Deutschlands Fondsbranche blickt auf ein weiteres Rekordjahr. Mit 2,8 Billionen Euro verwalteten Fondsgesellschaften Ende 2016 so viel Geld wie nie, wie der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) in Frankfurt mitteilte. Ein Jahr zuvor waren es 2,6 Billionen Euro. Seit 2011 ging es stetig bergauf.
Unter dem Strich steckten Anleger allerdings deutlich weniger neue Gelder in Investmentfonds als im Ausnahmejahr 2015: Netto sammelten die Anbieter 102,8 (Vorjahr: 192,6) Milliarden Euro ein. Das sei immer noch ein „sehr gutes Resultat“, bilanzierte BVI-Präsident Tobias Pross. „Der deutschen Fondsbranche geht es nach wie vor gut.“
Allerdings floss der Großteil neuer Gelder in Spezialfonds, in die vor allem Versicherer und Pensionskassen investieren. Publikumsfonds sammelten nur 6,5 Milliarden Euro ein, aus reinen Aktienfonds zogen Anleger netto 1,8 Milliarden Euro ab. „Der Deutsche investiert und spart falsch“, urteilte Pross. „Nicht mal das Schreckgespenst Negativzinsen bringt einen rational denkenden Menschen dazu, sich mit dem Thema Kapitalanlage intensiv auseinanderzusetzen.“
Deutschland müsse wie die USA die Altersvorsorge über Aktien und Fonds steuerlich fördern, forderte BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter. Auch deshalb sei dort der Anteil der Bevölkerung, der direkt oder indirekt am Kapitalmarkt investiert ist, mit 52 Prozent fast vier Mal so hoch wie in Deutschland (14 Prozent).
Die wieder steigenden Preise fressen die Sparguthaben zunehmend auf. Weil die eh schon mickrigen Zinsen - unter Berücksichtigung der Inflation - noch weiter schrumpfen dürften, suchen Anleger nach mehr oder weniger riskanten Alternativen. Bereits seit längerer Zeit in aller Munde sind zum Beispiel Dividendenfonds. Was viele lockt ist die Aussicht auf Teilhabe am immer größer werdenden Renditekuchen der Konzerne: „Auch in diesem Jahr werden die Investoren wieder großzügig an den Gewinnen der Unternehmen beteiligt“, sagt Analyst Michael Bissinger von der DZ Bank.
Bissinger erwartet, dass die Gewinnausschüttungen der in den großen deutschen Indizes Dax, MDax und TecDax gelisteten Unternehmen um rund zehn Prozent auf fast 43 Milliarden Euro steigen - ein neuer Rekordwert. Auch weltweit steht den Anlegern ein Geldregen bevor, da die Konzerne wohl vom Anziehen der Konjunktur in den Industrie- und Schwellenländern profitieren sollten. Zumindest ist die Hoffnung groß, dass der neue US-Präsident Donald Trump mit niedrigeren Steuern und höheren Infrastrukturausgaben auch für einen globalen Aufschwung sorgt.
Doch schon seit Jahren rennen die Anleger den Anbietern globaler Dividendenfonds die Türen ein. So sind denjenigen Häusern, die solche Produkte in Europa aufgelegt haben, laut Berechnungen des Analysehauses Morningstar zwischen 2011 und 2016 jährlich zwischen knapp einer und rund 13 Milliarden Euro zugeflossen. Allerdings seien Dividendenfonds „keine Eier legenden Wollmilchsäue“, sagt Morningstar-Analyst Ali Masarwah. Weil diese Produkte mitunter stark schwankende Aktien enthalten, seien sie in Zeiten extrem niedriger Zinsen definitiv keine Zinsalternative.
Langfristig jedoch kann Sparen mit Dividendenfonds durchaus Sinn machen - vor allem dann, wenn die Anleger auf jährliche Ausschüttungen verzichten und sich stattdessen für eine Wiederanlage der Dividenden entscheiden. Nur dann komme der Zinseszinseffekt voll zum Tragen, sagt Masarwah. Das vom Sparbuch bekannte Phänomen ist gerade auf lange Sicht nicht zu unterschätzen, weil sich das Anlagevermögen im Zeitablauf immer schneller vermehrt.
Risikofreudigere Anleger können derweil seit einigen Jahren fast wie die Profis zocken - und zwar mit entschärften Hedgefonds. Deren bisweilen als „Heuschrecken“ bezeichnete Manager genießen einen zweifelhaften Ruf. So hatte der US-Investor George Soros 1992 mit Wetten gegen das britische Pfund das gesamte Europäische Währungssystem erschüttert. Doch im regulatorischen Mantel eines Publikumsfonds erscheinen sie offenbar immer mehr Privatanlegern attraktiv: Die Anzahl der in Deutschland zugelassenen Fonds hat sich nach Angaben des Analysehauses Scope in den vergangenen fünf Jahren auf fast 700 verdoppelt.
Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hält von solchen Produkten gar nichts. Man könne Märkte nicht auf Wochen- oder Monatsbasis voraussagen - doch genau das machten die Manager der „Hedgefonds light“, wenn sie schnell Wetten auf die Entwicklung zum Beispiel der Aktien-, Zins- oder Währungsmärkte eingehen und dafür eventuell auch noch Kredite aufnehmen. Entsprechend riskant seien solche Strategien - ganz abgesehen davon, dass die Kreditkosten und die hohen laufenden Managementkosten die Rendite schmälerten.