„Am stärksten leiden die Mittelständler unter dem Länder-Abschlag, aber er trifft auch Weltkonzerne mit Töchtern in 60 oder 70 Ländern und zweistelligen Milliardenumsätzen“, sagt Leber. Er hat zum Beispiel den Ölkonzern Eni gekauft. „Die Gewinnqualität ist vergleichbar mit BP und Exxon, aber bewertet ist Eni wie ein kleiner Ölwert aus einem Dritte-Welt-Land“, sagt Leber. Eni, die hierzulande unter ihrer Tankstellenmarke Agip besser bekannt ist, überzeugt im Vergleich zu anderen Multis durch niedrige Förderkosten und hohe Dividendenqualität.
Auch Fiat ist, verglichen mit deutschen oder japanischen Automobilwerten, spottbillig, meint Leber. „Das Geschäft ist mit einem KGV von 6,1 für 2012 und von 4,5 für 2013 so bewertet, wie ein südeuropäischer Autokonzern in Rezessionszeiten eben bewertet ist“, sagt Leber. Die profitable Beteiligung an Chrysler (die Italiener halten 58,5 Prozent an dem US-Autobauer) gibt es zum aktuellen Preis der Fiat-Aktien gratis dazu. Seit Juni konsolidiert Fiat den Chrysler-Gewinn und -Umsatz in der eigenen Bilanz, der Börsenwert Fiats hat sich seit Mai aber nochmals halbiert.
An der Börse krass unterschätzt wird zudem das Gewinnpotenzial der Allianz mit Chrysler. Unter der Regie der Italiener, die zum Beispiel im Stahleinkauf und beim Händlernetz bereits Kosten sparen, kehrte der ehemalige Daimler-Partner, der vielen Experten stets als nicht sanierungsfähig galt, zurück in der Erfolgsspur: Chrysler machte 2011 einen Rekordumsatz von 55 Milliarden Dollar und schreibt jetzt schwarze Zahlen.
Langer Atem nötig
Trotz der verlockenden Bewertungen der Mailänder Aktien: „Einen längeren Atem sollte man mitbringen“, warnt Fischer, „die nächsten ein, zwei Quartale dürften bei einigen Werten noch mau ausfallen.“ Wer sich einen Korb aus zehn günstig bewerteten und soliden Unternehmen zusammenstellt, dürfte auf Sicht von ein, zwei Jahren profitieren.
Lukrativ scheint der Medienkonzern L’Espresso, der unter anderem die Qualitätszeitung „La Repubblica“ herausgibt. Zwar herrschen auch dort der branchenübliche Spardruck und der tägliche Kampf um die Anzeigenkunden. „L’Espresso hat die Zeichen der Zeit aber früher als andere erkannt und konsequent, aber intelligent gespart, ohne den Umsatz zu gefährden“, meint Fischer.
Einen zweiten Blick wert ist auch der Hypothekenvermittler Gruppo Mutui-Online, in Deutschland vergleichbare Firmen sind die deutlich teureren Hypoport und Interhyp. Gruppo Mutui leidet nicht nur unter dem üblichen Italien-, sondern auch unter dem Branchenmalus der Finanzindustrie. „Das ist gleich zweimal ,igitt‘ “, sagt Leber, „da sollten geduldige Value-Investoren hellhörig werden.“ Kurzfristig könnte die Aktie noch billiger werden: Bei jeder neuen Krisennachricht würden Londoner Hedgefonds, die Gelder freimachen wollen, die Aktie auf den Markt werfen, sagt Fischer „dabei hat Gruppo Mutui als reiner Vermittler überhaupt keine Kreditrisiken auf den eigenen Büchern.“