Archegos Capital Die Liga der ehrenwerten Zocker

Quelle: REUTERS

Beinahe alle wichtigen Großbanken hängen mit drin im Pleitehedgefonds Archegos. Gleichzeitig sind sie Hauptaktionäre einer der umstrittensten Aktien aus China. Die illustriert die Probleme im aktuellen Skandal.

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Seit Freitag hat sich der Aktienkurs von GSX Techedu mehr als halbiert. Das wäre vielleicht nicht weiter aufregend, gehörte die Aktie nicht zum Portfolio von Archegos Capital. Der Hedgefonds hat gerade Schockwellen an den Märkten ausgelöst, weil er Sicherheiten für seine auf Kredit gekauften Aktien, darunter eben GSX Techedu, nicht leisten konnte. Das hat unter anderem Ängste über ein Platzen einer Blase bei Techwerten ausgelöst. GSX Techedu ist ein chinesisches Unternehmen für Bildungstechnologie und in Börsenkreisen deshalb nicht unbekannt, weil es seit längerem Zweifel am Zahlenwerk gibt. Muddy Waters etwa, ein anderer Hedgefonds, der auch in Deutschland für Attacken auf Unternehmen wie etwa den Werbevermarkter Ströer bekannt ist, bezweifelt die Seriosität von GSX. 

Geschönte Nutzerzahlen?

Nutzerzahlen sollen geschönt sein, so der Hauptvorwurf. Es handele sich bei GSX „um einen nahezu vollständigen Betrug“, so Muddy Waters im Mai 2020.  Es sei sehr wahrscheinlich, dass 70 Prozent der Benutzer gefälscht seien, will der Hedgefonds bei einer umfangreichen Analyse der  Benutzer- und Anwesenheitsdatendateien herausgefunden haben. „Aufgrund der nahezu vollständigen Fälschung von Benutzern gehen wir davon aus, dass der betrügerische Teil des Umsatzes von GSX mindestens dem Prozentsatz betrügerischer Benutzer entspricht“, so Muddy Waters. Dazu gäbe es weitere Merkwürdigkeiten, die GSX selbstverständlich allesamt bestreitet.

Erst verdreifacht, dann geviertelt

Der Kursverlauf jedenfalls entspricht auch nicht gerade dem, was an der Börse üblich ist. Erst im Laufe dieses Januars jazzten Spekulanten den Kurs etwa plötzlich hoch von 46 auf über 140 Dollar. Mit an Bord das Who is Who der Finanzszene. Hauptaktionär ist nach jüngsten Angaben des Datenanbieters Bloomberg Goldman Sachs mit knapp 22 Prozent der Anteile. Morgan Stanley folgt mit 10,1 Prozent, die Schweizer UBS mit 8,05 Prozent, Nomura mit 7,39 Prozent und die Credit Suisse mit 5,97 Prozent. Die beiden letzteren Bankriesen warnten nun vor Milliardenverlusten aus den Finanzgeschäften mit Archegos Capital: Sie hatten die Wetten von Archegos Capital im großen Stil mitfinanziert, allein bei GSX gingen nun in der Spitze bis zu 20 Milliarden Dollar an Marktwert den Bach herunter. Verluste, die auch die Bank of America (4,1 Prozent GSX-Anteil), JP Morgan (3,37 Prozent) oder Blackrock (2,08 Prozent) mittragen. 

Anfängerfehler oder Gier?

Archegos hatte Aktien, darunter GSX-Anteile, an Banken und Broker verpfändet – als Sicherheit. Ganz offenbar haben die Pfänder die Papiere mit zu wenig Puffer zu den jeweiligen Börsenpreisen akzeptiert. Das ist entweder ein Anfängerfehler oder die nackte Gier auf möglichst viel Geschäft. Wie teuer eine solche Gier ist, das erfährt die Finanzwelt aktuell nicht gerade zum ersten und ganz sicher nicht zum letzten Mal.

Mehr zum Thema: In den USA ist ein Hedgefonds zusammengebrochen. Die Schockwellen sind auch an europäischen Aktienmärkten zu spüren.

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