Aktien von Cloudanbietern Geld verdienen in der Wolke

Im Technologiesektor wimmelt es von einst wachstumsstarken Vorreiterunternehmen, die inzwischen ein Schattendasein fristen. Anleger könnten mit Adobe und Datenmanager NetApp mindestens 20 Prozent verdienen.

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Mit Tech-Aktien wie Adobe und NetApp können Anleger auf die Cloud setzen Quelle: REUTERS

Im Technologiesektor wimmelt es von einst wachstumsstarken Vorreiterunternehmen, die inzwischen ein Schattendasein fristen - Nokia ist das bekannteste Beispiel. Softwareanbieter Adobe Systems will diesem Schicksal entgehen und hat deshalb sein Geschäftsmodell in den vergangenen drei Jahren auf Vordermann gebracht. Andere Softwareanbieter zauderten beim Cloud Computing, bei dem Kunden Software nicht mehr kaufen, sondern über das Internet – aus der Datenwolke heraus – mieten.

Adobe aber nahm die Herausforderung an, zog beim Verkaufsschlager Fertigsoftware einfach den Stecker und setzte damit die Kontakte zu 12,8 Millionen Kunden aufs Spiel. Beliebte Tools wie Photoshop, Illustrator und InDesign wurden neu verpackt und werden den Kunden nun im Rahmen eines Cloud-basierten monatlichen Creative-Cloud-Abos angeboten.

Mit voller Kraft in die Cloud

Der Umstieg war schmerzlich. Die Einnahmen aus dem Verkauf von Software fielen aus, und die monatlichen Abo-Gebühren flossen zunächst nur tröpfchenweise. Im Vorjahr musste das Unternehmen einen Gewinneinbruch von 42 Prozent verkraften; auch für das laufende Geschäftsjahr, das Ende November schließt, wird mit einem Rückgang von 9,5 Prozent gerechnet. Aber langsam legt sich der Schmerz. Der Umsatz stabilisiert sich, und die Wall Street, die bei Mitbewerbern wie Microsoft nach wie vor große Skepsis an den Tag legt, applaudiert: Der Kurs der Adobe-Aktie hat in den vergangenen zwei Jahren 130 Prozent zugelegt. Derzeit notiert sie bei 70 Dollar. Sie könnte weitere 20 Prozent klettern, sobald Adobe seinen neuen Auftritt präsentiert hat.

So können Sie Ihre Daten online abspeichern
DropboxEiner der bekanntesten Cloud-Speicher-Dienste ist Dropbox. Der US-Anbieter gewährt Nutzern vergleichsweise geringe zwei Gigabyte Gratisspeicher – wer die Dropbox anderen empfiehlt kann den Speicher auf bis zu 16 GB erweitern. Entweder über einen Browser oder über die Applikationen von Dropbox lassen sich Daten hoch- und herunterladen. Installiert man die Software, erscheint sowohl beim Windows- als auch beim Apple-Betriebssystem ein Ordner im Explorer, in dem einfach per kopieren und einfügen Daten in die Cloud und aus ihr herausgeholt werden können. Wer mehr Speicher benötigt, kann bis zu einen Terabyte für 9,99 Euro pro Monat erwerben oder für 99 Euro pro Jahr. Quelle: dpa
Microsoft OneDriveMit einem großen Gratisspeicher lockt Microsoft, das 2015 mit OneDrive den Nachfolger seines Cloud-Speichers SkyDrive präsentierte. 15 Gigabyte winken hier, die auf bis zu 20 Gigabyte erweiterbar sind, indem man etwa neue Kunden wirbt und die automatische Sicherung von Bildern aktiviert. Auch hier können Nutzer entweder über den Browser oder über eine Anwendung auf die Cloud zugreifen. Für 100 GB verlangt Microsoft 70 Cent pro Monat, ein Terabyte ist für günstige sieben Euro monatlich zu haben – inklusive dem Microsoft 365 Office-Paket. Nur die Anbieter Spideroak und Livedrive sind noch günstiger. Quelle: dpa
Spideroak Quelle: Screenshot
Google DriveWie auch Microsoft wartet Google Drive mit 15 Gigabyte Gratisspeicher auf. Neben dem Speicher bietet Google einige zusätzliche Cloud-Dienste wie ein Office-Programm, das mehrere Anwender gemeinsam und parallel bearbeiten können; die Versionskontrolle wird über die Cloud-Software synchronisiert. Wer mehr als die 15 Gigabyte Speicher benötigt, kann für 1,99 Dollar pro Monat 100 GB erwerben, ein Terabyte kostet 9,99 Dollar. Der Speicher ist auf bis zu 30 Terabyte erweiterbar – Kostenpunkt: 299,99 Dollar. Quelle: dpa
Amazon Cloud DriveDas Online-Kaufhaus Amazon bietet mit seinem Dienst „Cloud Drive“ fünf Gigabyte freien Speicherplatz für die ersten zwölf Monate. Bei Amazon erworbene MP3-Dateien werden direkt auf der Online-Festplatte abgelegt. 50 Gigabyte sind ab 20 Euro pro Jahr zu haben, ein Terabyte ab 400 Euro. Quelle: dpa
Apples iCloudApple-Nutzer erhalten fünf Gigabyte Cloud-Speicher gratis. Sofern ein iPhone-Nutzer keine anderen Einstellungen vornimmt, landen sämtliche Fotos, die er mit seinem Smartphone schießt, in der Cloud. Auch auf Kontakt-Daten, Termine und andere Anwendungen greift die Cloud zu. Solange man ausschließlich Apple-Geräte nutzt, ist die Synchronisation einer der Aspekte, mit denen Apple besonders punktet. Speichererweiterungen sind problemlos möglich: 50 Gigabyte sind für 99 Cent pro Monat erhältlich, ein Terabyte kostet 9,99 Euro – und damit das Doppelte des Dropbox-Preises. Quelle: dpa
ADrive Quelle: Screenshot

Die Investorenbasis formiert sich neu. In der Vergangenheit war Adobe ein beliebtes Ziel kurzfristiger Investoren, die mit jedem neuen Software-Upgrade ein- und dann bald wieder ausstiegen. „Wir bekommen Anrufe von Anlegern, die ihre Portfolios überarbeiten und Fragen zu den Geschäftsjahren 2017 und 2018 stellen; für uns ist das sehr ermutigend, denn früher interessierten sie sich immer nur für das nächste Quartal“, sagt Mark Garrett, der Finanzchef von Adobe.

In der ersten Zeit der Umstellung befürchteten Skeptiker, Adobe würde für seine Creative Cloud nicht so leicht Kunden finden. Aber die Markteinführung übertraf die optimistischsten Erwartungen. Im letzten Quartal verbuchte Adobe 464 000 Neuabonnenten, 13 Prozent mehr, als Analysten erwartet hatten. Unternehmensprognosen zufolge wird Adobe bis Ende des Jahres 3,3 Millionen Abonnenten haben; schon 2015 soll die Zahl auf vier Millionen steigen. Die zusätzlichen Kosten, die ein Abo verursacht, sind minimal, daher gehen Abo-Einnahmen großteils direkt in den Gewinn.

Bisher konnten die Kunden den Kauf einer neuen Version der Adobe-Software immer wieder mal auslassen. Mit dem neuen Abo-Modell ist das nicht mehr möglich. Laut Adobe arbeiten rund 90 Prozent der kreativen Profis nach wie vor mit Photoshop – mit anderen Worten: Adobe hat sie am Angelhaken. „Nach der Übergangsphase ist Adobe ein Unternehmen mit hohen und stetig wachsenden, regelmäßigen Umsätzen und einer stabileren Gewinnlage, die sich nach und nach in höheren Bewertungen zeigen dürfte“, meint Paul Meeks, Portfolio-Manager beim Sextant Growth Fund, der die Aktie selbst im Portfolio hat.

Teuer nur auf den ersten Blick

Die Adobe-Aktie notiert mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 59 auf Basis des für das Geschäftsjahr 2014 erwarteten Gewinns und immer noch zum 35-Fachen des für 2015 prognostizierten Gewinns.

Klingt teuer, aber Adobe ist im Wesentlichen ein völlig neues Unternehmen, das die Wall Street erst mal richtig einordnen muss. Adobe sollte statt mit klassischen Softwareanbietern eher mit den Senkrechtstartern im Cloud-Geschäft verglichen werden. Diese, allen voran Salesforce.com, sind noch viel teurer. Salesforce hat zuletzt die Customer-Relationship-Software (Software zum Managen von Kundenbeziehungen) revolutioniert und wird derzeit auf Basis der Gewinnerwartung für 2015 mit einem KGV von 114 gehandelt.

Auf dem Weg zum wachstumsstärksten Unternehmen der Branche

Adobe dürfte sich schon bis Mitte 2015 zu einem der wachstumsstärksten Unternehmen in der Softwarebranche entwickeln. Mit der Normalisierung der Ergebnisentwicklung im Jahr 2016 sollten die aus dem Cloud-basierten Geschäft stammenden Umsätze auf das Niveau derer von Salesforce klettern. Adobe kann dann allerdings eine dreimal so hohe Gewinnmarge wie Salesforce generieren, hat Derrick Wood, der die Softwarebranche für Susquehanna Financial analysiert, ausgerechnet.

Wood beziffert den Wert der Adobe-Aktie auf 87 Dollar, wobei er von einem KGV von 26 auf Basis des für 2016 erwarteten Gewinns ausgeht – einer Bewertung also, die nur geringfügig über dem historischen KGV von Adobe liegt. Für das Geschäftsjahr 2014 erwartet er bei einem Umsatzanstieg von nur drei Prozent auf 4,2 Milliarden Dollar einen Gewinnrückgang von 9,5 Prozent auf 624 Millionen Dollar. Schon 2015 aber könnte Adobe einen um stolze 71 Prozent höheren Gewinn von 1,07 Milliarden Dollar erwirtschaften. Die Gewinnprognose des Unternehmens selbst liegt bei zwei Dollar je Aktie für 2015 und drei Dollar für 2016. Diese Zahlen dürften angesichts des starken Abonnentenwachstums aber eher konservativ geschätzt sein.

Lücke in der Wachstumsstory

Das Geschäft des Speicher- und Datenmanagementanbieters NetApp, dem Unternehmen ihre Datenspeicher anvertrauen können, geriet zuletzt massiv unter Druck. Das im kalifornischen Sunnyvale beheimatete Unternehmen ist nach EMC der zweitgrößte Anbieter von Netzwerk-Speicherlösungen. Sein unter dem Namen Data Ontap bekanntes Storage-Betriebssystem ist im Bereich leistungsstarke Speicher- und Datenmanagementlösungen Branchenführer.

Tech-Aktien im Check

2012 legte der Umsatz noch um 22 Prozent zu, danach stieg er nur noch leicht auf 6,3 Milliarden Dollar, und im laufenden, Ende April 2015 endenden Finanzjahr droht sogar ein Rückgang. Parallel dazu ist der Kurs der NetApp-Aktie von 50 Dollar vor drei Jahren auf zuletzt 35 Dollar gefallen. Aber NetApp macht nach wie vor hohe Gewinne und dürfte aus gutem Grund auch bald wieder Umsatzsteigerungen erwirtschaften.

Damit könnte die Aktie in der Gunst der Anleger wieder steigen, und das mitten in einer Technologie-Hausse, die stark Hardware-lastige Technologieaktien wie die von Hewlett-Packard und Xerox binnen zwölf Monaten um über 35 Prozent klettern ließ. Die NetApp-Aktien könnten im kommenden Jahr mehr als 25 Prozent auf 45 Dollar zulegen. Im Fall einer Übernahme könnten sie sogar wieder die 50 Dollar erreichen.

Was war schiefgelaufen?

Auf den ersten Blick überrascht der Rückgang beim Umsatz. Denn der weltweite Datenverkehr wird über die nächsten fünf Jahre um durchschnittlich 21 Prozent jährlich steigen. Dieses Wachstum sollte eigentlich erstklassige Aussichten für den Absatz von Speicherlösungen mit sich bringen – selbst wenn man unterstellt, dass es Softwareverbesserungen geben wird, die dafür sorgen, dass Anwender mehr aus der Hardware herausholen.

Tatsächlich aber stagnierten die Umsätze der Speicher- und Datenmanagementanbieter in den vergangenen zwei Jahren mehr oder weniger. Dafür gibt es im Wesentlichen zwei Gründe.

Der erste heißt Cloud Computing. Heute können sich Unternehmen bei Anbietern wie Amazon Speicherkapazitäten je nach Bedarf sichern. Etliche Unternehmen haben den Erwerb neuer Speicher-Hardware vorläufig aufgeschoben und prüfen zunächst ihre Optionen. Der zweite Grund für die Probleme heißt Flash-Speicher; diese sind energiesparender, leiser und unempfindlicher als Festplatten und bieten eine sehr kurze Zugriffszeit. Sie sind aber auch teurer.

Steigende Nachfrage bei NetApp

NetApp hat Lösungen für einige der Herausforderungen in diesem Bereich entwickelt und zeigt seit Kurzem mehr Schwung und Energie. Erst kürzlich veranstaltete das Unternehmen den ersten Analystentag seit zwei Jahren. Andrew Nowinski, Analyst bei der Investmentbank Piper Jaffray, berichtet, NetApp habe die Zahl der Stellenangebote um 22 Prozent erhöht. Angesichts des hohen Kostenbewusstseins des Managements interpretiert er das als Indikator für steigende Nachfrage.

Zu dieser beigetragen hat möglicherweise das neue FlashRay, ein Flash-basiertes Speichersystem, das Ende 2014 auf den Markt kommen dürfte. NetApp hat auch das Data-Ontap-Betriebssystem überarbeitet und kann den Kunden nun Speicherlösungen sowohl für unternehmenseigene Rechenzentren als auch bei Cloud-Anbietern wie Amazon anbieten.

Aus Kundensicht dürften bald hybride Speicherlösungen das Modell der Wahl werden. Unternehmen werden Cloud-Lösungen nutzen, wenn dies ökonomisch sinnvoll erscheint, und zu lokalen Speichermedien greifen, wenn sich dies aus Gründen der Sicherheit, Leistung oder Wirtschaftlichkeit empfiehlt.

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Dazu NetApp-CEO Tom Georgens: „Wir wollen nicht mit Amazon konkurrieren, wir wollen unseren Kunden die Nutzung von Amazon erleichtern, das heißt, die nahtlose Eingliederung von Amazon in ihrem IT-Umfeld möglich machen.“

Kommen wir zur Bewertung: NetApp erwirtschaftet – nach Abzug der Barmittel in der Bilanz – einen jährlichen freien Cash-Flow in Höhe von 14 Prozent des Börsenwerts des Unternehmens. Damit liegt die Rendite des freien Cash-Flows deutlich über der von Apple und Microsoft, die beide bei neun Prozent liegen.

Ein Übernahmekandidat

Die NetApp-Aktie notiert mit einem KGV von zwölf, auf Basis des für das laufende Jahr erwarteten Gewinns von 2,97 Dollar je Aktie – verglichen mit einem KGV von 25 im Durchschnitt des letzten Jahrzehnts. Wenn man die Barmittel in Höhe von zwölf Dollar je Aktie abzieht, notiert sie sogar nur zum Achtfachen des Gewinns.

Es gebe einen einfachen Grund für die derzeit günstige Bewertung, meint Brian White, Analyst bei Cantor Fitzgerald: Das Unternehmen habe zwei Jahre lang zu den Umsatzeinbußen geschwiegen. Jetzt mache es die Wall Street auf sich aufmerksam, etwa indem es seine mittlerweile erreichte Führungsposition im Bereich Public Cloud Storage ins Rampenlicht rückt, also sichtbar macht. „Woody Allen sagt, 80 Prozent des Erfolgs lägen in dessen Sichtbarkeit“, zitiert White den Film-Altmeister. Seiner Meinung nach könnte die Aktie binnen zwölf Monaten auf 45 Dollar oder das Elffache des Gewinns plus Barmittel steigen.

Der Großteil dieser Barmittel liegt im Ausland. NetApp könnte sie für Akquisitionen verwenden, könnte aber auch selbst zum Übernahmeziel werden. Morgan Stanley setzte das Unternehmen kürzlich auf eine Liste von Kandidaten, die bei grenzüberschreitenden Fusionen die Chance bieten, steuerliche Vorteile herauszuholen. Auch ein lokaler Käufer könnte NetApp attraktiv finden – etwa ein langsam wachsender Technologieriese, der sich eine Marktnische erschließen möchte. Der ISI-Analyst Brian Marshall schrieb in einem Anlegerbrief, NetApp könnte für IBM oder Oracle bis zu einem Kurs von 50 Dollar je Aktie ein lukrativer Kauf sein.

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