Verkehrte (Finanz)welt
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Mehr als der halbe Dax plant für 2023 eine digitale Hauptversammlung

Aktionärsversammlungen sollen auch nach der Pandemie vermehrt online stattfinden. Die Investorenkommunikation wird so digitaler – profitieren alle Marktteilnehmer davon?

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Mit Spannung erwartet die Finanzwelt die Hauptversammlungssaison 2023. Trotz Abklingens der Coronapandemie im Berufsalltag: Umfragen deuten darauf hin, dass mehr als die Hälfte der Unternehmen in Dax und MDax für 2023 eine digitale Hauptversammlung plant. Das im Juli 2022 von Bundestag und Bundesrat verabschiedete „Gesetz zur Einführung virtueller Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften“ ermöglicht erstmalig auch ohne Rückgriff auf Notstandsregelungen aus der Anfangszeit der Pandemie die Durchführung vollständig virtueller Hauptversammlungen. Aktionären und Aktionärinnen stehen dabei umfangreiche Rechte zu. So werden Privatanleger, wenn ihre Heim-Technik es zulässt, beispielsweise künftig den Vorstand einer Aktiengesellschaft live befragen können – eine ziemliche Revolution für die sonst angestaubten Hauptversammlungsroutinen.

Modernisierung überfällig

Vieles spricht für diese Modernisierungsschritte. Die meisten Privatanleger, auch solche im Rentenalter, verfügen heute über die notwendige Technik, um von zu Hause interaktiv an Versammlungen teilzunehmen. Viele Marktteilnehmer sind spätestens seit der Pandemie mit Zoom, WhatsApp und ähnlicher Technologie vertraut. Nicht jeder kann und will über weite Strecken zu Events anreisen – fast alle Beteiligten sparen Zeit und Reisekosten ein. Der CO2-Fußabdruck der Veranstaltungen wird damit gleichzeitig drastisch reduziert, die Umwelt profitiert. Dies alles steht auf der Habenseite.

Jedoch bleibt bei aller Effizienz der Technologie auch ein Stück der Beziehung zwischen Aktiengesellschaft und Anleger auf der Strecke. Meist waren beispielsweise am Rande von Hauptversammlungen unkomplizierte Gespräche mit Unternehmensvertretern möglich, die Privatanlegern sonst gegenüber der institutionellen Investorenwelt vorenthalten bleiben. Diese und ähnliche „anfassbare“ Angebote werden in der neuen Umgebung voraussichtlich verschwinden.

Auch Roadshows verändern sich

Noch in den Jahren 2018 und 2019 waren sogenannte virtuelle Roadshows, bei denen Vorstände und Investor-Relations-Abteilungen aus ihren Büros oder dem Homeoffice mit professionellen Anlegern weltweit konferierten, die absolute Ausnahme. In den ersten 18 Monaten der Pandemie gab es ab Anfang/Mitte 2020 dann fast ausschließlich virtuelle Kontakte zwischen Unternehmen und ihren institutionellen Investoren. Im Frühjahr 2022 drängte alles wieder zurück in Richtung Präsenzveranstaltungen. Hatten die meisten Unternehmen sich noch im letzten Winter eher eine langsame Rückkehr in ein hybrides Modell, etwa mit 50 Prozent Präsenz- und 50 Prozent virtuellen Investorenmeetings vorgestellt, lag die Wirklichkeit schon sehr bald eher wieder bei 80 Prozent (oder mehr) zugunsten der Präsenz.

Ausblick: Neue Modelle im Berufsalltag integriert

Videotelefonate mit Investoren sind mittlerweile bei den meisten Unternehmen laufend in den Berufsalltag integriert. Gleichzeitig sind erfolgreiche Investments keine reine Finanzmathematik, sondern immer auch ein gutes Stück Vertrauenssache. Und Vertrauen kann man am besten persönlich aufbauen. Insofern werden Unternehmen künftig noch mehr damit beschäftigt sein, den gesunden Mittelweg zwischen virtuellen Angeboten sowie physischen Konferenzen und Roadshows zu finden. Einige Controller stöhnen bereits, die Reisebudgets hätten wieder die Niveaus der Zeit vor Corona erreicht. Tatsächlich ist die Gesamtzeit beruflich bedingter Reisen, dies legen viele Auswertungen nahe, auf der Straße oder im Flugzeug spürbar weniger geworden. Eine Chance im Sinne eines dauerhaften Fortschritts in Richtung nachhaltigeren Reiseverhaltens.

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Nach der Hauptversammlungssaison 2023 wird man den Erfolg (oder Misserfolg) virtueller Angebote in Ergänzung zu den klassischen Präsenzversammlungen besser beurteilen können. Kriterien werden dabei sein, inwieweit Aktionärsrepräsentation, Kommunikation und Reichweite gelingen sowie gleichsam Kosten, Arbeitszeit und CO2 reduziert werden.

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