Fonds-Fallstricke Riskante Indexfonds

Die an der Börse gehandelten Finanzprodukte müssen für Anleger besser durchschaubar werden.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Kweku Adoboli Quelle: REUTERS

Kweku Adoboli gab allen, die vor den ungemein erfolgreichen Finanzinstrumenten gewarnt hatten, kräftig Auftrieb. Der 31-jährige Banker, der bei der UBS in London rund 1,45 Milliarden Euro verzockte, arbeitete in einer Abteilung, die vor allem börsengehandelte Indexfonds (Exchange-Traded-Funds, ETFs) einsetzt.

Der Analysechef des von Großanlegern und Wirtschaftsprüfern getragenen International Centre for Financial Regulation warnte auch gleich vor den Risiken der Indexfonds für das Weltfinanzsystem. Er griff damit die Kritik auf, die schon im Frühjahr namhafte Aufsichtsbehörden an die Adresse der Indexfondsanbieter gerichtet hatten.

ETFs bilden stur einen Index nach, zum Beispiel den Dax. Dadurch bieten sie genau die Wertentwicklung des Index. Weil sie börsengehandelt sind, können Anleger sie jederzeit kaufen und verkaufen. Es gibt klassische und geswappte Indexfonds, Letztere gelten als besonders gefährlich.

Tauschgeschäfte auf dem Finanzmarkt

Während in klassischen Indexfonds die Papiere stecken, die der Anleger dort erwartet – bei einem Dax-ETF also die 30 Dax-Aktien –, sind rund 45 Prozent der in Europa gehandelten Indexfonds geswappt. Investmentbanker erwirtschaften hier die Wertentwicklung eines Index über ein Tauschgeschäft mit einer Bank, einen sogenannten Swap. Die Bank zahlt dem Indexfonds und damit letztlich dem Anleger die Gewinne oder Verluste aus der Entwicklung des Index und erhält dafür die Erträge aus den Aktien, die sie dem Fonds überlassen hat. So kommt es, dass der Anleger, statt an einem Korb aus 30 Dax-Aktien, tatsächlich an einem Konstrukt aus japanischen Aktien, Derivaten und Staatsanleihen beteiligt ist. Dass Banken, die zahlungsunfähig werden, auch als Swap-Partner ausfallen könnten, nährt die Angst vor fatalen Kettenreaktionen.

Larry Fink, Chef des weltgrößten Vermögensverwalters BlackRock, dessen Tochter iShares die Indizes detailgetreu nachbildet, stänkerte kürzlich bei einer Konferenz in New York gegen die Swap-Varianten: „Die Anbieter sollten ihren Anlegern sagen, was sie eigentlich bekommen.

Undurchsichtige Beziehungen zwischen ETFs und Banken

BlackRock Inc. Quelle: AP

Sie bekommen einen Swap und sind dadurch Kontrahent einer Bank.“ Und er wurde noch deutlicher: „Wer Lyxor-ETFs kauft, ist ein ungesicherter Gläubiger der Société Générale.“ Lyxor ist in Europa der wichtigste Wettbewerber von iShares und Tochter der französischen Société Générale. Wie in der Branche üblich, ist Lyxors Swap-Partner und damit der Garant für die Zahlungen des ETFs die Mutterbank. Als sich die Euro-Krise im September verschärfte und französische Staatsanleihen herbe Kursverluste hatten, musste die Bank sich gegen an der Börse kursierende Pleitegerüchte wehren.

Die europäische Regulierungsbehörde Esma (European Securities and Markets Authority) will mehr Licht in diese Beziehungen zwischen ETF-Anbietern und Banken bringen und diskutiert deshalb Veränderungsvorschläge mit der Branche.

Wertpapierleihe ist verbreitet

Ohne Sünde ist auch Larry Finks iShares nicht. Das Haus muss für die kostspielige Nachbildung der Indizes an anderer Stelle Geld verdienen. Dazu verleiht iShares gegen eine Gebühr Papiere aus den ETFs an Leerverkäufer. Das sind Hedgefonds oder Bankhändler, die geliehene Aktien an der Börse verkaufen – in der Hoffnung, später zu günstigeren Kursen zurückzukaufen. Die Leihgeschäfte sind riskant. Wenn der Leiher die Papiere nicht zurückgibt oder pleite ist, hat das ähnliche Folgen wie der Ausfall einer Bank als Swap-Partner.

Trotzdem ist die Wertpapierleihe weit verbreitet. Die Commerzbank-ETF-Tochter Comstage und die zum französischen Bankkonzern BNP Paribas gehörende EasyETF verleihen mehr als 90 Prozent der Wertpapiere aus ETFs. Deshalb haben die Aufseher alle ETFs auf dem Radar:

  • Die Anbieter sollen ihre Fonds klar als Swap oder Indexnachbau kennzeichnen.
  • Namen der Geschäftspartner für die Swaps und die Wertpapierleihe sollen veröffentlicht werden.
  • Anleger sollen erfahren, welcher Anteil des Portfolios verliehen wird und welche Sicherheiten die Gegenpartei dafür stellt.

Der Druck zeigt Wirkung: Die Credit Suisse stellt weitere Indizes von Swap auf Direktnachbau um. Die UBS fährt in ihren ETFs den Swap-Anteil etwas herunter. iShares macht teilweise öffentlich, welcher Anteil des Fondsvermögens verliehen wurde und was für Sicherheiten es gibt. Die Deutsche-Bank-Tochter db-x-trackers liefert schon Daten zum Sicherheitenkorb, den die Deutsche Bank bei Swaps stellt. Den Angaben zufolge liegen die Sicherheiten je nach ETF-Anbieter um 2 bis 20 Prozent über dem Wert der Indexfonds.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%