert 61 Prozent am deutschen Vermieter KWG, rund 10.000 Wohnungen. Hier haben die Wiener gute Geschäftsbedingungen ausgemacht. „Neben der hohen Nachfrage durch Erstbesitzer und Kapitalanleger treiben in Deutschland die Tendenz zu kleineren Haushalten, steigende Haushaltszahlen und eine zunehmende Wohnfläche pro Haushalt und die Zuwanderung vom Land in die Städte den Wohnraumbedarf“, sagt KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner.

Anders als die meisten deutschen Wohnimmobilien-Bestandshalter wie Gagfah, Patrizia oder TAG, notiert die Conwert-Aktie bei rund neun Euro noch weit unter dem Wert des Immobilienportfolios (Net Asset Value), welcher 2012 auf 16,10 Euro je Aktie geschätzt wird und 2013 auf 17,20 Euro. Die Aktie ist spekulativ, weil der Strategiewechsel des neuen Managements sich erst noch beweisen muss; dafür hat das Papier Potenzial; ein Verdoppler ist drin.

3. Uzin Utz aus Ulm stellt Kleber für Bodenbeläge wie Parkett und Fliesen her. Kunden sind meist Handwerksbetriebe, die klassisch über Großhandel und Direktvertrieb bedient werden. Die Profihandwerker sind weniger preissensitiv als Baumarktkunden oder Architekten von Großprojekten; sie bezahlen die durchschnittlich zehn Prozent mehr, die Uzin im Vergleich zu Konkurrenzprodukten verlangt. Außerdem sind sie sehr loyal: Handwerksbetriebe wechseln nicht wegen eines kleinen Preisvorteils das Produkt. Auf der Rechnung für den Boden macht der Parkettkleber nur zwei Prozent des Gesamtpreises aus. Kaum ein Bodenverleger geht das Risiko einer Reklamation ein, weil er mit billigem Kleber experimentiert hat.

Dafür bekommen die Handwerker bei Utz auch Premiumqualität. In Umfragen einschlägiger Fachmagazine belegen die Uzin-Produkte seit Jahren vordere Plätze. Konkurrenz durch Großkonzerne wie BASF, Saint Gobain, Sika oder Henkel spürt Uzin dank dieser Strategie nur wenig, da die Klebstoffe in kleinen Mengen regional produziert und zeitnah an die Handwerker geliefert werden; für die Großen ist dieses Geschäft zu wenig skalierbar. 60 Prozent des Umsatzes stammen aus Sanierungen, der Rest vom Neubau, überwiegend aus Deutschland.

Kursverlauf der Uzin-Utz-Aktie

Uzin merkte wie der gesamte Bau im ersten Quartal 2013 den langen Winter. Dennoch dürften 2013 mehr als 220 Millionen Euro Umsatz und ein Vorsteuergewinn von 15 Millionen Euro (Ebit) erreicht werden, was einem Umsatzplus von rund fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr entspräche, in etwa Uzins langjährige Wachstumsrate. Das Ebit sollte gegenüber 2012 mit plus acht Prozent überproportional zulegen; mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von zehn und einer Dividendenrendite von rund vier Prozent ist die Aktie günstig.

Anleger profitieren mit Uzin ungefiltert vom deutschen Bau- und Sanierungsboom, müssen sich aber darüber im Klaren sein, dass sie einen klassischen Nebenwert erwerben: Uzin berichtet nur halbjährlich, nur wenige Analysten beobachten die Aktie. Der Streubesitz ist mit 18 Prozent gering; stärkere Kursschwankungen kennt das Papier trotzdem kaum, die Großanleger sind treu, Unternehmensinsider kaufen immer wieder zu.

Innotec TSS, Helma Eigenheimbau und Bechtle

Die besten Geldmanager Deutschlands
Hendrik Leber Quelle: Presse
Frankfurt Performance Management (Martin Wirth, Manfred Piontke) +47,9 ProzentPlatz 2 in der Kategorie "Aktien nach Ertrag"Anlageempfehlungen:Sto: Dämmstoffspezialist, profitiert vom Bau- und SanierungsboomSartorius: Laborausstatter, Gewinnziele mehrfach gehobenLeoni: Übernahmegerüchte halten sich hartnäckig, günstig bewertetNorma: Neu in den Portfolios, expandiert erfolgreich nach AsienFreenet: Strategie, auf mehr umsatzstarke Kunden zu setzen, greift „Gute Aktien ziehen weiteres Kapital an, schlechte Anlagen werden trotz Liquiditätsschwemme weiter vor sich hindümpeln“, formuliert Martin Wirth sein derzeitiges Anlage-Credo. Deswegen ist dem Spezialisten für kleine deutsche Aktien auch nicht bange, dass dem seit 2009 schon steigenden Markt bald die Puste ausgehen könnte. „Wer eine Wahl hat zwischen Aktien und Bonds und keinen strengen Regeln unterliegt, wird weiterhin zur Aktie greifen, denn dort bekommt er einen flüssig handelbaren, inflationsgeschützten Sachwert, der im Bestfall auch noch eine regelmäßige Rendite abwirft.“ Wirth und Piontke bevorzugen Aktien von Mittelständlern aus der näheren Umgebung, von denen sie sich vor Ort ein genaues Bild machen können. In den Fonds – individuell betreute Großkunden spielen bei ihnen eine Nebenrolle – halten sie nur deutsche Aktien. „Die kennen wir, die können wir einschätzen.“ Quelle: Klaus Weddig für WirtschaftsWoche
Stephan Simmroß Quelle: Presse
Jens Ehrhardt Quelle: Bert Bostelmann für WirtschaftsWoche
Bert Flossbach Quelle: LAIF/Thomas Rabsch
Tim Schmiel Quelle: Frank Beer für WirtschaftsWoche
Michael Demmel, hadi Saidi, Rüdiger Fries Quelle: Andreas Chudowski für WirtschaftsWoche

4. Innotec TSS stellt vor allem Türen aus Aluminium, Kunststoff und Holz her. Die machen rund 60 Prozent der Erlöse aus, in den vergangenen drei Jahren wuchs das Hauptgeschäft Türsysteme im Schnitt um fünf Prozent pro Jahr. Ein Großteil der Umsätze entfällt aufs Ersatzgeschäft; viele alte Haustüren entsprechen nicht mehr den Standards bei Einbruchs-, Brand- und Wärmeschutz. Daneben produziert Innotec Lagersysteme für Brücken und Hochhäuser. Ein Spezialgebiet, das viel Know-how erfordert, eine hohe Hürde für potenzielle Konkurrenten. So müssen schwere hohe Gebäude über einer U-Bahn-Trasse oder in Erdbebengegenden speziell gelagert werden. Das Berliner Hotel Adlon und die Kuppel des Reichstags ruhen zum Beispiel auf Lagern von TSS. TSS stellt auch Matrizen (Gussformen) aus Flüssigkunststoff her. Mit ihnen lässt sich Sichtbeton für Mauern und Decken mit individuellen Mustern und Strukturen versehen; ein Geschäft, das vor allem in Asien gut läuft.

Kursverlauf der Innotec-Aktie

Das Unternehmen ist mit einem Börsenwert von 72 Millionen Euro und gut 87 Millionen Euro Umsatz relativ klein, die Aktie sollte nur als Depotbeimischung genutzt werden. Der Konzernumsatz stieg 2012 gegenüber 2011 um 5,8 Prozent, der Gewinn (Ebit) ging leicht zurück auf 12,8 Millionen Euro (Vorjahr: 13,8 Millionen), allerdings hatten den Gewinn 2011 Sondereffekte beflügelt, und 2013 soll – trotz des kalten Wetters – sehr gut angelaufen sein, so das Management. Innotec ist mit einer Eigenkapitalrendite von 20 Prozent und einer Gewinnmarge vor Steuern (Ebit) von 15 Prozent sehr profitabel, und mit einem KGV unter acht günstig bewertet. Die Bilanzkennzahlen sind solide, die Eigenkapitalquote liegt bei 54 Prozent. Der Chef ist über seine Beteiligungsgesellschaft zu 25 Prozent am Unternehmen beteiligt.

5. Helma Eigenheimbau Günstige Bauzinsen, kaum Zins aufs Ersparte und die Flucht kapitalstarker Anleger in Immobilien aus Angst vor Inflation haben erst die Immobilienpreise befeuert, dann auch den lange darbenden Wohnungsbau. Laut Statistischem Bundesamt wurden 2012 gut 239 000 Baugenehmigungen erteilt, 35 Prozent mehr als 2010. Sowohl der Umsatz der Baubranche (plus 4,7 Prozent) als auch der Auftragseingang (plus 9,2 Prozent) stiegen 2012. Laut Verband des Bauhauptgewerbes gehen dessen Mitglieder mit prall gefüllten Auftragsbüchern in die Saison 2013. „2013 wird der Wohnungsbau ein Wachstumsmotor der deutschen Konjunktur sein“, sagt Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der staatlichen Förderbank KfW.

Kursverlauf der Helma-Aktie

Helma ist Anbieter von individuell geplanten Massivbauhäusern. 2012 setzte Helma 114 Millionen Euro um, machte daraus 7,34 Millionen Euro Vorsteuergewinn (Ebit). Im ersten Quartal lag der Nettoauftragseingang bei 35 Millionen Euro, deutlich über Vorjahr. Analysten schätzen für 2013 140 Millionen Euro Umsatz und 9 Millionen Ebit. Dabei verbessern die Niedersachsen auch die Ebit-Marge (Gewinnanteil am Umsatz) stetig; von 3,7 Prozent 2010 auf 6,5 Prozent 2012. Trotz Kapitalerhöhung, bei der neue Aktien ausgegeben wurden, stieg auch der Gewinn pro Aktie. Helma legt auch bei der Dividende jedes Jahr eine Schippe drauf. Zuletzt gab es 35 Cent je Aktie nach 20 Cent 2011. 2013 könnten es 40 Cent werden.

Dass der deutsche Bau- und Sanierungsboom bald abebbt, steht kaum zu befürchten: Weder drohen akut höhere Bauzinsen, noch lässt der Deutschen Faible für Betongold nach. Vor allem: Die Quote der Eigenheimbesitzer ist im europäischen Vergleich mit 41 Prozent niedrig; in Umfragen geben immer mehr Deutsche an, sich ein eigenes Heim zu wünschen. Helma sollte angesichts solider Kapitalausstattung und guter Marktposition von diesen Sehnsüchten profitieren.

6. Bechtle Als Großer im Markt für IT-Service (6000 Mitarbeiter, 75.000 Kunden, 2,1 Milliarden Euro Umsatz 2012) profitiert Bechtle von einem Trend: Software- und Hardwarehersteller verlangen von ihren unabhängigen Servicedienstleistern immer bessere Qualifikation, die in Form von Zertifikaten nachgewiesen werden muss. Außerdem werden die IT-Umgebungen mit dem Trend zum Cloud Computing immer anspruchsvoller. Viele kleine Serviceanbieter gehen bei den großen Ausschreibungen leer aus oder machen gar nicht mehr mit.

Kursverlauf der Bechtle-Aktie

Im vergangenen Geschäftsjahr (2012) hat Bechtle mächtig aufgestockt und 500 neue Mitarbeiter eingestellt, die meisten hoch qualifiziert. Das drückte den Gewinn pro Aktie leicht gegenüber dem Vorjahr, von 2,99 Euro auf 2,69. Der Umsatz legte jedoch zeitgleich um fünf Prozent zu. Die Delle beim Gewinn sollte schnell ausgewetzt werden können; Analysten rechnen im Schnitt mit 3,08 Euro Gewinn pro Aktie 2013 und mit 3,42 Euro 2014.

In den kommenden Jahren will Bechtle kräftig wachsen. Auf Roadshows versprach das Management Fondsmanagern und Vermögensverwaltern „10.000 Angestellte, fünf Milliarden Euro Jahresumsatz und fünf Prozent Nettogewinnmarge bis 2020“. Das scheint fast größenwahnsinnig, könnte aber klappen, wenn die finanz- und Cash-Flow-starke Bechtle (netto Finanzmittel: 100 Millionen Euro) weiterhin kleine Konkurrenten aufkauft. Aus eigener Kraft ist das Wachstum gut, aber nicht ganz so heroisch: Für 2013 rechnen Analysten mit 2,2 Milliarden Euro Umsatz, 2014 sollen es 2,3 Milliarden sein. Anleger sollten Bechtle im Laufe der nächsten Monate als dividendenstarke Langfristposition im krisenfesten IT-Servicesegment bei Kursen um die 26 bis 30 Euro aufbauen.

GFT Technologies, Eckert & Ziegler und Evotec

Wie die Deutschen ihr Geld anlegen
Aktien waren 2012 der Renner an der Börse. Trotzdem griff gerade einmal jeder fünfte deutsche Anleger zu den Anteilsscheinen. Das ergab eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Bankenverbandes, die das Anlageverhalten der Deutschen untersuchte. Handelsblatt Online zeigt, wo die Deutschen 2012 ihr Geld investierten und welche Anlageprodukte die Anleger dieses Jahr im Visier haben. Quelle: gms
Senioren sind Top-AnlegerDer Anteil der Deutschen, die 2012 einen nennenswerten Geldbetrag angelegt haben, steigt mit zunehmenden Alter erkennbar an. Im Gesamtdurschnitt gibt mit 54 Prozent etwas mehr als die Hälfe der Befragten an, über entsprechende Finanzanlagen zu verfügen. Unter den Frauen beträgt der Anteil 53 Prozent, unter den Männern 55 Prozent. Mit 47 Prozent bilden Anleger im Alter von 18 bis 39 Jahren die kleinste Anlegergruppe. Die größte Gruppe bilden mit 65 Prozent Anleger ab 60 Jahren. Quelle: gms
Freud und Leid bei den AnlegernTrotz eines weiteren Euro-Krisenjahr stieg der Dax 2012 auf ein neues Allzeithoch. Auf das gesamte Jahr hochrechnet legte der Leitindex um gut 30 Prozent zu. Knapp die Hälfte (48 Prozent ) der deutschen Anleger zeigte sich trotz der guten Kursentwicklung mit der Werteentwicklung ihrer Finanzanlage unzufrieden. Quelle: dpa
Festgeld und Tagesgeld besonders beliebtIm laufenden Jahr 2012 waren bei den deutschen Anlegern Festgeld und Tagesgeld die beliebtesten Anlageprodukte. Obwohl der Dax in diesem Jahr um rund 30 Prozent zulegte, rangieren börsennotierte Finanzprodukte erst deutlich danach. Gerade einmal jeder fünfte Deutsche investierte sein Geld in Aktien. Darauf folgten Immobilien mit knapp 17 Prozent. Das in der Krise besonders beliebte Anlageobjekt Gold, war mit gerade einmal neun Prozent ebenfalls auf den hinteren Plätzen. Quelle: gms
Frauen mögen Festgeld und meiden AktienWährend Frauen tendenziell stärker in Festgeld sowie Tagesgeld investiert sind, meiden sie Aktienanlagen noch in stärkerem Maße als Männer. Bei Fonds sind hingegen nur geringfügige, bei Immobilien, Gold und anderen Edelmetallen sogar überhaupt keine Unterschiede im Anlageverhalten von Männern und Frauen feststellbar. Quelle: dpa
Potenzial für Immobilien und GoldNeben Festgeld und Tagesgeld würden die Verbraucher 2013 auch stärker in Immobilien, Gold und andere Edelmetalle investieren, wenn sie einen größeren Geldbetrag dafür zur Verfügung hätten. Den größten Zuwachs im Vergleich zu 2012 erleben Immobilien. 46 Prozent aller deutschen Anleger würden sich ein Haus oder eine Wohnung anschaffen. 2012 investierten gerade einmal 17 Prozent in Immobilien. Auch die Krisenwährung Gold ist 2013 deutlich beliebter. Knapp 30 Prozent der deutschen Anleger würden sich größere Goldbestände zulegen. Quelle: obs
Geringe Risikobereitschaft bei der AnlageTrotz des derzeit allgemein niedrigen Zinsniveaus können sich nur neun Prozent der Anleger vorstellen, bei künftigen Finanzanlagen mit einer höheren Risikobereitschaft gegebenenfalls eine höhere Renditen zu erzielen. Mit 91 Prozent legt die Mehrheit der deutschen Sparer einen großen Wert auf Sicherheit. Quelle: gms

7. GFT Technologies versteht sich als „integrierter Systemlösungsanbieter“. Was sperrig klingt, heißt einfach: GFT entwickelt und verkauft Software, implementiert und wartet sie auch selbst. Serviceumsätze sind relativ gut planbar und langfristig stabil. Das Softwaregeschäft wiederum stärkt die Gewinnmarge, es ist im Gegensatz zum Service gut skalierbar (Entwicklungskosten fallen nur einmal an, aber der Verkauf kann bei Bedarf multipliziert werden). Aus dem margenschwachen Service mit Software Dritter hat sich GFT inzwischen zurückgezogen. 2011 litt die Aktie unter der relativ starken Abhängigkeit GFTs von der Finanzindustrie (60 Prozent der Umsätze). Der Umsatz ging 2011 wegen der Trennung vom Fremdservice und der Bankenkrise von 272 auf 231 Millionen Euro zurück. Inzwischen haben sich die Umsätze aber stabilisiert und sollten bald wieder steigen. Der Gewinn (Ebit) blieb selbst in den Krisenjahren mit rund elf Millionen Euro stets stabil.

Kursverlauf der GFT-Technologies

Um sich unabhängiger von der deutschen Finanzbranche zu machen, treiben die Schwaben ihre internationale Expansion voran. Zudem mehren sich die Anzeichen, dass die Banken ihre in den vergangenen vier Jahren geübte Investitionszurückhaltung aufgeben könnten. Gelingt dies, ist GFT ein Schnäppchen: Das KGV liegt bei 10, die Dividendenrendite bei 4,4 Prozent. Bei Kursen um 3 Euro steigen Langfristanleger ein.

8. Eckert & Ziegler baut schwach radioaktive Komponenten für Medizin und industrielle Messtechnik. Kunden sind neben Kliniken, niedergelassenen Radiologen und wissenschaftlichen Instituten auch die großen Medizintechnikhersteller GE und Siemens, die Eckert & Ziegler mit Strahlungsquellen beliefert, etwa für Geräte zur Tumorbestrahlung.

Kursverlauf der Eckert&Ziegler-Aktie

2012 setzten die Berliner 120 Millionen Euro um, etwa ein Drittel davon in den USA und knapp 30 Prozent in Deutschland, und erwirtschafteten daraus 19,7 Millionen Euro Gewinn (Ebit). Vergangene Woche legte das Unternehmen enttäuschende Zahlen für die ersten drei Monate 2013 vor. Vor allem der Gewinn enttäuschte. Er litt unter einer Rückstellung für strengere Vorschriften bei der Entsorgung schwach radioaktiven Materials. Hinzu kamen verzögerte Auslieferungen von Geräten, die bereits bestellt und teilweise angezahlt sind, jedoch noch nicht gebucht werden konnten. Es dürfte sich also um temporäre Dellen handeln. Dementsprechend dürften die Jahresziele (125 Euro Umsatz, knapp 20 Millionen Euro Ebit) erreicht werden. Die Börse reagierte auf die schwachen Quartalszahlen mit einem Kursabschlag von rund neun Prozent; für geduldige Anleger eine Einstiegsgelegenheit. Das KGV liegt bei rund 11,5 und damit deutlich unter dem Wert anderer Medizintechniker.

9. Evotec ist, anders als die meisten Biotech-Rivalen, schon seit Jahren profitabel, wenn auch meist nur mit einer schwarzen Null. Bald könnte sie richtig Gewinn schreiben. Der Charme des Geschäftsmodells: Evotec hat Kooperationen mit namhaften Pharmakonzernen, die Forschungsprojekte durchfinanzieren; viele Wirkstoffe befinden sich bereits in der Endphase der klinischen Entwicklung und könnten kurz vor der Markteinführung stehen. So entwickeln die Norddeutschen ein Alzheimer-Medikament mit Roche und ein Mittel gegen Schlafstörungen mit der chinesischen JingXin. Gegen Diabetes hat Evotec mehrere Eisen im Feuer: Wirkstoffe in Kooperation mit Teva, Boehringer Ingelheim, Janssen und AstraZeneca stehen bereits in späten Entwicklungsphasen.

Kursverlauf der Evotec-Aktie

Aufsehen erregte eine Meldung Ende April, wonach Evotec zusammen mit einem Harvard-Professor ein Hormon entdeckt hat, welches die für die Insulinproduktion verantwortlichen Zellen anregt und so Diabetikern langfristig einige Insulinspritzen pro Tag ersparen könnte (WirtschaftsWoche 18/2013). Ein immens großer Markt, wenn auch noch in relativ ferner Zukunft. Die Aktie notiert dennoch weit unter ihren Höchstständen. Gelangt einer der Hoffnungsträger bald auf den Markt, hätte sie erhebliches Potenzial. Schwankungen müssen Anleger aber aushalten.

Francotyp Postalia und Borussia Dortmund

Die spannendsten Länder für Anleger
Michael Keppler sitzt an der Quelle. Seit Jahren ist die Finanzmetropole New York die Heimat des Fonds-Managers, der über die Jahre mehr als ein Dutzend länderübergreifende Aktienfonds aufgelegt hat, etwa den Keppler-Global Value oder den Keppler-Emerging Markets. Dabei strukturiert der ehemalige Investmentbanker seine Fonds nach einem klaren Mantra: der "Top Value Strategy" oder aber: Kennzahlen, Kennzahlen, Kennzahlen. "Es geht darum, den inneren Wert einer Aktie zu bestimmen", sagt er. Der entspreche ungefähr der Entwicklung des Papiers über sieben Jahre. Quelle: dpa
Ausgehend von Einzelaktien, die den Markt des jeweils betrachteten Landes wiederspiegeln, baut Fonds-Manager Keppler dann Länderwerte zusammen. Um sie dann zu bewerten, sieht der Analyst unter anderem auf das durchschnittliche Preis-Buchwert-Verhältnis, Preis-Cashflow-Verhältnis, Preis-Gewinn-Verhältnis, auf die durchschnittliche Dividenden- und Eigenkapitalrendite – allerdings nicht nur auf deren aktuelle, absolute Werte. Quelle: rtr
Insgesamt kennt Keppler vier Bewertungssäulen: Ihn interessiert nicht nur, wo die Kennzahlen der aggregierten Länderwerte aktuell rangieren und wie sie sich über die vergangenen sieben Jahre absolut entwickelt haben. Auch die aktuelle und zurückliegende relative Performance der Kennzahlen spielt für den Analysten eine Rolle. Als Vergleichswert dient dem Fonds-Manager der Morgan Stanley Capital International (MSCI) World Index. Quelle: dpa
Unterbewertete MärkteAustralien ist einer der Länderwerte, den die Analysten von Kepplers Vermögensverwaltung in ihrer Januar-Analyse der Industrieländer für unterbewertet halten. Sie raten zum Kauf. Zwar liegt der Aktienkurs "Australien" um den Faktor 1,88 über dem Buchwert je Aktie und um den Faktor 15,3 über dem Nettoergebnis je Aktie – durchschnittlich sind australische Papiere also eher teuer. Eine Dividendenrendite von fast fünf Prozent zeigt aber, dass die repräsentativen Aktienwerte des Kontinents eine überdurchschnittlich hohen Gewinnanteil ausbezahlen. Zum Vergleich: Die Dividendenrendite des MSCI World Index beträgt nur 2,79. Auch in Sachen Jahresrendite zieht Australien am Index vorbei. Die aggregierten Aktientitel des Landes wuchsen über die vergangenen 12 Monate um 3,4 Prozent (MSCI: 1,9 Prozent). Quelle: AP
Auch Deutschland gehört zur Liste derjenigen Länder, denen Keppler Potential nach oben bescheinigt. Das Preis-Buch-Verhältnis liegt mit 1,48 bereits näher an seinem "fairen" Wert, eins. Mit einem Kurs, der den Nettogewinn je "Deutschland"-Aktie um das knapp 12-fache übersteigt, spiegelt die Kennzahl auch das Kurs-Gewinn-Verhältnis wieder, das den einzelnen Dax-Werten als Benchmark dient. Nach diesen Kennzahlen ist der Länderwert Deutschland nicht nur günstiger als der MSCI World Index – er ist mit 2,6 Prozent über die letzten 12 Monate auch mehr gewachsen (MSCI: 1,9 Prozent). Quelle: dapd
Der Blick auf die absoluten aktuellen Kennzahlen für Hong Kong, zeigt sich ein gespaltenes Bild. Während das Preis-Buchwert-Verhältnis mit 1,38 den Index deutlich (1,77) unterbietet, rangiert das Preis-Gewinn-Verhältnis mit 16,3 auf vergleichsweise hohem Niveau (MSCI: 14,8). Die Dividendenrendite, die Hongkongs Firmen durchschnittlich erwirtschaften, liegt mit 2,53 unter der des Index (2,79). Dennoch rät Keppler zum Kauf – wohl auch aufgrund der Entwicklung über die vergangenen sieben Jahre. Preis-Buch- und Preis-Gewinn-Verhältnis lagen meist höher. Quelle: dpa
Die Schweizer Wirtschaft hat in den vergangenen 12 Monaten durch die massive Aufwertung des Frankens an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt. Der kriselnde Euro hat die Nachfrage nach der eidgenössischen Währung aufgebläht. Kein Wunder also, dass auch Schweizer Aktien im Durchschnitt zu teuer sind. Mit einem Preis-Buchwert-Verhältnis von 2,28 und einem Preis-Gewinn-Verhältnis von 18,2 übertrifft der Länderwert Schweiz den MSCI Welt Index um jeweils gut 12 Prozent. Die Keppler Vermögensverwaltung rät zum Verkauf. Ein weiteres Indiz dafür, sich tendenziell von Schweizer Papieren zu trennen: Der repräsentative Aktienkorb konnte innerhalb der letzten 12 Monate nur eine minimale Renditesteigerung von 0,1 Prozent vorweisen. Quelle: AP

10. Francotyp Postalia stellt Frankiermaschinen her. Etwas überraschend: International ist das ein Wachstumsgeschäft. Denn dazu gehört mittlerweile ein umfangreiches IT- und Servicegeschäft, das Francotyp zunehmend mit bedient. Dabei profitiert das Unternehmen auch vom Trend zum Auslagern von Poststellen.

Kursverlauf der Francotyp Postalia-Aktie

Potenzial hat Francotyp noch im internationalen Vertrieb, einem Bereich, den das Unternehmen in der Vergangenheit arg vernachlässigt hat. Relativ gut läuft bereits das US-Geschäft, in Frankreich und Großbritannien hat Francotyp inzwischen seine Chancen erkannt und baut den Vertrieb aus. Frankreich ist der größte Brief- und Päckchenmarkt der Welt. Die guten Aussichten spiegeln sich an der Börse noch lange nicht wider: Die Aktie kostet nur den rund elffachen Gewinn des abgelaufenen und geschätzt den sechsfachen Gewinn des laufenden Geschäftsjahres.

11. Borussia Dortmund, der einzige deutsche Fußballclub an der Börse, war 2005 schon fast insolvent. Geschäftsführer Watzke leitete den finanziellen Umschwung mit dem Rückkauf des zu teuer gemieteten Stadions ein, mit Trainer Jürgen Klopp und dessen Team kam dann auch der sportliche Erfolg: 2009/10 gelang die Rückkehr ins europäische Geschäft, 2010/11 mit dem nur achthöchsten Etat der Liga die deutsche Meisterschaft. Sportlicher und wirtschaftlicher Erfolg hängen im Fußball eng zusammen: Die Vereine auf den vorderen Plätzen bekommen die meisten Fernsehgelder und locken mehr Sponsoren an. Die größten Fleischtöpfe stehen in der UEFA Champions League. Bayern und Dortmund haben dort schon vor dem Finale am 25. Mai je 56 Millionen Euro verdient – in etwa den Jahresumsatz eines mittleren Vereins wie Hannover 96.

Kursverlauf der Borussia Dortmund-Aktie

In der Aktie schlummert – trotz des Anstiegs – Potenzial. Der Wert des Spielerkaders wird auf über 200 Millionen Euro geschätzt. Das entspricht dem Börsenwert, das operative (hoch profitable) Geschäft des BVB gibt es an der Börse also geschenkt. Im vergangenen Geschäftsjahr schrieb der Verein bei 189 Millionen Euro Umsatz 34 Millionen Euro Gewinn – mehr als Bayern München, der fast doppelt so viel umsetzte, aber mindestens eine Milliarde Euro wert sein soll. Zwar ist Gewinn im Fußball eine schwankende Größe, doch die BVB-Einnahmen stützen sich auf viele Quellen, was einen herben Einbruch verhindern sollte. 28 Prozent der Umsätze stammen aus Werbung, 13 aus Trikot- und Devotionalienverkauf, 17 aus Tickets und 34 aus TV-Geldern. Wichtig: Für die nächste Champions-League-Saison ist der Club bereits qualifiziert. Durch die Auftritte in Europa gewinnt er international neue Anhänger; für Werbekunden und Sponsoren wird er damit noch attraktiver. Laut Sportrechtevermarkter Sportfive hat Dortmund bundesweit 3,7 Millionen organisierte Fans und 25 Millionen Sympathisanten, weltweit sollen es 40 Millionen sein.

Das Risiko: Für sportliche und damit wirtschaftliche Erfolge gibt es im schnelllebigen Sport keine Garantien, das Blatt kann sich schnell wenden. Anleger verübeln den Dortmundern noch die Exzesse der Vergangenheit und den Kursverfall der Aktie. Sie sollten auch wissen, dass für das BVB-Management nicht der finanzielle, sondern der sportliche Erfolg Priorität hat.

Aber an dem Versprechen Watzkes, diesen nie wieder überteuert einzukaufen, sondern nur Geld auszugeben, das man vorher eingenommen hat, gibt es kaum Zweifel. Schon seit knapp acht Jahren zieht das Management diesen Kurs durch. Dortmund setzt weiter auf junge, entwicklungsfähige Spieler und zahlt stark erfolgsabhängige Gehälter. So konnten trotz sportlicher Erfolge die Kosten im Rahmen gehalten werden.

Mit einem KGV deutlich unter zehn und einer Kurs-Umsatz-Relation von unter eins ist die Aktie billig. Seit 2005 hat der Verein mehr als 140 Millionen Euro Schulden abgebaut; sie liegen inzwischen bei überschaubaren 56 Millionen Euro. Finanziell steht der BVB so gut da wie nie zuvor, zittern und bibbern wie beim Halbfinale in Madrid muss BVB-Chef Watzke beim Blick in die Bilanzen jedenfalls nicht mehr.

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