Privat hat Schnabel sich zumindest zeitweise auf den Bahamas niedergelassen, in der elitären Wohnanlage Sandyport. Er lebe dort seit über fünf Jahren, gab Schnabel im vergangenen Jahr bei Wahlen der Eigentümerverwaltung an. Aktuell ist die von ihm bewohnte Villa – schneeweißes Dach, eigener Bootssteg und etwa 350 Quadratmeter Wohnfläche – laut Makleranzeigen für 1,25 Millionen Dollar zu haben. Es handle sich aber nur um ein Ferienhaus, in dem er „einige Wochen pro Jahr“ verbringe, sagt Schnabel. Eigentümer sei „ein Freundeskreis“. Ob und zu welchem Anteil auch er Eigentümer ist, will Schnabel nicht sagen. Fotos im Internet zeigen ihn bei einem Autorennen mit einer Dodge Viper, einem Sportwagen, oder beim Hochseefischen mit Motoryacht. Die Yacht ist laut Schnabel aber nur gechartert, der Sportwagen nicht mehr in seinem Besitz. Unter seinen Facebook-Kontakten tummeln sich Models und Barfrauen aus Nachtclubs. Natürlich gehe er gerne mit Freunden in Restaurants und Bars, sagt Schnabel dazu. Aber: „Ein luxuriöser Lebensstil liegt mir nicht.“
Im Internet hat Fiebig Schnabels Telefonnummer aufgespürt. Er war überrascht, als Schnabel sich wirklich meldete. „Schnabel sagt, dass er kein Geld hat“, sagt Fiebig. Er glaubt das nicht. Im Februar dann bekam er per E-Mail ein Vergleichsangebot: Weniger als 2500 Euro, fünf Prozent von Fiebigs Investment, will Schnabel zahlen. Er bedaure „die entstandenen Probleme bei der Comroad AG“. Das Strafurteil gegen ihn sei aber rechtswidrig gewesen, behauptet Schnabel. Da sich die Schadensersatzklagen auf dieses Urteil stützten, seien Forderungen „streitig und außerhalb Deutschlands auf keinen Fall durchsetzbar“. Fiebig hält die Argumente für „reine Nebelkerzen“, das Angebot sei inakzeptabel. Doch solange Schnabel im Ausland wohnt, kommt er nicht an sein Geld. „Auf den Bahamas vollstrecken zu wollen ist utopisch“, sagt Bernd Jochem, Partner der Kanzlei Rotter, die Hunderte Comroad-Anleger vertreten hat.
Gläubiger tummeln sich
Fiebig versucht sein Glück deshalb auch in Deutschland. Ein Einfamilienhaus, zwischen München und Ingolstadt gelegen, hat er aufgespürt, für das Schnabel als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Mittlerweile hat Fiebig für sich als Gläubiger eine Hypothek eintragen lassen. Allerdings steht er dort nur an Position 19.
Vor ihm tummeln sich andere Gläubiger, darunter der Freistaat Bayern. Der stand Comroad-Aktionären von Anfang an eher im Weg als zur Seite. So ordneten die Richter bei Schnabels Verurteilung 2002 den Verfall des beschlagnahmten Vermögens an. Rund 20 Millionen Euro sollten so an den Staat fallen. Die Regel soll sicherstellen, dass Straftäter aus ihrer Tat keinen Vorteil ziehen. Doch sie sieht eine Ausnahme vor: Gibt es Geschädigte, denen Schadensersatzansprüche zustehen, ist der Verfall nicht nötig. Schließlich bekommen in diesem Fall die Geschädigten ihr Geld zurück; der Täter hat keinen Vorteil. Die Comroad-Aktionäre wurden aber nicht als Geschädigte angesehen. Die Verfolgung von Insiderhandel und Kursbetrug diene dem Schutz des Wertpapierhandels, nicht dem von Aktionären. In Fiebigs Ohren klingt das wie Hohn. Erst 2010 führte ein Beschluss des Bundesgerichtshofs dazu, dass auch Aktionäre in solchen Fällen als Geschädigte angesehen werden. Rückwirkend gilt das nicht.