Vanguard gegen Blackrock Preiskampf unter ETF-Anbietern schaukelt sich hoch

Der Preiskampf unter ETF-Emittenten in den USA tobt schon länger. Wie wichtig die Branche dort geworden ist, wurde zuletzt am Beispiel von Vanguard deutlich. Experten bezweifeln aber unmittelbare Auswirkungen auf Europa.

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Blackrock ist Branchenführer unter den ETF-Emittenten. Quelle: Reuters

Frankfurt Eine Milliarde Dollar an Börsenwert hat die Mitteilung vernichtet: Als der US-Fondsverwalter Vanguard vergangene Woche bekanntgab, 22 seiner Indexfonds künftig nicht mehr an die Indizes des Branchenriesen MSCI zu koppeln, rauschte die MSCI-Aktie um 27 Prozent in die Tiefe. Die Marktreaktion zeigt, wie mächtig mittlerweile Anbieter von börsennotierten Indexfonds (ETFs) vor allem in den USA geworden sind, wo mehr als 1,2 Billionen Dollar in diesen Produkten angelegt sind.

In Amerika tobt schon seit längerem ein Preiskampf unter den ETF-Emittenten, der vor allem zwischen Vanguard und dem Branchenprimus Blackrock ausgetragen wird. Was bedeutet das aber für den Sektor hierzulande? "Wenn der Preiskrieg nach Europa kommt, dann über Blackrock", prognostiziert ETF-Experte Detlef Glow vom Analysehaus Lipper. Blackrock sei jetzt gegenüber MSCI in einer komfortablen Position, weil die Fondsgesellschaft nun auf geringere Lizenzgebühren pochen könnte.

Sollte Blackrock niedrigere Preise gegenüber MSCI durchdrücken, würden davon auch Kunden in Europa profitieren, die ETFs auf MSCI-Indizes handeln. Vanguard spielt laut Glow dagegen mit weniger als einem halben Dutzend ETFs in Europa keine große Rolle. Auch ETF-Analyst Gordon Rose von Morningstar bezeichnet Vanguard in Europa als unbeschriebenes Blatt, das Blackrock noch nicht gefährlich werden könne. Deshalb rechnet Rose auf absehbare Zeit nicht mit einem Wettkampf in Europa. "Momentan ist Blackrock mit iShares Marktführer. Warum sollten sie dann einen Preiskrieg anzetteln?"

Zwar verliere Blackrock in den USA Marktanteile, aber man müsse beachten, wer die Kunden seien, erklärt Rose. In den USA lebe Vanguard von Privatanlegern, während der europäische Markt insgesamt von institutionellen Investoren dominiert werde. "Da ist die Frage, ob die ETF-Anbieter wegen ein paar Cent Preisunterschied den Indexanbieter wechseln. Für die Institutionellen sind andere Aspekte wichtiger, zum Beispiel der Markenname und die Liquidität der Produkte." Außerdem sei der ETF-Markt in Europa sehr viel fragmentierter als in den USA.

Für andere ETF-Emittenten, beispielweise db x-trackers oder Lyxor, dürfte sich die Frage eines Indexanbieterwechsels hierzulande derzeit ohnehin nicht stellen, sagt Lipper-Spezialist Glow. "Es geht schlicht um die Nachfrage." Die meisten Anleger wollten bei deutschen Standardwerten schließlich den Dax der Deutschen Börse handeln, nicht den FAZ-Index oder den FTSE Germany.

Der private ETF-Anleger in Europa kann deshalb in absehbarer Zeit nicht darauf hoffen, vom Preiskampf in den USA zu profitieren. Und selbst wenn es den Anbietern gelingen sollte, niedrigere Preise gegenüber Indexanbietern durchzuboxen, könnte der Investor immer noch leer ausgehen. "Wenn es Kosteneinsparungen durch einen Wechsel des Indexanbieters gibt, will der Kunde diese gerne sehen", sagt ETF-Experte Rose. "Aber der ETF-Anbieter ist dazu natürlich nicht verpflichtet."


Wechsel des Index-Anbieters nicht ohne Risiko

Vor einigen Jahren hätten die Indexanbieter noch eine Pauschalgebühr verlangt, erklärt Rose. "Mittlerweile wollen sie aber an den Gewinnen aus dem ETF-Geschäft beteiligt werden und verlangen über die Gebühren einen prozentualen Anteil am verwalteten Vermögen." Diese Gebühren würden vom ETF-Anbieter an den Kunden weitergereicht und machten einen entscheidenden Teil der Management-Gebühren aus.

In den USA ist nun vor allem MSCI Opfer des Preiskampfes. Einige Analysten ziehen das Geschäftsmodell des Index-Anbieters bereits in Zweifel, falls dem Beispiel von Vanguard weitere Anbieter folgen sollten. Denn MSCI lebt vor allem vom Vertrieb seiner Indizes, von denen diejenigen auf globale oder Schwellenland-Aktien die bekanntesten sind. Auch das Management von MSCI wurde von der Vanguard-Entscheidung am vergangenen Dienstag kalt erwischt. Konzernchef Henry Fernandez musste einräumen, dass Anbieter von ETFs offenbar einfacher den zugrundeliegenden Index wechseln könnten als bisher gedacht.

Der Wechsel zu neuen, unbekannten Indizes ist aber auch für die Anbieter mit Risiken verbunden: Statt auf MSCI-Börsenbarometer will Vanguard künftig auf Indizes der FTSE Group und des Forschungszentrums für Anlagepreise der Universität von Chicago (CRSP) zurückgreifen.

Das Forschungszentrum hat zwar in den vergangenen Jahrzehnten mit verschiedenen Institutionen zusammengearbeitet, ist vielen Investoren aber noch völlig unbekannt. Experten sehen den Schritt von Vanguard deshalb kritisch. "Solche nagelneuen Indizes sind nicht sturmerprobt und es ist nicht transparent, wie sie konstruiert worden sind", bemängelt David Nadig, ETF-Analyst bei IndexUniverse.

Überrascht waren auch einige Kunden von Vanguard. "Ich habe noch nie etwas über CRSP gehört, bis ich den Artikel über die Indexänderung gelesen habe", sagt Rich Romey, Chef von ETF Portfolio Partners, der acht Millionen Dollar in den Total Vanguard Stock Market ETF investiert hat. Auch dieser ETF soll auf den CRSP-Index umgestellt werden. "Wir vertrauen Vanguards Entscheidung, deshalb werden wir nicht sofort die Seiten wechseln", sagt Romey. "Aber wir schauen uns die Sache sehr genau an."

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