Wer vor einem Jahr für 2000 Euro Bitcoins gekauft hat, konnte sein Investment bis heute mehr als verdoppeln – und zahlt keinen Cent Steuern, wenn er sie nun verkaufen würde. Möglich macht das die steuerfreie Haltefrist von einem Jahr, die bei Kryptowährungen gilt. Noch. Ginge es nach der Bundestagsfraktion der Grünen, soll dieses Steuerprivileg für Krypto-Anleger fallen.
Klar, fordern kann man viel. Fraglich ist aber nicht nur, ob sich für dieses Ansinnen eine Mehrheit findet, sondern auch, wie eine mögliche Gesetzesänderung aussähe. Müsste man Krypto-Gewinne beim unterjährigen Verkauf weiter mit dem persönlichen Einkommenssteuersatz (bis zu 45 Prozent) versteuern? Müssten Anleger fortan wie bei Aktien 25 Prozent Abgeltungssteuer plus Solidaritätszuschlag zahlen?
So oder so: Die Forderung der Grünen ist anlegerfeindlich. Sie steht stellvertretend für das, was in der deutschen Anlegerkultur falsch läuft. Eine Abschaffung der Haltefrist würde nämlich nicht etwa besonders handelsfreudige Bitcoin-Spekulanten treffen. Vielmehr träfe sie ausgerechnet Investoren, die längerfristig am Kapitalmarkt aktiv sind.
Schneller schlau: Kryptowährungen
Dezentrale Datenbanken, auf denen Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ether basieren. Das öffentliche Register enthält alle Transaktionen.
Der Begriff stammt ursprünglich aus dem Bergbau und beschreibt das Schürfen, also die Produktion neuer Coins. Das geschieht, indem zahlreiche Hochleistungsrechner (Miner) im Wettstreit miteinander komplexe Rechenaufgaben lösen. Entschlüsseln sie die Rechnung, können sie der Blockchain neue Blöcke, also zum Beispiel neue Bitcoin, hinzufügen und bekommen dafür wiederum neues Kryptogeld als Belohnung.
Jeder Block und jede Transaktion in der Blockchain wird mit einem sogenannten Hash versehen, einer Art Prüfwert. Dieser sorgt dafür, dass niemand die Daten in der Blockchain manipulieren und jeder Coin einem Nutzer zugeordnet werden kann. Die Entschlüsselung des Prüfwerts verlangt den Minern eine enorme Rechenleistung ab. Deshalb wird die Hashrate gemessen, das ist die Menge an Berechnungen, die zum Beispiel das Bitcoin-Netzwerk pro Sekunde durchführen kann.
Weil die erforderlichen Rechenkapazitäten für das Schürfen neuer Bitcoin so groß geworden sind, haben sich viele Miner zusammengetan und bündeln ihre Kräfte in einem Pool. Die Belohnung teilen sie dann untereinander auf. Je höher die Hashrate des Pools, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass er eine der komplexen Aufgaben am schnellsten löst.
Dass die Bürger hierzulande zu wenig für ihre eigene Altersvorsorge tun, liegt auch daran, dass der Staat zu wenig Anreize setzt. Und er geht selbst nicht mit gutem Beispiel voran. Noch vor wenigen Jahren brüstete sich Kanzler Olaf Scholz damit, sein Geld einfach auf dem Girokonto rumdümpeln zu lassen. Die Börse hat für viele Entscheidungsträger noch immer Casino-Charakter. Da braucht sich niemand wundern, dass die Aktionärsquote noch immer unter 20 Prozent liegt. Einem Gros der Bürger entgehen saftige Renditechancen: Aktien stiegen im Zeitraum von 1800 bis 2022 im Mittel um 6,9 Prozent jährlich – inflationsbereinigt und trotz schlimmstmöglichen Krisen.
Die Politik sollte mutige Schritte wagen
Die Bundesregierung unternimmt zu wenig, um eine vernünftige Anlegerkultur zu fördern. Ja, die Ampel-Koalition hat Wort gehalten und den Sparerpauschbetrag 2023 auf 1000 Euro (beziehungsweise 2000 Euro bei Verheirateten) angehoben. Bis dahin sind Einkünfte aus Kapitalerträgen steuerfrei. Allerdings lässt sich der Pauschbetrag nicht über mehrere Jahre ansammeln. Diese Grenze erreichen also selbst Durchschnittsparer ohne Börsensympathien seit der Zinswende schnell: Wer 20.000 Euro bei einem Top-Tagesgeldanbieter lagert und vier Prozent Zinsen bekommt, liegt mit 800 Euro Ertrag nur noch knapp darunter. Der Sparerpauschbetrag ist zu niedrig angesetzt.
Und da ist natürlich das endlose Drama um die Aktienrente. Ihr neuer Name ‚Generationenkapital‘ soll weniger Widersacher ob einer vermeintlichen Zocker-Mentalität schäumen lassen. Nach gut zwei Jahren Verzögerung soll sie nun wirklich anrollen, im Haushalt sind dafür zunächst zwölf Milliarden Euro vorgesehen. Bis 2035 soll sich diese Summe dann auf 200 Milliarden Euro erhöhen. Zum Vergleich: Im Jahr 2022 beliefen sich die Ausgaben der Deutschen Rentenversicherung auf fast 308 Milliarden Euro. Das sind gut 25,6 Milliarden Euro pro Monat.
Die Aktienrente wird also nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein. Wer seine Rente aufbessern will, muss privat vorsorgen. Genau das wollen die allermeisten Anleger auch. Dabei sollte die Bundesregierung sie unterstützen, mit mutigen Schritten.
Wie es gelingen kann, zeigt zum Beispiel Frankreich. Dort können Anleger in spezielle Wertpapierkonten investieren („Plans d’Epargne en Action“, kurz PEA), wenn auch nur in europäische Werte. Das Besondere: Wenn Anleger die Aktien über mindestens fünf Jahre halten, dürfen sie bis zu 150.000 Euro steuerfrei einbehalten. Vielleicht greift eine Partei dieses Modell als Idee für den nächsten Bundestagswahlkampf auf. Wunschdenken ist ja noch erlaubt.
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