Intelligent investieren

„Behavioral Finance“ – viel Wind um wenig Wissen

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Langfristig zählen harte Zahlen

Benjamin Graham (1884 – 1976) bezeichnete daher auch den Aktienmarkt in der kurzen Frist als „Voting Machine“, in der langen Frist als „Weighing Machine“: Kurzfristig können sich in den Aktienkursen alle möglichen Stimmungseinflüsse widerspiegeln, in der langen Frist setzen sich die fundamentalen Faktoren durch. In der kurzen Frist – das zeigen Studien – gleichen die Kursbewegungen auf den Aktienmärkten einem „Random Walk“, einem Zufallspfad. Ihn prognostizieren zu wollen, ist vergebliche Müh.

Verschafft Bahavioral Finance einen Vorteil?

Selbst wenn wir um die verhaltenspsychologischen Eigenheiten der Menschen wissen: Lässt sich daraus eine verlässliche Formel ableiten, die hilft, die kurzfristigen Aktienkursbewegungen richtig einzuschätzen und dieses Wissen gewinnbringend auszunutzen?

Aus handlungslogischer Sicht ist diese Frage mit einem klaren Nein zu beantworten. Warum sollte man sich als Anleger mit Behavioral Finance dann überhaupt befassen? Man kann konzedieren, dass Behavioral Finance zur Selbstreflexion anleitet: dass wir als Menschen anfällig sind für Herdenverhalten; dass wir Informationen, die unsere Meinung stützen, stärker beachten als Informationen, die sie in Frage stellen; und dass uns ein Verlust in Höhe von X härter trifft als ein Gewinn in Höhe von X. Kurzum, dass wir zuweilen unsere Urteilskraft überschätzen, „emotionalen“ und „irrationalen“ Entscheidungen anheimfallen.

Doch – und das ist die zentrale Frage – wie muss ich denn nun vorgehen, um erfolgreich zu investieren? Muss ich mich dem Herdentrieb entsagen? Muss ich affirmative Informationen meiden?

Spätestens hier zeigt sich, dass die Anhänger der Behavioral Finance entweder keine Theorie für erfolgreiches Investierens vorzuweisen haben, mit der sie aufzeigen können, wie man vernünftige Entscheidungen trifft – oder dass sie sich als Anhänger der modernen Finanzmarkttheorie – mit all ihren Defiziten – zu erkennen geben.

Was kann der umsichtige Investor daraus lernen? Antwort: Studiere eingehend, wie erfolgreiche Investoren vorgehen, vor allem was sie über das Auf und Ab der Börsenkurse denken, welche Bedeutung sie der Wertfindung ihrer Investments zumessen, und wie wenig sie über Börsenpsychologie nachdenken.

Daher am Schluss eine Buchempfehlung: Philip A. Fischer (2003), Common Stocks and Uncommon Profits. Ein Werk, das erhellender ist als all das, was Behavioral Finance dem umsichtigen Investor anzubieten hat.

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