"Gold hat seine Kaufkraft über Jahrtausende nie verloren", sagt Thorsten Polleit, Chefvolkswirt bei Degussa Goldhandel. "Es ist das ultimative Zahlungsmittel". Oder anders formuliert: Ein Investment wie gemacht für Krisenzeiten.
Doch obwohl es täglich neue Schreckensmeldungen aus den Kriegsregionen der Welt gibt, dümpelt der Preis des Edelmetalls vor sich hin. Nach den Hochzeiten in den Jahren 2010 bis 2012 verlor der Goldpreis bereits im vergangenen Jahr 28 Prozent. Zuletzt sank er auf 1260 Dollar pro Feinunze – so wenig wie seit zweieinhalb Monaten nicht mehr.
Gründe für das Schwächeln gibt es einige. "Der Goldpreis orientiert sich nicht mehr so stark wie früher an Krisen, sondern ist eher ein Kontraindikator des US-Dollars geworden", sagt Robert Hartmann, Geschäftsführer des Goldhändlers pro aurum.
Hinzu kommt: Bei den Amerikanern läuft es gerade allgemein gut. Der Aktienindex Dow Jones klettert, vor wenigen Tagen überschritt der Aktienindex S&P 500 zum ersten Mal in seiner Geschichte die 2000 Punkte. "Institutionelle Anleger können es sich nicht leisten, bei diesen Kursgewinn-Partys nicht dabei zu sein", sagt Hartmann. Gold kann da nicht mithalten.
Dass das Edelmetall seit einigen Jahren vermehrt als Wertanlage zum Schutz vor Inflation und Vermögensverlust verkauft wird und bei vielen Banken Teil der Investmentstrategie ist, trage außerdem dazu bei, dass vor allem Kleinanleger abgestumpft seien. "Private Investoren haben bereits in den vergangenen Jahren Geld in Gold umgeschichtet", so Hartmann.
Aber nicht nur die Entwicklungen am amerikanischen Aktienmarkt verhindern einen Anstieg des Goldpreises. Das wirtschaftliche Vorankommen der Schwellenländer setzt den Kurs des Edelmetalls ebenfalls unter Druck.
China und Indien, die zu den bedeutendsten Goldnachfrageländer gehören, haben ihre Nachfrage nach dem Edelmetall jüngst ebenfalls gesenkt. Indien hat gar Importbeschränkungen für Gold verhängt.
Warum die Großanleger nicht schon heute mehr Gold kaufen, gibt ihm dennoch Rätsel auf, die geo- und auch die geldpolitische Lage sprechen immerhin für eine hohe Goldnachfrage. "Langfristig sehe ich immer noch einen Aufwärtstrend", sagt Hartmann. Was aber eine wieder steigende Nachfrage auslösen könnte, weiß auch er nicht.
Polleit ist davon überzeugt, dass Gold im Gegensatz zu anderen Vermögensanlagen nicht überteuert ist. Viele Investoren seien sich der Gefahr des billigen Geldes nicht bewusst. "Am Jahresende 2014 könnte der Goldpreis höher sein als heute", sagt Polleit.
"Und am Ende 2015 könnte er merklich höher als Ende 2014."